Marleen Kölmel reist mit ihrer Familie nach Polen /  Konflikt in der Ukraine ist ganz nah

Von Marleen Kölmel

u Marleen Kölmel ist 15 Jahre alt und besucht das Albertus-Magnus-Gymnasium in Rottweil. Sie wohnt in Dormettingen, die Wurzeln ihrer Familie liegen in Polen. In den Sommerferien begab sie sich auf Spurensuche.

Sie schreibt: "Am 6. September flogen meine Oma (Christa), meine Mutter (Carola), meine Kusine (Tamara) und ich für sechs Tage nach Mielec, Polen. Dort leben die drei Geschwister Leokadia, Eugenia und Roman.

Der Vater meiner Oma war Pole und kam im Zweiten Weltkrieg nach Deutschland, musste aber am Ende wieder zurück nach Polen. Für meine Oma und ihre Mutter war es unmöglich nachzukommen, da die Grenzen geschlossen waren und man sie umgebracht hätte. Also gründete er mit einer anderen Frau eine neue Familie.

Meine Oma hat vor acht Jahren, beim Sortieren der Unterlagen ihrer Mutter, Briefe ihres Vaters gefunden. Sie machte sich auf die Suche nach ihm, in der Hoffnung, dass er noch lebt. Sie wurde enttäuscht. Er war schon viele Jahre zuvor an Krebs gestorben. Aber sie traf dafür seine Kinder, die sie und auch uns herzlich aufnahmen. Seitdem trifft man sich immer einmal im Jahr entweder in Deutschland oder in Polen. Tag 1: Die Aufregung war groß, es war für mich und Tamara der erste Flug. Letztes Mal sind wir nämlich gefahren. Nach eineinhalb Stunden kamen wir in Krakau an und wurden schon von unserer Familie erwartet. Vom Flughafen ging es direkt zu einem Neffen meiner Oma, der in der Nähe von Krakau wohnt. Dort aßen wir und brachten uns erst mal auf den neuesten Stand. Von dort fuhren wir nach Krakau zurück und besichtigten die Innenstadt und die Höhle des Wawel-Drachen.

Der Sage nach lebte der Drache in einer Höhle an der Weichsel und verlangte jeden Monat ein Mädchen, das ihm zum Fraß vorgeworfen wurde. Irgendwann war nur noch die Königstochter übrig. Der König bot in seiner Verzweiflung demjenigen, der den Drachen tötet, die Hand seiner Tochter an. Es meldete sich darauf ein Schusterlehrling, er füllte ein totes Lamm mit Schwefel und brachte es dem Drachen. Der Drache aß das Lamm und bekam dann einen gewaltigen Durst. Also lief er hinunter zur Weichsel und trank so viel Wasser bis er platzte. Der Schusterlehrling durfte die Königstochter heiraten, und sie lebten glücklich weiter. Tag 2: Da es in Polen viele Parks beziehungsweise Grünanlagen gibt, gingen wir dort spazieren. Während unserer Unterhaltung kamen wir auch auf den Konflikt zwischen Russland und der Ukraine zu sprechen, weil er sich in unmittelbarer Nähe zu Polen abspielt. Es ist erschreckend, wie stark auch Polen den Krieg zu spüren bekommt.

Alles ist teurer geworden, es herrscht große Unruhe, da russische Truppen bereitstehen, die jederzeit Polen angreifen könnten. Man merkte natürlich eine gewisse Angst, die bei diesen Thema aufkam. Nicht zuletzt wegen des Zweiten Weltkriegs, als die Russen nach Polen kamen. Denn laut den Erzählungen meiner Familie waren diese noch viel schlimmer als die Deutschen. Auch mir wird es mulmig zumute, wenn ich an diese Gefahr denke. Tag 3: An unserem dritten Tag besuchten wir das Elternhaus sowie das Grab meines Uropas Kazimierz. Die Friedhöfe sind in Polen anders, da die Menschen dort über der Erde bestattet werden. Zudem gibt es Familiengräber. Diese werden gekauft, sobald jemand aus der Familie gestorben ist. Danach kommt jeder Verstorbene, der zur Familie gehört, auch in dieses Grab. So kann es sein, dass bis zu zehn Menschen in einem Grab bestattet sind. Dann muss ein neues her, da es keinen Platz mehr gibt. Diese Familiengräber sind nämlich so riesig, dass rechts und links nicht mehr erweitert werden kann, da die anderen Gräber angrenzen. T ag 4: In der Nähe von Mielec gibt es zwei Kurorte. In einen davon sind wir gefahren. Es war sehr schön dort. Es ist ruhig, mit vielen Grünanlagen zum Spazierengehen. Dort gab es unter anderem Heilwasser. Jedes Heilwasser hat eine andere Wirkung. Eines ist gut fürs Herz, aber schlecht für die Galle. Das andere ist gut für den Magen, sollte aber bei Herzproblemen nicht getrunken werden. Tag 5: An unserem letzten Tag kochten wir zusammen mit den Schwestern, der Schwägerin und den Nichten meiner Oma ein traditionelles polnisches Essen.Dabei wird mehr gewürzt. Zutaten, die für uns selbstverständlich sind, werden einfach weggelassen und durch etwas anderes ersetzt, das wir nie nehmen würden.

Zuerst haben wir Rote Suppe gekocht (das ist Rote-Beete-Suppe mit Fleischbrühe), die eigentlich nur an Kommunionen oder Hoch-zeiten zubereitet wird.

Dann gab es polnische Teigtaschen. Diese werden aus Nudelteig gemacht. Einmal gibt es eine Füllung aus gestampften Kartoffeln mit Quark, gewürzt wird mit Salz und ordentlich Pfeffer. Die zweite Füllung besteht aus gekochtem Kraut und Hackfleisch.

Als Nachtisch gab es immer Kuchen und Tee oder für die Erwachsenen Kaffee. Zum Abendessen wird immer Tee getrunken, auch im Alltag."