Bene Müller, Vorstandssprecher der Firma Solarcomplex in Singen (stehend), in der Höhle des Löwen: Vor gut 120 Windkraftgegnern hat er einen schweren Stand, über seine Anlagen auf der Länge zu informieren. Foto: Beathalter Foto: Schwarzwälder-Bote

Energie: Solarcomplex hat schweren Stand in Neudingen / Sorge um Landschaft, Angst vor "Infraschall"

Ein hitzige Diskussion und gut 120 Besucher aus Gemeinden um Länge und Ettenberg in der Neudinger "Sonne": Die "Bürgerinitiative zum Schutz des Hochschwarzwaldes" (BI) will die geplanten 13 Windkraftanlagen verhindern.

Donaueschingen-Neudingen. Sie kann sich derzeit nicht über zu wenig Zuspruch beklagen. Die Emotionen jedenfalls gingen hoch. Das bekam auch Bene Müller, Vorstandssprecher der Singener Firma Solarcomplex, zu spüren, der sich in die Höhle des Löwen wagte. Er wollte über sein geplantes Windparkprojekt informieren: Ein Teilprojekt im Umfang von 3,2 Millionen Euro. Insgesamt ist aber von gut zwölf Millionen Euro für 13 Anlagen die Rede. Bene Müller hatte einen schweren Stand, vor allem Windkraftgegner hatten das Sagen, so dass Müller sogar von "Redeverbot" für ihn selbst sprach.

BI-Initiator Ueli Joos aus Stühlingen und Werner Roos aus Titisee-Neustadt indessen informierten breit über ihren Widerstand. Man müsse von 230 Meter großen Industrieriesen sprechen und nicht beschönigend von "Windpark", sagt Joos. Die Effizienz von 26 000 Windanlagen in Deutschland sei in Frage zu stellen: Erneuerbare Energien erzeugten gerade mal 11,8 Prozent Strom, die Windkraft mache davon nur 1,3 Prozent aus.

In einer Kaltflaute, wie sie im Februar über zehn Tage herrschte, hätten alle Windräder und 400 Millionen Quadratkilometer Photovoltaik-Anlagen "fast nichts zur Energieversorgung beigetragen", sagt Joos. "Herkömmliche Kraftwerke mussten die Grundlast übernehmen, umgekehrt werden an Sonnentagen Unmengen Strom ins Ausland exportiert und Kraftwerke abgeregelt". Aber die Vergütung von sieben Cent je Kilowattstunde müssten nach wie vor alle Verbraucher zahlen.

Werner Roos aus Titisee-Neustadt erläutert in der Versammlung erhebliche Gefährdungen durch den "Infraschall". Dieser entstehe durch die Rotation der Flügel unterhalb des für Menschen hörbaren Bereichs von sechs bis acht Hertz. Die Dauerbelastung für bestimmte Bereiche des Gehirns sei nicht abschaltbar, Menschen reagierten auf Infraschall mit Angstreflexen und Dauerstress. Schlafstörungen oder Schwindel seien Auswirkungen der Schwingungen, die auch noch in elf Kilometer Entfernung zu messen seien.

Neudingens Ortsvorsteher Klaus Münzer räumt ein, dass der Ortschaftsrat 2013 unter dem Eindruck der Atomkatastrophe im japanischen Fukushima zustimmte: Es gab von Seiten der Stadt Anfragen für drei Windräder, die auf der Länge gebaut werden sollten. Von 13 Anlagen war nicht die Rede: "Erst jetzt sieht man, welche Dimension das hat." Er persönlich fürchte gesundheitliche Beeinträchtigungen durch "Infraschall".

Uwe Münzer, Ortschaftsrat aus Neudingen, wehrt sich gegen Vorwürfe, die gewählten Bürgervertreter hätten geschlafen: "Wir machen öffentliche Sitzungen, aber keine Sau ist da", klingt er ziemlich angefressen von Kritik: "Bei der nächsten Wahl sollen sich dann andere mal aufstellen lassen." Jagdpächter Keller, einige Jahre auf der Länge aktiv, fürchtet um Tierarten, die durch die Windräder bedroht seien.

Erich Fürderer aus Neudingen sieht im Wald den größten Wasserspeicher. Er erinnert an die "Franzosenhiebe" in Waldhausen, bei denen nach dem Krieg 30 Hektar Wald abgeholzt wurden.:"Da kamen Leute und haben bei uns um Wasser gebettelt", sagt er. Und: "Der Wald braucht 70 Jahre, bis er wieder eine Größe erreicht hat, dann gibt es die Firma Solarcomplex nicht mehr, aber unser Wald ist weg".

Herbert Scherer aus Hondingen fürchtet die Gefährdung des Wassers durch Waldrodungen und Emissionen, die von Windrädern ausgehen könnten: "5000 Liter Getriebeöl sind in jeder Anlage, 30  000 Menschen hängen im Aitrachtal an Tiefbrunnen". Ursula Fischer, vom Schächer am Fürstenberg, fürchtet die Zerstörung der Natur: "Ich höre und sehe schon jetzt dauernd das Windrad, die Wälder sind stark gefährdet durch die Rodungen, darüber würde ich gerne etwas hören."

Andreas Wolf, Revierförster auf der Länge, gibt auf Anfrage unserer Zeitung fachliche Informationen: "Traufbäume kommen keine weg", aber durch die Rodungen könne es schon zu Angriffsflächen im Wald kommen. Nach seinen Informationen werden wohl zwölf Hektar und nicht 17 dauerhaft abgeholzt, ein Ausgleich sei vorgesehen.

Michael Walter, Arzt und CDU-Kreistagsmitglied aus Blumberg, kritisiert, die Windräder seien nicht förderlich für den Fremdenverkehr. Die Umwelt werde beeinträchtigt. Er wolle die den Firmen garantierte Einspeisevergütung nicht mitzahlen. Vor allem aber befürchte er auf Dauer Gesundheitsschäden durch Infraschall und fragt Bene Müller: "Wie will Ihre Firma den Klagen entsprechen, wenn künftig gesundheitliche Schäden entstehen?" Die Frage bleibt ohne Antwort.

Angelika Sitte, Schulleiterin in Riedöschingen, sagt: "Der Windpark macht mir Angst, wir hören und sehen die Anlage in Wiechs mit ihrem dauernden Wusch-Wusch. In so einer Region möchte ich nicht leben."

Kathrin Stahnke aus Gutmadingen wundert sich, woher die hohe Emotionalität der Diskussion kommt, und nennt es gut, "dass dies jetzt einmal herauskommt". Sie fragt nach Wegen, wie sich die Rodungen verhindern ließen, die eventuell im Herbst schon anstehen.