Ihr Traum führte in die Großstadt / Lara Hahnel liebt Hamburg – aber der heiße Draht in die Heimat glüht

Von Michael Klitzsch

Donaueschingen/Hamburg. Lara Hahnel schlägt die Beine übereinander und lehnt sich in ihrem Stuhl zurück. Hier in ihrem Lieblingscafé mit den mintgrünen Wänden im Hamburger Stadtteil Ottensen, wo viele Menschen auf wenig Raum an mächtigen Milchkaffee-Schalen nippen, hier fühlt sich die 21-Jährige aus Donaueschingen mit den strahlenden Augen und dem funkelnden Nasenring pudelwohl.

Dass Lara nicht mehr in Donaueschingen, sondern in Hamburg Kaffee trinkt, hängt damit zusammen, dass Lara einen Traum hat – und einen großen Willen, diesen Realität werden zu lassen. Das bekamen schon ihre Eltern in Donaueschingen zu spüren, als Lara mit 17 beschloss, dass sie künftig nicht mehr aufs Fürstenberg-Gymnasium gehen, sondern Tänzerin werden wollte. Die Diskussion mit der Familie um ihre Zukunft sei "ein ganz schöner Kampf" gewesen, erinnert sie sich. Aber schließlich hatte Lara ihre Eltern überzeugt. Mit einem sanften Lächeln fügt sie hinzu: "Ich habe ihnen gar keine Chance gelassen."

Die Entscheidung für eine Ausbildung zur professionellen Tänzerin war keine spontane. Schon eine Weile hatte Lara den Wunsch mit sich rumgetragen, geboren wurde er bei ihrem Job im Donaueschinger Fitness-Studio "Rückgrat", das ihrem Stiefvater gehört. Mit 15 erlebte sie, wie dort ein Trendsport immer angesagter wurde: Fitness-Dance. "Das war mein Schlüsselerlebnis." Laras Neugier war geweckt, sie fuhr bis nach Zürich, um an Tanz-Workshops teilzunehmen. Und zwei Jahre später stand für sie fest: "Ich werde Tänzerin". Als sie dann tatsächlich einen Platz bei einer Freiburger Tanzschule ergatterte, kannte das Glück keine Grenzen mehr: "Ich bin vor Freude durch die Straßen gesprungen", erinnert sie sich. Zwei Jahre ging Lara in Freiburg auf die Schule. Bis sie immer mehr spürte, dass die Vorstellung vom Tanzen, welche die Schule hatte, und ihre eigene nicht zusammengingen. "Dort war alles auf Hip Hop und Showdance ausgerichtet", erzählt die 21-Jährige, "doch ich wusste, dass es noch mehr gibt, dass ich Tanz eigentlich anders verstehe."

Für ihren Traum musste sie etwas ändern. Lara schaute sich um – und entdeckte in Hamburg, was sie suchte. An der Contemporary Dance School der Hansestadt wurde Tanz gelehrt, wie sie ihn lernen wollte: anspruchs- und gefühlvoll, mehr ausdrucksstarkes Theater als Musikvideo-Gehüpfe. Lara machte ein Probetraining, wurde genommen und durfte zum dritten Semester im Januar 2010 in das Tanzstudium quereinsteigen.

Doch mit ihrem Umzug nach Hamburg änderte sich für Lara nicht nur die berufliche Perspektive. So viele neue Eindrücke, Menschen und Lebensstile sind ihr begegnet, erzählt sie: "In Hamburg bin ich erwachsen geworden." Lara ist glücklich in der Hafen-Metropole, eine Rückkehr nach Donaueschingen – das könne sie sich nicht vorstellen, macht sie klar: "Ich lasse die Vergangenheit gern ruhen und lebe das Neue absolut."

Das Neue – das ist nach dem erfolgreichen Abschluss ihrer Ausbildung im vergangenen Sommer ein eigenes Tanzprojekt. Zusammen mit drei Musikern, einer Sängerin und einer anderen Tänzerin stellt sie freiberuflich derzeit ein Bühnenprogramm zusammen. Ihr Ziel: ein Auftritt beim interkulturellen Festival "Eigenarten" in Hamburg im Herbst dieses Jahres. Um die Miete zahlen zu können, jobbt Lara nebenher in einem Fitness-Center. Trotz der klaren Entscheidung für Hamburg: Der Kontakt zur Familie in der badischen Heimat ist Lara wichtig. Mindestens dreimal die Woche telefoniert sie mit ihren Lieben in Donaueschingen, erzählt sie: "Meine Eltern sind auch meine besten Freunde." Circa viermal im Jahr kommt sie auch zurück in die Heimat, um ihre Eltern und ihre Geschwister – eine kleine Schwester (17) und einen großen Bruder (25) – zu sehen. Dabei entdeckt sie im direkten Vergleich doch auch immer noch ein paar Vorzüge ihrer südlichen Heimat. Zum Beispiel das Wetter: "In Donaueschingen ist es immer ein Stückchen wärmer." In Hamburg sei sie mindestens fünfmal im Jahr erkältet. Auch die Menschen seien in ihrer Heimat ein bisschen offenherziger: "Ein Hamburger ist echt schwer zu knacken, wenn man ihn nicht kennt"

Zurück in ihre Heimat Donaueschingen werden sie diese Beobachtungen wohl nicht führen – aber auch Hamburg hat sie nicht für immer sicher. Lara möchte mehr von der Welt sehen, das Ausland reizt sie. Allzu viel denkt die 21-Jährige darüber aber im Moment noch nicht nach. Lara Hahnel tritt einfach offen und lebenslustig der Zukunft entgegen: "Ich gehe, wohin der Wind mich treibt."