Er macht den Kartoffelanbauern derzeit schwer zu schaffen: Der Drahtwurm ist ein so genannter Kulturschädling. Foto: Technologiezentrum Augustenberg

Drahtwürmer verursachen durch Fraßtätigkeit gravierende Ernte-Einbußen. Extrem schwer zu bekämpfen.

Donaueschingen - Früher waren es die Kartoffelkäfer, heute sind es die Drahtwürmer. Obwohl Kartoffelkäfer nach wie vor Thema im Kartoffelanbau sind, verursachten aber gerade in diesem Jahr Drahtwürmer durch ihre Fraßtätigkeit in Zusammenhang mit Krautfäule gravierende Einbußen bei der Kartoffelernte.

Der Ertrag schrumpft von 200 Dezitonnen pro Hektar auf 60 Dezitonnen. »Die monetären Verluste im Kartoffelbau liegen im Bereich von 500 bis 2500 Euro pro Hektar«, erklärt Kartoffelspezialist Hans-Jürgen Meßmer, Leiter des Landwirtschaftlichen Technologiezentrums Außenstelle Donaueschingen (LTZ), vielen noch als Saatbauamt in Erinnerung. Künftig seien jährlich Schäden durch Knollenfraß zu erwarten.

Drahtwürmer sind extrem schwer zu bekämpfen. Dem gelte es gegenzusteuern, so der Fachmann.Eigentlich ist der Urheber des Knollenfraßes ein Schnellkäfer. Meßmer: »Weltweit gibt es rund 150 verschiedene Schnellkäferarten.« 15 Arten seien als kulturschädigend bekannt, in Deutschland kämen hauptsächlich fünf Arten vor. Seit sieben Jahren würden in Baden-Württemberg zusätzlich zum bundesweiten Schnellkäfer-Monitoring landesweite Beobachtungen durchgeführt, nach denen inzwischen sogar höhere und kältere Lagen wie zum Beispiel die Baar betroffen sind.

»Es gibt in Baden-Württemberg keine befallsfreien Gebiete mehr«, erklärt Meßmer. Manche der Käfer bevorzugen wärmere Anbaugebiete, manche der Käfer frühe Anbaugebiete. In der Region ist speziell der dunkle Humusschnellkäfer, lateinisch Agriotes obscurus, zugange.Mehrere Faktoren zusammen führten in diesem Jahre zu einem drastischen Anstieg des Drahtwurmbefalls und der Krautfäule: Eine langsame aber stete Besiedelung neuer Flächen durch die Schnellkäfer habe zur Folge, dass mehrere Generationen von Käfern und Larven nebeneinander im Boden vorkommen würden, so der Experte. Dies führe dazu, dass auf solchen Flächen regelmäßig Kulturschäden durch Loch- und/oder Wurzelfraß erfolgen könnten.

Abgesehen davon, dass die Winter immer wärmer würden, ziehen sich Käfer und Larven so tief in den Boden zurück, dass auch lange andauernder Frost für die Schädlinge keine Gefahr bedeutet.Die Larven der Käfer bevorzugen zudem Feuchtigkeit und fanden durch das nasse Wetter im Frühjahr ideale Bedingungen. Darüber hinaus war der Einsatz des Mittels Goldor Bait verboten und nach dem Krautabsterben hätten die Landwirte aus verschiedenen Gründen große Probleme hinsichtlich einer zeitnahen Ernte gehabt. Nach dem Absterben der Wurzeln bei Abreife der Kartoffel bleibt den etwa drei Zentimeter großen Drahtwürmern – also der Larve des Käfers – als Nahrungsquelle nur die Knolle, über die sie sich dann mit unbändigem Appetit hermachen. Die Fraßschäden der ausgewachsenen Käfer sind dagegen eher unbedeutend.

Zurzeit stünden trotz der Zunahme von Drahtwurmschäden den Landwirten nur wenige Bekämpfungsmöglichkeiten zur Verfügung, berichtet Hans-Jürgen Meßmer. Deshalb arbeite man seitens des LTZ auf den Versuchsflächen unter anderem in Döggingen und Waldhausen mit Hochdruck an möglichst biologischen Lösungen. In den Gewächshäusern des Technologiezentrums werden an Kartoffelpflanzen Mittel zur Krankheitsbekämpfung erforscht und getestet, um sie den Landwirten an die Hand geben zu können.

Vor 30 Jahren wurden in Baden-Württemberg auf einer Fläche von 18 000 Hektar Kartoffeln angebaut, heute sind es nur noch 5500 Hektar. Nach dem Krieg lag der Verzehr pro Kopf und Jahr bei 200 Kilogramm, heute sind es nur noch 20 Kilogramm.Bleibt eine Frage zum Schluss: Muss man als Kartoffelliebhaber nun damit rechnen, die Würmer zu Hause in den Kartoffeln zu finden? »Definitiv nein«, beruhigt Meßmer. Solche Kartoffeln seien nicht vermarktungsfähig, kämen also gar nicht erst als Speisekartoffeln in den Verkauf, sondern würden sich nur noch für die Biogasanlage eignen – mit entsprechenden Einbußen für den Landwirt.

Info: Kartoffel

Außerhalb tropischer, subarktischer und arktischer Klimazonen wird die Kartoffel heute weltweit angebaut. Auf der Insel Chiloé in Südamerika fand man die ältesten bekannten Spuren wilder Kartoffeln, deren Alter auf 13 000 Jahre geschätzt wird. Wie die Kartoffel nach Europa kam, ist nicht belegt. In Niederösterreich erschien 1621 ein Kochbuch mit Kartoffelrezepten. In Deutschland wurden die ersten Kartoffeln 1647 in Oberfranken angebaut.