Eine lebendige Reise in eine schlimme Zeit : Ewa Kupiec (links) und Andrezej Szpilman entführten die Zuhörer ins Warschauer Ghetto. Foto: Rademacher Foto: Schwarzwälder-Bote

Andrzej Szpilman möchte die Erinnerung an seine Familie und an die polnischen Juden aufrechterhalten

Donaueschingen (ra.) Roman Polanski drehte den Film "Der Pianist" über ihn. Wlöadyslaw Szpilman, polnischer Komponist, überlebte als einziger einer jüdischen Familie das Warschauer Ghetto.

In einer Lesung im Stawinsky-Saal erinnerte sein Sohn Andrzej an diese dunkle Phase im Leben des Vaters. Für die musikalische Umrahmung sorgte die Ewa Kupiec am Flügel. Ewa Kupiec zählt zu den herausragenden Pianistinnen Polens. Seit Herbst 2011 hat sie eine Professur für Klavier an der Hochschule für Musik in Hannover inne. Andrzej Szpilman erhielt bereits im Alter von sechs Jahren Geigenunterricht und arbeitet als Komponist, Produzent und Moderator für den polnischen Rundfunk. Nebenher studierte er Zahnmedizin, emigrierte Anfang der 80er-Jahre nach Hamburg und unterhält heute eine Praxis in Weil am Rhein.

Mit zwölf Jahren war er auf die Erinnerungen seines Vaters gestoßen, die dieser 1946 niedergeschrieben und in Polen veröffentlicht hatte. In Hamburg war Wolf Biermann sein Patient. Dieser ermutigte ihn, das Buch in Deutschland zu veröffentlichen, was er 1998 mit Einverständnis des Vaters tat. Gleichzeitig vermittelte er den Kontakt zu Roman Polanski, der als Kind das Ghetto van Krakau überlebt hatte. Daraus entstand 2002 der Film "Der Pianist". Andrzej Szpilman, der neben seiner Tätigkeit als Zahnarzt das Gesamtwerk von Wolf Biermann überarbeitete und weiterhin für die polnischen Medien tätig ist, erinnerte nun mit Passagen aus dem Buch an den Überlebenskampf des Vaters im Ghetto.

Diese waren so gewählt, dass den interessierten Zuhörern die Jahre 1939 bis 1946 lückenlos erscheinen. Der Vater beschreibt das ganze Elend dieser Zeit, offenbart seine eigenen Gefühle und Ängste, lässt Personen und Situationen durch detaillierte Beschreibungen in der Phantasie des Zuhörers lebendig werden.

Auch die Musik kam nicht zu kurz. Im April 1935 war Wladyslaw Szpilman vom polnischen Rundfunk als Pianist engagiert worden. Als deutsche September 1939 Warschau angriffen, spielte er Chopins Nocturne in cis-Moll. Die letzte Sendung, bevor Warschau in Schutt und Asche versank. Das gleiche Stück spielte er bei einer schicksalshaften Begegnung mit einem deutschen Offizier und anlässlich der Wiederinbetriebnahme des polnischen Rundfunks nach dem Krieg. So ist die Nocturne ein zentrales Stück im Film "der Pianist", dessen Filmmusik Ewa Kupiec gekonnt intonierte. Teils von Chopin, teils von Wradyslaw Szpilman selbst komponiert, immer perfekt passend zum Inhalt des jeweiligen Teils der Lesung. Manchmal leise, manchmal melancholische, schicksalhafte Melodien, aber auch fröhliche, laute, sehr intensive Passagen.

So ruhig das Donaueschinger Publikum die Lesung verfolgte, umso intensiver war der Beifall. Andrzej Szpilman möchte mit solchen Lesungen die Erinnerung an das Schicksal seiner Familie, aber auch an das Schicksal der polnischen Juden aufrechterhalten. Gegen die Deutschen hegt er keine Hassgefühle. Er lebt in Deutschland und schließlich hat ein Deutscher Offizier seinem Vater das Leben gerettet. Seit Jahren arbeitet Szpilman daran, diesen Offizier, Wilm Hosenfeld posthum zu würdigen.