Der Landtagsabgeordnete Nico Reith (FDP) (links) spricht mit Revierleiter Jörg Rommelfanger (Mitte) und Mario Heinrich die Schichtpläne durch. Foto: Rademacher Foto: Schwarzwälder-Bote

Nico Reith (FDP) zu Besuch im Revier Donaueschingen / Leiter Jörg Rommelfanger sieht Polizei auf gutem Weg

Donaueschingen (ra). Anlässlich des Besuchs des Landtagsabgeordneten Nico Reith (FDP) im Donau-eschinger Polizeirevier zog Polizeirat Jörg Rommelfanger ein Fazit nach einem Jahr Arbeit in der neuen Organisation nach der Polizeireform aus Sicht des Revierleiters. Neben vielen positiven Effekten laufe noch nicht alles rund.

Und obwohl die Basis kaum betroffen war, gab es natürliche Vorbehalte der Mitarbeiter, die ohnehin stark gefordert seien, so Jörg Rommelfanger. Sorgenkinder seien die dünne Personaldecke im Revier und das kommende Ausscheiden von erfahrenen Beamten. Beides führe dazu, dass immer wieder wichtige proaktive Aufgaben zur Verhinderung von Straftaten nicht geleistet werden könnten.

Sehr positiv sieht Rommelfanger die Erfahrungen mit der Arbeit in der neuen Organisation. 37 Polizeipräsidien wurden zu zwölf regionalen Präsidien verschmolzen. Die Umsetzung in zwei Jahren sei sehr knapp bemessen gewesen. Deshalb laufe nach einem Jahr noch nicht alles rund und es gäbe immer noch Problemstellungen, die optimiert werden müssen, erläuterte Jörg Rommelfanger. Neue Einheiten wie der Kriminal-Dauerdienst, der rund um die Uhr besetzt ist, die Verkehrs-Unfall-Aufnahme-Einheit zur Untersuchung schwerer Unfälle oder vor allen das neue Führungs- und Lagezentrum Präsidium in Tuttlingen, von dem alle Einsätze 24 Stunden am Tag zentral geführt werden, hätten zu mehr Übersicht und einem höheren Qualitäts-Standard geführt. Die Schnittstellen seien großgliedriger und man könne auch Landkreisübergreifend arbeiten, sodass immer die Streife, die am nächsten am Geschehen ist, zum Einsatzort fährt.

Am Polizeirevier Donaueschingen selbst habe sich nichts verändert. Trotzdem hätten, wie überall im Leben, vor allem ältere Beamte gewisse Vorbehalte und Ängste gehabt. In diesem Zusammenhang machte Rommelfanger auf die ohnehin große psychische Belastung der Beamten aufmerksam, die permanent mit dem Autoritätsverfall der Polizei in Deutschland und mit eindeutigen persönlichen Provokationen konfrontiert werden, die außerhalb eines Straftatbestandes liegen. In einer Arbeitsgruppe werden die Beamten geschult, damit umzugehen.

Einen der wichtigsten Punkte der Polizeiarbeit sieht Rommelfanger in der Prävention. Die Polizei müsse in der Öffentlichkeit, in Kindergärten und in den verschiedenen Schultypen regelmäßig präsent sein und über ihre Arbeit aufklären. Und wenngleich es in der neuen Organisation eine zentrale Stelle hierfür gebe, müsse ein Teil dieser Aufgaben durch die Reviere geleistet werden. Damit können Straftaten verhindert werden und aufgezeigt werden, dass hinter jeder Uniform ein Mensch stecke, der mit viel Herzblut bei der Sache ist. Eine gut investierte Zeit, stellt Rommelfanger fest. Leider fallen diese Aufgaben bei einer zu dünnen Personaldecke immer zuerst unter den Tisch, weil deren Erfolg nicht messbar sei. Eine Straftat, die nie begangen wurde, stehe in keiner Statistik.

Donaueschingen seien im Rahmen der Reform zwei Beamte zusätzlich zugesagt worden, deren Einstellung bisher aber nicht möglich war. Ausdrücklich betonte Rommelfanger, dass dadurch kein Sicherheitsdefizit entstanden sei, da die Lücken durch seine Mitarbeiter mit einem Altersdurchschnitt von fast 50 Jahren immer wieder durch persönlichen Einsatz geschlossen werden. Sorgen macht Rommelfanger auch der demografische Wandel, Abgänge an erfahrenen Kräften seien nur schwer ersetzbar. Nico Reith bemerkte hierzu, Aufgabe der Politik sei es, mehr Kapazität zu schaffen, um den notwendigen Freiraum für proaktives Handeln zu schaffen. Dies sei eine wichtige Investition für die Gesellschaft.

Auf die Frage des Landtagsabgeordneten zum Thema "Asylbewerber" konnte der Donaueschinger Revierleiter nur Positives berichten. Es habe in keiner Weise eine Häufung von Delikten gegeben und man habe durch die gute Arbeit der Stadt und bürgerlichem Engagement eine Willkommensatmosphäre geschaffen. Wenn das so weiter laufe, sieht er den erwarteten 230 Neuankömmlingen gelassen entgegen, da es sich um Familien handle, die ein wesentlich geringeres Potenzial für mögliche Straftaten böten.

Aufgabe der Polizei sei es auf die Leute zuzugehen, so Jörg Rommelfanger. Viele seien hoch traumatisiert und manche kennen die Polizei aus ihrem Land als "prügelnde Truppe". Man müsse sich vorstellen und zeigen, dass die Beamten hierzulande Regeln und Gesetze vertreten, ihnen helfen können. Und dass Frauen in der deutschen Polizei gleichberechtigt ihren Platz haben. Wenn man erreiche, dass es bei den Neuankömmlingen zu einem "Aha-Erlebnis" komme, ihre Ängste abbaue, könne man sich die Arbeit wesentlich erleichtern.

u Landtagsabgeordneter Nico Reith (FDP) begleitete der Politiker die Kollegen der Nachtschicht auf Streife und erlebte dabei hautnah eine Bandbreite von Aufgaben.

Als Mitglied der Opposition stand er der Reform zunächst skeptisch gegenüber, sieht aber jetzt ein Jahr nach der Umsetzung Synergie-Effekte mit großer Aussicht auf Erfolg. Nachdem er sich bei Polizeipräsident Ulrich Schwarz in Tuttlingen über die Arbeit der Leitzentrale informiert hatte, wollte er nun wissen, wie die Änderungen des Gesetzgebers bei den Leuten an der Basis ankommen. Etwas Ähnliches habe sein Vor-Vorgänger Ernst Pfister vor 30 Jahren schon einmal gemacht.

Während der ganzen Zeit, bis um 7 Uhr morgens sei er nie müde geworden, die Zeit sei sehr schnell vergangen. Für die Beamten sei es eine "ruhige Nacht" gewesen, zumal beim Bräunlinger Narrentreffen die Bereitschaftspolizei Vorort war. Es gab eine Ruhestörung in der Breslauer Straße, eine Schlägerei mit einem Leichtverletzten in Pfohren, ein Verkehrsunfall durch erhöhte Geschwindigkeit in Hüfingen und diverse Verkehrskontrollen wegen auffälliger Fahrweise oder sichtbarer technischer Mängel. Positiv überrascht hat Reith, dass in keinem dieser Fälle der Fahrer alkoholisiert war. Die Vernunft scheine sich durchzusetzen, was ihm die Beamten auch bestätigten. Und so gab es in der Nacht Freiraum für persönlichen Kontakt zu insgesamt zehn Polizeibeamten aus zwei Schichten. Beeindruckt zeigte sich Nico Reith von den offenen Gesprächen und dem Vertrauen, dass ihm die Beamten schenkten. Viele seiner persönlichen Einschätzungen hätten sich bestätigt.