Kinder vor der Asylunterkunft in der Friedhofstraße. Sie spielen auf dem ehemaligen Kasernenhof nach langer Zeit wieder einmal unbeschwert, auch wenn es auf dem Hof immer wieder zu Tumulten unter den Erwachsenen kommt. Foto: Vollmer

Streit um Duschen führt zu Aggression. 38 Polizisten verhindern Schlimmeres. Zwei Männer festgenommen.

Donaueschingen - Die vielen Flüchtlinge, die täglich über die Grenzen nach Deutschland kommen, lassen zu den großen Notunterkünften keine Alternativen. Und selbst diese sind inzwischen teils hoffnungslos überfüllt.

Bei vielen sich fremden Menschen auf engstem Raum führen zwangsweise selbst Kleinigkeiten zu offenen Aggressionen. Erst am Sonntagabend gab es eine Massenschlägerei in einem Flüchtlingslager bei Kassel mit mehreren Verletzten. Nur ein großes Polizeiaufgebot konnte hier wieder für Ruhe sorgen.

In Donaueschingen vermied die Polizei am Montagabend mit 38 Einsatzkräften eine vergleichbare Eskalation. Zwei Personen, ein Rädelsführer und ein Flaschenwerfer wurden über Nacht in Gewahrsam genommen, wie die Polizei gestern mitteilte. Es hatte über drei Stunden gedauert, bis sich die Lage wieder beruhigte.

Auslöser der Tumulte zwischen Flüchtlingen unterschiedlichster Nationen war eine Banalität. Es ging dabei um die Nutzung der Duschen. Mitarbeiter des Sicherheitsdienstes informierten umgehend die Polizei über die Unruhen. Die ersten eintreffenden Polizeistreifen sahen sich auf dem Gelände der Friedhofstraße mit deutlich über hundert Personen konfrontiert. "Deren Stimmung war äußerst gereizt und aggressiv", teilt Thomas Sebold von der Polizeidirektion Tuttlingen mit.

Zwischenzeitlich waren 19 Polizeistreifen aus verschiedenen Revieren auf dem Gelände der Bedarfsorientierten Erstaufnahmestelle, in der derzeit 1643 Menschen aus rund einem Dutzend Länder leben, eingetroffen. "Um solche Situation zu beruhigen, ziehen wir alle Register. Mit Mimik, Gesten und natürlich mit Worten", meint Sebold. So gelang es, die inzwischen fast 150 Personen wieder zur Rückkehr in ihre Unterkünfte zu bewegen. Gegen 22.30 Uhr, also etwa eine Stunde nach Ausbruch der Tumulte, herrschte wieder Ruhe auf dem Gelände – allerdings nur kurz.

Schon eine halbe Stunde später flammte der Streit wieder auf, als sich die Kontrahenten auf dem Gelände erneut begegneten. Sofort versammelten sich weit über 100 Personen auf dem Hof. "Um weitere Konfrontationen zu verhindern, wurde ein 37 Jahre alter Rädelsführer in Gewahrsam genommen und für den Rest der Nacht in einer Arrestzelle untergebracht", sagt der Polizeisprecher.

Und noch ein Zweiter musste die Nacht in der Arrestzelle des Donaueschinger Reviers verbringen. Ein 24-Jähriger hatte eine Glasflasche aus dem Fenster Richtung Menschenmenge geworfen, aber keinen getroffen. Die Polizei ermittelte den Werfer schnell und nahm ihn in Gewahrsam.

Die Beamten konnten die Lage daraufhin wieder beruhigen. Weitere Tumulte oder Auseinandersetzungen blieben aus, so dass die Polizei eine Stunde nach Mitternacht abziehen konnte.

Schon am Dienstag vor einer Woche hatte es vergleichbare Szenen gegeben, als rund 400 Menschen gegen eine geplante Verlegung protestiert hatten. Die Menge konnte in Gesprächen mit der Polizei schließlich beruhigt werden.

Zwei Tage später entdeckten Mitarbeiter der Security unter einer Hecke Eisen- und Holzstangen, die man zu Schlagwaffen umfunktioniert hatte. Wer diese dort deponiert hatte, war nicht zu ermitteln. Auf den Gegenständen konnten keine Spuren sichergestellt werden, so die Polizei.

Seite 2: OB Erik Pauly in Stuttgart

OB Erik Pauly war am Montag der Einladung der Landesregierung ins Neue Schloss in Stuttgart gefolgt.

Die Regierung wollte mit Vertretern der Landkreise und Kommunen über die Flüchtlingssituation und das weitere Vorgehen sprechen. Pauly hatte unter den über 80 Teilnehmern die Gelegenheit, die aus seiner und der Sicht des Gemeinderats unbefriedigenden Situation in Donaueschingen anzusprechen.

Er habe die fehlende Gesundheitsuntersuchung ebenso angesprochen wie das Missverhältnis von Einwohner- und Flüchtlingszahl. Die Verteilung der Menschen ohne Rücksicht auf Verluste dürfe im Hinblick auf den sozialen Frieden in und außerhalb der Unterkünfte so nicht weiter gehen.

Nach Sammeln der Anliegen und Forderungen der Geladenen, gab es von der Regierung nur allgemeine Antworten. "Ich finde gut, dass das Land alle Beteiligten eingeladen hatte. Nicht begeistert bin ich natürlich von der Äußerung des Ministerpräsidenten: Die Kasernen nun mal da, wo sie sind", meinte Pauly. Das Land habe aber zugesichert, dass man die Abläufe wie Registrierung und Gesundheitscheck optimieren werden.

Zu weiteren Zuweisungen nach Donaueschingen gab es keine Auskünfte. "Bei der aktuellen Situation ist das aber nicht ausgeschlossen", sagt Pauly.

Flüchtlingszahlen: Im Juli waren 10 000 Flüchtlinge nach Baden-Württemberg gekommen, im August waren es 15 000 und im laufenden Monat sind es täglich 1300 neue Flüchtlinge, das sind hochgerechnet fast 40 000. Und ein Ende des Flüchtlingsstroms ist nicht in Sicht. In Donaueschingen leben derzeit 1647 Flüchtlinge aus zwölf Nationen in der Notunterkunft (Kasernen). In der Folge- und Anschlussunterbringung (laufende und anerkannte Asylverfahren) sind es hier 235. Im Landkreis liegt die Zahl bei knapp über 1000. Die freien Kapazitäten liegen bei 1524. Die dürften bei der aktuellen Zugangsquote von 175 Personen pro Monat schnell erschöpft sein, weshalb der Landkreis auf der Suche nach weiteren 1700 Plätzen ist. Sonst drohten ab November Notunterkünfte in Turnhallen oder gar die Errichtung von Zeltstädten.

Info: CDU diskutiert

Der CDU-Stadtverband hat zu einer Veranstaltung im Cinema in der Friedhofstraße auf kommenden Freitag, 2. Oktober, 19 Uhr, sowohl den Europapolitiker Andreas Schwab, den Bundestagsabgeordneten Thorsten Frei und Oberbürgermeister Erik Pauly eingeladen. Sie werden das Thema aus ihrem jeweiligen Blickwinkel beleuchten. Besonders gespannt darf man darüber hinaus sein auf die Beiträge aus der französischen Partnerstadt Saverne von Patrick Hetzel (Abgeordneter der französischen Nationalversammlung) und Savernes Bürgermeister Shephane Leyenberger.