Yeonghee Krug (Zweite von rechts) leitet das Haus Antonius, in dem Martha Ulrich, Rosemarie Göppertt, sowie Roswitha Rohmann und Brigitte Wolf (von links) leben. Foto: Hanauer Foto: Schwarzwälder-Bote

Haus Antonius bietet Betroffenen betreutes Wohnen / AMSEL-Kontaktgruppe als Anlaufstelle im Kreis

Von Julia Christiane Hanauer

Donaueschingen. Das Haus Antonius ist nach eigenen Angaben deutschlandweit die einzige Einrichtung für betreutes Wohnen für an Multipler Sklerose (MS) erkrankte Menschen. Die Arbeiten am Neubau laufen derzeit auf Hochtouren – denn der Bedarf an Plätzen ist groß.

Am Haus Antonius herrscht reger Baubetrieb: Ein Anbau mit neun weiteren Zimmern entsteht in der Sennhofstraße. In dem betreuten Wohnen in Donaueschingen, das es seit 19 Jahren gibt, leben derzeit 25 Menschen zwischen 40 und 70 Jahren, die an MS erkrankt sind und die einen schweren Verlauf der Krankheit haben. 24 von ihnen sind auf den Rollstuhl angewiesen. "Wenn man in jungen Jahren MS bekommt, ist sie meist aggressiver, als wenn man später erkrankt", erläutert Yeonghee Krug, die sowohl Haus- und Pflegedienstleiterin ist als auch Leiterin der Kontaktgruppe AMSEL (Aktion Multiple Sklerose Erkrankter Landesverband) im Schwarzwald-Baar-Kreis.

Was vor 34 Jahren als Pilotprojekt begann und als Vorbild für andere Einrichtungen dieser Art dienen sollte, ist laut Krug heute das einzige Haus in Deutschland, das Betreutes Wohnen für Menschen mit MS anbietet. Der Bedarf an Plätzen sei groß. Die Bewohner erhalten hier eine 24-Stunden-Betreuung, 45 Personen kümmern sich um sie.

In der Einrichtung erhalten die Bewohner eine symptomatische Therapie, die einerseits auf Medikamenten basiert und andererseits auf nichtmedikamentöse Therapie wie Logopädie, Physio- oder Ergotherapie baut. "Die Therapie ist individuell auf den Menschen abgestimmt", erklärt Krug – was damit zusammenhängt, dass sich die "Krankheit mit den 1000 Gesichtern" (siehe Info-Kasten) bei jedem Betroffenen anders auswirkt.

Neben dem therapeutischen Angebot stehen den MS-Erkrankten auch viele Veranstaltungen der seit 34 Jahren existierenden AMSEL-Kontaktgruppe zur Verfügung, beispielsweise Reittherapie oder Qi Gong. An diesen Terminen können auch MS-Kranke teilnehmen, die nicht im Haus Antonius leben. Etwa 250 Menschen sind im Schwarzwald-Baar-Kreis an MS erkrankt, weiß Krug durch ihre Arbeit. "Die Dunkelziffer ist aber sicherlich doppelt so hoch", mutmaßt sie. Denn viele kommen erst zur Kontaktgruppe, wenn sie bereits Probleme haben und Hilfe suchen.

In diesem Jahr feiert AMSEL sein 40-jähriges Bestehen in Stuttgart. Yeonghee Krug wird an einem Jubiläumssymposium mit dem Titel "Stark leben mit Multipler Sklerose: Therapien, Bewältigungsstrategien. Eigenverantwortung" teilnehmen. Denn der Austausch bei solchen Veranstaltungen sei wichtig. Diesen möchte sie auch im kommenden Jahr führen, denn dann feiert die AMSEL-Kontaktgruppe ihr 35-jähriges Bestehen im Schwarzwald-Baar-Kreis und das Haus Antonius sein 20. Jubiläum – mit einem Tag der offenen Tür im Mai, bei dem die Besucher auch den bis dahin fertiggestellten Neubau besichtigen können.

Bei MS handelt es sich um eine chronisch-entzündliche Nervenerkrankung, bei der sich die Nerven des Gehirns und des Rückenmarks an vielen (multiple) Stellen entzünden, was zu Narbenbildung (Sklerose) führen kann. Die genaue Ursache für MS ist bis heute unklar. Da die Krankheit bei jedem Betroffenen anders verläuft, wird sie auch als "die Krankheit mit den 1000 Gesichtern genannt". Viele Kranke sind durch MS an den Rollstuhl gebunden. Weitere Informationen zu diesem Thema gibt es unter www.amsel.de.