Immer wieder kommt es in Donaueschingen zu Vorfällen mit Flüchtlingen. Symbolbild. Foto: dpa-Zentralbild

Asylbewerber war bereits polizeibekannt. Mutmaßlicher Täter sitzt derzeit in Mannheim ein. Polizei: Größten Problemfall los.

Donaueschingen - Die Messerattacke eines Asylbewerbers auf einen 49-jährigen Mann in der Max-Egon-Straße hat in Donaueschingen und im sozialen Netzwerk Facebook für Aufregung gesorgt.

Es war die erste schwerwiegende Tat, bei der das Opfer nicht selbst ein Asylbewerber oder Flüchtling war, wie die Polizei bestätigte.

Bislang gab es Verletzte meist nach Streitigkeiten unter den Flüchtlingen in den Unterkünften, die mit mehr oder weniger schlimmen Verletzungen endeten. Durch den aktuellen Fall auf offener Straße zeigen sich viele Bürger im Internet verängstigt. Sie haben Angst davor, dass die Kriminalität nun auch in Donaueschingen steigen könnte und mit ihr die Brutalität der Straftaten.

Auch Bürgermeister Bernhard Kaiser blickt mit Sorge auf die Messerattacke. "Wir von der Stadtverwaltung haben diesbezüglich eine sehr, sehr sensible Wahrnehmung. Insbesondere, weil wir uns nicht ausgesucht haben, Flüchtlingsstandort zu sein." Kaiser ärgert sich über diese wenigen Asylbewerber, die die Gastfreundschaft der Donaueschinger in Anspruch nehmen und sich dann so verhalten.

"Die erhalten bei uns ein Dach über dem Kopf, bekommen Essen, ein ordentliches Asylverfahren und je nach Status Sprachförderung. Dann erwarte ich auch, dass sie sich entsprechend unserer Regeln benehmen und keine Rechtsverstöße begehen", bekräftigt Kaiser seinen Standpunkt. Das seien einzelne Fälle, die es durch ihr Verhalten anderen Asylbewerbern noch schwerer machen, sich hier zurecht zu finden.

Die Einschätzung von Bernhard Kaiser belegt Kai Stehle, stellvertretender Polizeirevierleiter von Donaueschingen, mit Fakten aus der Akte: "Unseren größten Problemfall sind wir, wenn er denn verurteilt wird, nun los." Denn tatsächlich war der 22-jährige Algerier kein unbeschriebenes Blatt bei der Donaueschinger Polizei. Nach Angaben von Stehle war der junge Mann etwa seit Anfang des Jahres in Donaueschingen und ist seit Januar "regelmäßig einmal im Monat" aufgefallen.

Auf Grundlage dieser Erkenntnisse stellen Bürger die Frage "Was muss denn alles passieren, bis gehandelt wird?" Das versteht auch Kai Stehle, erklärt aber: "Wenn wir die Liste der Delikte anschauen, dann reichte leider keines davon aus, um ihn aus dem Verkehr zu ziehen." Denn ob Deutscher, Bürger mit Migrationshintergrund, oder Asylbewerber – im Rechtsstaat wird jeder gleich behandelt. "Und wegen eines Ladendiebstahls, oder einem Handgemenge kommt eben niemand hinter Gitter", erklärt Stehle, mit welchen Tatsachen auch die Polizei konfrontiert ist. "Natürlich ist das auch für uns nicht schön, wenn du immer wieder dieselben zwei, drei Personen einsammelst und diese nach erkennungsdienstlichen Maßnahmen wieder aus der Wache rauslaufen." Rechtlich sei dieses Vorgehen aber alternativlos. Die Sicherheitslage sieht Stehle allerdings nicht gefährdet. Nachdem der 22-Jährige nun in Mannheim in Untersuchungshaft sitzt, könnte sich das sogar eher positiv für die Stadt auswirken.

Mögliche Konsequenzen

Straffällig gewordene Asylbewerber sollten umgehend abgeschoben werden. So lautet meist der Tenor in der Bevölkerung auf verübte Straftaten. Doch so einfach ist es nicht. Johannes-Georg Roth, Oberstaatsanwalt in Konstanz und Leiter im aktuellen Fall der Messerattacke eines Algeriers auf einen 49-jährigen Mann, erklärt die Zusammenhänge zwischen Straf- und Asylrecht und welche Konsequenzen es für Straftäter im allgemeinen haben kann.

Der aktuelle Fall: Bei dem Vorfall in Donaueschingen handelt es sich nach Angaben von Roth um einen schweren Raubüberfall, der in Deutschland mit einem Mindeststrafmaß von fünf Jahren sanktioniert wird. "In einem Gerichtsverfahren werden alle Umstände berücksichtigt und danach das Strafmaß festgelegt. Das können fünf Jahre oder mehr sein", sagt Roth.

Die Sachlage: Derzeit befindet sich der 22-jährige mutmaßliche Täter in Untersuchungshaft. "Mutmaßlich deshalb, weil wie bei jeder Straftat, der Täter erst nach einem rechtskräftigen Gerichtsurteil als schuldig gilt", erläutert Roth. Auch wenn die ermittelnde Staatsanwaltschaft nach eigenen Angaben keinen Zweifel daran hat, dass die Polizei die richtige Person festgenommen hat. Sobald die Ermittlungen abgeschlossen sind, erhebt die Staatsanwaltschaft Anklage, und es wird für den Angeklagten ein ordentliches Gerichtsverfahren geben.

Der Status des Beschuldigten: Laut Oberstaatsanwalt Johannes-Georg Roth läuft das Asylverfahren des jungen Algeriers, sonst könnte man auch nicht von einem Asylbewerber sprechen.

Die Konsequenzen: Über konkrete Konsequenzen kann Roth derzeit natürlich noch nichts sagen. "Das entscheidet sich nach der Verhandlung." Allerdings erklärt er, welchen Einfluss eine Straftat auf ein Asylverfahren haben kann, beziehungsweise, wie in der Regel mit straffällig gewordenen Asylbewerbern verfahren wird. "Nach der Verurteilung sitzt der Täter die Hälfte bis zu zwei Drittel seiner Gesamtstrafe in Deutschland ab und wird anschließend abgeschoben." Gleichzeitig werde ein Haftbefehl für Deutschland erlassen. "Falls er versucht erneut einzureisen, wird er festgenommen und bis zum Ablauf der Gesamthaftdauer eingesperrt", schildert Roth die Handhabe im Regelfall. Nach Verbüßen der Haftstrafe wird die Person erneut abgeschoben.

Rückblick 

September 2015: Ein Bewohner einer Flüchtlingsunterkunft wirft eine Glasflasche auf ein streitendes Pärchen. Bei der Essensausgabe in der Notunterkunft gibt es Tumulte. Betrunkene machen Ärger in der Notunterkunft. Großeinsatz in der Bedarfsorientierten Erstaufnahmestelle: Polizei durchsucht nach Fund von als Waffen präparierten Eisenstangen die Notunterkunft.

 Oktober 2015: Zwei Flüchtlinge prügeln sich in Gemeinschaftsunterkunft. Ein 32-Jähriger wird mit Prellungen am Rücken ins Klinikum eingeliefert.

  Dezember 2015: Eine 27-jährige Frau wird am Tag vor Heiligabend am Karlsgarten überfallen. Die Polizei verhaftet einen 33-jährigen Flüchtling, der die Tat gesteht.

  Januar 2016: Ein Flüchtling entwendet in einer Kneipe eine Jacke von der Garderobe und wird von Lokalgästen festgehalten.

  Mai 2016: Zwei alkoholisierte Bewohner der BEA entwenden zwei Klappstühle. Flüchtling wirft Flaschen nach Security-Mitarbeiter.

  August 2016: Asylbewerber attackiert 49-Jährigen mit Messer. 25-jähriger Asylbewerber wird bei Auseinandersetzung mit zwei weiteren Asylbewerbern mit Messer verletzt.