Dr. Clemens Willmann, Donaueschinger Hausarzt mit Leib und Seele, peilt den Ruhestand an und greift zu einer ungewöhnlichen Maßnahme: Um einen Nachfolger zu finden, will er sogar seine Praxis an einen Arzt verschenken. Foto: Beathalter

Clemens Willmann plant ungewöhnlichen Schritt. Nachfolge-Regelung liegt ihm am Herzen.

Donaueschingen - Clemens Willmann peilt den Ruhestand an. Nach bald 40 Jahren will der 68-jährige Facharzt für Allgemeinmedizin und Sportmedizin Mitte nächsten Jahres aufhören.

Leichter gesagt als getan: Der Hausarzt findet bislang keinen Nachfolger. Daher greift Willmann zu einer ungewöhnlichen Maßnahme: "Ich verschenke meine Praxis an einen Arzt", sagt er, "Gutachter haben ihren Wert vor drei Jahren auf einen sechsstelligen Betrag geschätzt".

Clemens Willmann ist Hausarzt mit Leib und Seele, "das Sprechzimmer ist mein Wohnzimmer", sagt er, "wenn ich noch zehn Jahre jünger wäre, würde ich weitermachen." Aber jetzt möchte er sich in den Ruhestand zurückziehen. Ein Nachfolger könnte sich an der Karlstraße, mitten im Donaueschinger Stadtzentrum, ins gemachte Nest setzen und gut 3000 Patienten übernehmen, die Praxis gibt es kostenlos dazu. "Meine Patienten und meine sechs Mitarbeiterinnen wären dafür dankbar", sagt der Arzt. Es werde demnächst große Lücken geben, wenn weitere niedergelassene Kollegen ihren Ruhestand antreten.

In Baden-Württemberg komme auf 15 Ärzte oder Ärztinnen, die ihre Praxis aus Altersgründen aufgeben wollen, gerade mal ein einziger Bewerber. Ursachen? Junge Mediziner dränge es in die Städte, wo sie bessere Chancen auf eine angestellte Tätigkeit oder Teilzeitarbeit sehen. Und einige werden Fachärzte für Spezialgebiete, weil sich dann unter Umständen mehr verdienen lasse.

Clemens Willmann selbst kann davon ein Lied singen, wie schwierig es ist, seine Nachfolge zu regeln. Ein Arzt, der gut zwei Jahre Vertretungen für ihn übernommen hatte und die Praxis übernehmen wollte, ist unerwartet wieder abgesprungen. Jetzt macht sich Willmann Sorgen darüber, wie es weitergeht: Ärzte sind ein wichtiger Mosaikstein für die Attraktivität des ländlichen Raumes, medizinische Versorgung entscheide über Wohl und Wehe von Städten und Gemeinden, so wie Schulen, Geschäfte, Nahverkehr oder kulturelles Angebot.

Clemens Willmann kann sein Leben als "Haus- und Landarzt", als Allgemeinmediziner mit einer gut gehenden Praxis "im wunderschönen Donaueschingen" wärmstens weiter empfehlen. "Sofort, ohne zu überlegen, würde ich diesen Weg wieder gehen", sagt er.

Der Kontakt zwischen Arzt und Patient sei in einer kleinen Stadt doch eigentlich "wunderbar". Aber: Vieles läuft anders als geplant. Eine seiner beiden Töchter arbeitet als Ärztin in Köln. Sie hat dort Familie und ihren Lebensmittelpunkt. "Sie hat andere Schwerpunkte gesetzt", sagt Willmann.

"Über Jahre gut verdient"

Er stellt klar: Auch wenn Fachärzte, zum Beispiel für Radiologie oder Augenheilkunde, mit dem zwei- oder gar dreifachen Jahreseinkommen rechnen können und die Allgemeinmediziner am unteren Ende der Honorarskala für Ärzte liegen: "Man kann finanziell sorgenfrei leben, ich habe über die Jahre gut verdient."

Wenn es denn jetzt klappt mit der verschenkten Praxis, will Willmann sich nicht ganz zurückziehen. Wie bisher wird er als Betriebsarzt für bestimmte Firmen tätig sein und dort die Mitarbeiter betreuen. Er plant außerdem eine Reise mit dem Wohnmobil: Rund um die deutsche Grenze. Zudem will er die "Stadtstreich(l)er", die närrische Musik- und Gesangstruppe, die Willmann zusammen mit Jochen Hauger vor 35 Jahren gegründet hat, ausbauen: "Wir wollen – auch als Staßenmusiker – unserem Hobby stärker nachgehen."