Die Fleckviehhaltung ist einer der wenigen Punkte, die in der Landwirtschaft für Karl-Heinz Bäurer derzeit akzeptabel ist. Foto: Vollmer

Preise für Milch und Getreide liegen im Keller. Karl-Heinz Bäurer sieht einige Höfe vor dem Aus.

Donaueschingen - Das schlechte Wetter über die Eisheiligen zu Pfingsten konnte die Stimmung bei Landwirt Karl-Heinz Bäurer aus Aasen nicht mehr drücken. Sie ist bereits im Keller.

Der Landwirtschaft in der Region und Deutschland droht ein verheerendes Jahr, obwohl das Erntejahr erst vor ein paar Tagen mit dem Schneiden des Grünroggens als ersten Silageschnitt angefangen hat. Denn die Preise für Milch und Getreide liegen auf dem Niveau von Bäurers Stimmungslage. 40 Cent pro Liter Milch waren vor ein paar Jahren noch als Existenzminimum von den Milchbauern propagiert worden. "Jetzt liegt er wegen des Überangebots bei 25 Cent. Zu wenig fürs Überleben. Viele leben jetzt von der Substanz", klagt der Aasener Landwirt, der seit vielen Jahren BLHV-Vorsitzender des Donaueschinger Kreisverbands ist. Er rechnet damit, dass weitere Betriebe aufgeben werden.

Einen Ausgleich gibt es für die Bauern über den Getreidemarkt nach einem weltweit guten Erntejahr nicht. "Die Notierung für den Doppelzentner Weizen liegt derzeit bei 15 Euro. Unser Ziel sind aber 20 Euro. Die sind bei einem gut versorgten Weltmarkt aber nicht realisierbar", meint Bäurer. Vergangenes Jahr habe man für den Doppelzentner noch zwischen 17 und 18 Euro erhalten. "Nicht viel, wenn man bedenkt, dass zu D-Mark-Zeiten bereits zwischen 40 und 50 Mark gezahlt wurden", sagt der BLHV-Vorsitzende. Parallel zu dieser Abwärtsentwicklung sind die Betriebsmittel wie Dünger, Saatgut oder Kraftstoff deutlich teurer geworden und verharren auf hohem Niveau, auch wenn die Erzeugerpreise auf Talfahrt sind.

Milch: Vor zwei Jahren sahen sich die Landwirte auf gutem Weg. Der Milchpreis hatte sich erholt und lag bei 37 Cent. Allerdings ging die Nachfrage in China bei einer schwächer wachsenden Wirtschaft zurück. Auch das Russland-Embargo wegen der Ukraine-Krise wirkte sich negativ auf den Export auf. "Während die deutschen Molkereien auf ihren Milchmengen sitzen blieben, verdreifachte sich der Käseexport der Schweiz in Richtung Russland", zeigt Bäurer die Mechanismen der Märkte auf.

Um die Milch los zu werden, wird sie auf dem deutschen Markt billiger angeboten. Entsprechend purzeln die Preise in den Geschäften und Discountern. "Inzwischen zahlen Molkereien sogar für Regalmeter in den Läden, damit sie ihre Produkte anbieten können. Das sind schon fast mafiöse Zustände bei uns", schüttelt Bäurer den Kopf.

Schweine: Mit der Schweinemast sei es im BLHV-Kreisverband Donaueschingen, der sich noch an den Grenzen des alten Landkreises von Emmingen bis Gütenbach und die Landesgrenze misst, so gut wie vorbei. "Es gibt einige neue Ställe, die wegen der miserablen Preise nun leer stehen. Es gibt wegen der Situation sogar Umschuldungsprogramme der Banken und die Bauern gehen jetzt woanders arbeiten." Die Selbstversorgungsquote liege in Baden-Württemberg inzwischen bei unter 30 Prozent.

Viehhaltung: Die Preise für Fleckvieh seien derzeit ordentlich. Sechs Euro pro Kilo Bullenkalb seien gut, die Nachfrage ebenfalls.

Subventionen: Die EU macht den Bauern vielerlei Vorschriften, unter anderem beim Düngen oder der Tierhaltung, durch die sie Nachteile im weltweiten Konkurrenzkampf haben. Als Ausgleich zahlt die EU jedem Landwirt pro Hektar und Jahr 270 Euro.

Investitionen: Die Landwirtschaft ist durchaus noch ein beachtenswerter Wirtschaftsfaktor: 160 Millionen Euro werden im Bereich BLHV Donaueschingen jährlich für Saatgut, Dünger, Pacht, Kraftstoffe, Strom, Wasser, bauliche Anlagen oder neue Maschinen investiert. Bei sinkenden Erzeugerpreisen ist es entsprechend schwer, Schulden zu tilgen. Ein neuer Milchviehstall ist kaum unter einer Million Euro zu erstellen.

Energiewirte: Auch im Bereich Biogas hat sich die Lange verschlechtert. Zwar gibt es Bestandsverträge mit Garantiepreisen für eingespeisten Strom, doch diese Altverträge laufen nach 20 Jahren aus. "Neue Anlagen lohnen sich wegen gesunkener Strompreise derzeit nicht", sagt Bäurer.

Betriebszahlen: 1960 wurden im Altlandkreis Donaueschingen noch rund 8000 Betriebe gezählt. 1979 wurden nach Erhebungen des Statistischen Landesamts 2940 Betriebe im Schwarzwald-Baar-Kreis gezählt. 1999 waren es noch 1396, und die aktuellste Zahl datiert auf das Jahr 2010: 1037 Betriebe. In Donaueschingen waren es 1979 noch 344, 1999 waren es 163 und 2010 lediglich noch 96 Betriebe. In den 1970er-Jahren hatten die größeren Betriebe zwischen 25 bis 30 Hektar zu bewirtschaften, heute liegen sie bei über 100 Hektar, und selbst diese seien, so Bäurer, teils im Nebenerwerb geführt. Bäurer rechnet bei der aktuellen Lage, dass einige Betriebe von einer Größe zwischen 20 bis 40 Milchkühen nicht überleben werden.

Bio-Bauern: Immer mehr Verbraucher greifen zu Bioprodukten, die auch gerne etwas mehr bezahlen würden. Die Umstellung sei, so Bäurer, aber nicht flächendeckend zu bewerkstelligen: "Für denselben Ertrag bräuchten wir 50 Prozent mehr Fläche."