Es ist vollbracht. Bund und Stadt haben den Kaufvertrag für das Konversionsgelände ausgehandelt (von links): Bürgermeister Bernhard Kaiser, Jens Tempelmann und Tobias Butsch von der Konversions GmbH, Oberbürgermeister Erik Pauly, Markus Kästel und Stefan Menner von der Bundesanstalt für Immobilienaufgaben sowie Stadtbaumeister Heinz Bunse. Foto: Jakober Foto: Schwarzwälder-Bote

Entwicklung: Verkaufsvertrag ist unterzeichnet / Über die Kaufsumme wird noch geschwiegen

Ein historischer Moment: Oft werden diese Worte benutzt, selten treffen sie zu. Doch gestern wurde im Rathaus eine Vertragsunterzeichnung gefeiert, die auf die Stadtentwicklung der kommenden Jahrzehnte großen Einfluss haben wird.

Donaueschingen (jak). Oder um es mit den Worten von Stadtbaumeister Heinz Bunse auszudrücken: "So eine Gelegenheit hat sich Donaueschingen bislang nur nach dem Stadtbaubrand geboten, als 800 Häuser plötzlich weg waren."

Vorausgegangen war auch ein Schreckensmoment in der Stadtgeschichte – der Abzug der Franzosen. Über drei Jahre ist es nun her, dass der französische Staat verkündet hat, dass er seine Soldaten aus der Stadt abziehen wird. Gehandelt wurde ziemlich schnell. Fünf Tage später traf sich der Gemeinderat und legte den Grundstein für den Konversionsprozess, mit dem das ehemalige Kasernengelände in ein neues Stadtviertel umgewandelt werden soll. Bürgermeister Bernhard Kaiser, der damals auch gleich noch die Arbeit des vakanten OB-Postens übernehmen musste, nahm sofort Kontakt zur Bima (Bundesanstalt für Immobilienaufgaben) auf. Denn eines war von Anfang an klar: Bei einer solchen Fläche im Herzen der Stadt soll nichts dem Zufall überlassen werden. Die Hoheit über das Planungsrecht allein reicht nicht aus, die Stadt soll die rund 14 Hektar große Fläche selbst erwerben, um so die Chancen für die Innenstadtentwicklung gezielter nutzen zu können.

Und nun ist es so weit: Nach über drei Jahren, 18 Verhandlungstreffen und 24 Vertragsentwürfen konnte endlich der Kaufvertrag für die Fläche unterzeichnet werden. 46 Seiten hat der Vertrag, die Anhänge dazu füllen allerdings zwei dicke Aktenordner, denn es ist eine komplexe Angelegenheit. "Es ist nicht mit dem Kauf eines Einfamilienhauses zu vergleichen", sagt Markus Kästel von der Bundesanstalt für Immobilienaufgaben, in deren Besitz das Gelände nach dem Abzug der Franzosen übergegangen ist.

Denn es saßen nicht nur zwei Verhandlungspartner am Tisch. Nachdem das Land die Kaserne zur Notunterkunft für Flüchtlinge umgewandelt hat, hatte auch Stuttgart ein Mitspracherecht. Denn ohne konkreten Zeitplan, wann das Gelände wieder freigegeben wird, wäre der Vertrag zwischen Bima und Stadt nicht zustande gekommen. Und dann gab es ja noch die Bundeswehr, die ein Gebäude auf dem Gelände bis Mitte 2020 weiter nutzen möchte.

Hinzu kommen diverse Einzelheiten, wie beispielsweise die Altlasten. Was ist zu erwarten? Entsprechende Gutachten wurden erstellt und alles wurde ins Vertragswerk aufgenommen. Mit großen Überraschungen ist aber nicht zu rechnen.

Und was wird das Ganze kosten? Darüber schweigen momentan Bund und Land noch. Der Preis soll irgendwann öffentlich werden, aber vorerst gilt es, noch ein paar Hürden zu nehmen. "Unsere Finanzen sind auf eine gute Basis gestellt", sagt Tobias Butsch, Geschäftsführer der Konversionsgesellschaft, die die Fläche erwerben und erschließen wird.

Nun kann begonnen werden: Noch in diesem Jahr sollen im nördlichen Bereich Bagger, Kräne und Lastwagen zu sehen sein. Die ersten Grundstücke sollen im Herbst auf den Markt kommen. Dann werden Schritt für Schritt die 14 Hektar in ein neues Stadtviertel umgewandelt.

Rückblick – die Hiobsbotschaft: Lange halten sich Gerüchte, dass der Donaueschinger Militärstandort bedroht ist, doch am 31. Oktober 2013 dann die Schreckensnachricht. Der französische Staat muss sparen und zieht seine Soldaten aus Donaueschingen ab. "Für die Stadt ist das eine riesige Zäsur", sagt Bürgermeister Bernhard Kaiser. Rund 800 Soldaten, 150 Angestellte im zivilen Sektor und rund 1000 Familienangehörige sind davon betroffen. Dadurch würden rund 14 Hektar Infrastruktur plötzlich leer stehen. Eine große Herausforderung für die Stadt, die zu diesem Zeitpunkt auch noch ohne OB ist. Trotzdem wird schnell gehandelt. Schon fünf Tage nach der Hiobsbotschaft zeigen Gemeinderat und Verwaltung ihren Gestaltungswillen. Ein Konversionsprozess wird geplant, mit dem die Fläche, die den Franzosen Heimat war, in ein neues Stadtviertel umgewandelt wird.

Der Abschied: Am 23. August paradieren die Soldaten des seit 1964 in Donaueschingen präsenten 110. französischen Infanterieregiments ein letztes Mal durch die Stadt. Es wird ein bewegender Abschied, denn aus den ehemaligen Besatzern waren längst Freunde geworden, und mittlerweile war man stolz auf das kleine "Frankreich", das nur einen Schritt über die Straße zu finden war.

Die Planungen: Der Schock weicht der Hoffnung. Nun wird in der brachliegenden Fläche die Chance gesehen, ein neues Stadtviertel zu schaffen. Als Startschuss findet am 12. Juli die erste von zwei Zukunftswerkstätten statt. Bürger liefern kreative Ideen, Perspektiven und Anregungen. Die Erarbeitung eines Rahmenplanes wird an vier Stadtplanungsbüros vergeben. Am 14. September 2015 wird der Siegerentwurf gekürt.

Die Notunterkunft: Und dann kommt die Flüchtlingskrise. Das Land in der Not, die vielen Menschen unterzubringen, richtet seinen Blick auf Donaueschingen und die leer stehenden Gebäude. Am 31. August reisen 450 Asylbewerber in sechs Bussen an. Die Zahlen steigen. Zu Spitzenzeiten sind bis zu 2700 Flüchtlinge in dem Bereich untergebracht. Land, Regierungspräsidium und Stadt haben anfangs ein Kommunikationsproblem. Im Rathaus ist man nicht wirklich informiert und immer wieder gibt es neue Überraschungen.

Die Freigabe: Lange fordert die Verwaltung klare Zusagen vom Land: Wann wird das Gelände freigegeben, und wann kann der Konversionsprozess beginnen? Die Antwort lässt auf sich warten, doch am 16. November 2016 ist es so weit. Das Land gibt das Areal bis Mitte 2020 schrittweise frei. Im nördlichen Bereich kann sogar schon mit der Umsetzung der Planungen begonnen werden.

Der Zeitplan: Auch wenn das Gelände jetzt im Besitz der Stadt ist, wird es noch lange dauern, bis der Konversionsprozess abgeschlossen ist, denn die 14 Hektar Fläche sollen schrittweise erschlossen werden. Begonnen wird im nördlichen Zipfel, wo noch in diesem Jahr die ersten Bagger zu sehen sein sollen. Dort ist eine Wohnbebauung geplant. Der untere Bereiche, in dem auch die unter Denkmalschutz stehenden Kasernengebäude zu finden sind, wird als Letztes in Angriff genommen.