Im Verwaltungsgebäude der sogenannten vorläufigen Unterbringung in der Friedhofstraße unterhält sich Gabi Lendle mit Heimleiter Bernd Klostermann. Foto: Roland Martin Foto: Martin

Interview Heimleiter der Flüchtlingsunterkünfte muss organisieren und spontan sein. Lob an tolles Team.

Donaueschingen - Im April 2015 trat Bernd Klostermann seine Stelle als Heimleiter an. Im Gespräch schildert er, wie sein Alltag in der vorläufigen Unterbringung des Landkreises für Flüchtlinge aussieht.

Herr Klostermann, was umfasst Ihre Tätigkeit als Heimleiter für die Flüchtlinge?

Meine Aufgaben umfassen viele Bereiche. Grundsätzlich bin ich unter der Beachtung verschiedener Kriterien dafür verantwortlich, dass alles, was den Aufenthalt der Flüchtlinge hier betrifft, gut strukturiert und organisiert wird. Dazu gehören die Zugangsplanung, Absprachen mit dem Regierungspräsidium und den Kollegen, die Organisation der Anfahrt mit Bus/Zug, das Erstellen des Belegungsplanes unter Beachtung von Nation sowie Religion, Aufnahmegespräche, Wohnraum-Zuweisung, das Erklären wichtiger Hinweise (Hausordnung und so weiter) sowie die Kontakte mit Ausländeramt, Landratsamt, Stadtverwaltung und Behörden zu pflegen. Dabei kommt mir meine Ausbildung zum Betriebswirt sehr zu Gute. Denn neben Konfliktmanagement und dem Erarbeiten von langfristigen Lösungen für beide Parteien, täglicher Aufgabenverteilung an den Hausmeister und die Verwaltungskraft, Überprüfung der Unterkünfte auf bauliche Veränderungen und Gefahrenquellen gehören auch das Führen personenbezogener Daten der Flüchtlinge, das Überprüfen ihrer Aufenthaltspapiere und die Organisation und Planung des finanziellen Bedarfs in meinen Aufgabenbereich. So bin ich auch für die 14-tägige Taschengeld- und die Postausgabe verantwortlich.

Das hört sich nach einem gut gefüllten Arbeitstag aus. Was kommt noch hinzu?

Wir pflegen eine enge Zusammenarbeit mit dem DRK-Sozialdienst, der die Flüchtlinge hier betreut. Zudem halte ich noch Sprechstunden für die Heimbewohner ab, die dann mit ihren Sorgen und Nöten zu mir kommen. Darüber hinaus helfe ich bei der Planung und Durchführung von Anschlussunterbringungen.

Als Sie im April 2015 ihre Arbeit hier aufgenommen haben, waren Sie mit diesen vielen Aufgaben stark gefordert. Wie haben Sie das bewältigt?

Die Stelle wurde frisch eingerichtet und man musste alles neu aufbauen, strukturieren und organisieren. Anfangs waren mein Kollege Roland Martin, mit dem ich schon in der französischen Garnison jahrelang zusammengearbeitet habe, und ich allein da. Inzwischen wurde hier eine Verwaltung mit einem Sekretariat, Sozialbetreuung, Schulräumen für Sprachunterricht, einem Spielzimmer für Kinder und ein Job-Center mit Sprechzeiten eingerichtet. In unserem Verwaltungsgebäude in der Friedhofstraße 14 arbeitet auch unser Teamleiter Bernd Rist, der Ehrenamtskoordinator Ludwig Winter sowie Walter Reuter, der die Anschlussunterbringung organisiert. Und am Mittwoch hält Viktoria Dingis vom Ausländeramt hier ihre Sprechstunde ab. Diese gute und zentrale Bündelung aller Aufgaben sowie die kurzen Wege erleichtern die Arbeit hier ernorm. Unser Verwaltungsgebäude zu dem auch ein Besprechungszimmer gehört, ist einmalig bei der Heimunterbringung im Landkreis.

Wie gestaltet sich bei diesem umfangreichen Management Ihr Arbeitsalltag?

Jeder Tag sorgt für neue Herausforderungen und Überraschungen und ist daher nie Alltag. Jeder neue Tag gestaltet sich anders, deshalb sind Organisationstalent und Spontaneität gefragt. Heute muss ich zum Beispiel einen Tunesier im Landkreis unterbringen, der nicht in unsere Struktur in Donaueschingen passt, da bei uns keine Tunesier untergebracht sind. Wir müssen ja die Menschen so unterbringen, dass möglichst ein harmonisches Zusammenleben stattfindet. Es ist nicht immer einfach, den verschiedenen Bedürfnissen der vielen Einzelpersonen nach zu kommen, denn müssen wir auch die unterschiedlichen Religionen berücksichtigen. Die Anforderungen sind täglich neu und anders.

Wer hilft Ihnen bei diesen schwierigen Aufgaben?

Die Arbeit hier funktioniert nur im Team. Die Zusammenarbeit mit unseren Vorgesetzten und Sachbearbeitern im Landratsamt, unserem Heimleiter und Hausmeister, dem Sekretariat sowie der Sozialbetreuung vom DRK funktioniert bestens. Wir ziehen alle für das gleiche Ziel an einem Strang. Ich kann mir kein besseres Team vorstellen.

Aus welchen Ländern kommen die Menschen und wie verständigen Sie sich mit ihnen?

Die Flüchtlinge kommen aus Pakistan, Afghanistan, Irak, Indien, Gambia, Eritrea, Somalia, Nigeria, Kamerun, Algerien, Syrien und dem Kosovo. Wir verständigen uns hauptsächlich auf Englisch, aber auch auf Französisch, das ich durch meine langjährige Tätigkeit in der Garnison recht gut kann. Wenn es ins Detail geht haben wir in Roland Martin und Michael Bekic zwei gute Übersetzer und etliche der Flüchtlinge sprechen schon etwas Deutsch.

Wie viele Flüchtlinge leben hier in den ehemaligen Soldatenwohnungen und im Sternensaal?

Aktuell leben hier 209 Personen, zum größten Teil alleinstehende Männer, aber auch sechs Familien mit rund 25 Kindern. Bei voller Auslastung können in Donaueschingen 295 Personen untergebracht werden, was aber noch nie der Fall war. Der Landkreis betreut insgesamt zwölf Heime an verschiedenen Standorten. Sie kommen aus der Landeserstaufnahmeeinrichtung und sind längstens 24 Monate bei uns.

Wie gestaltet sich der Alltag für diese Menschen?

Viele betätigen sich mit gemeinnützigen Aufgaben in unseren Unterkünften, manche gehen in die Schule, nehmen an Sprach- und Integrationskursen teil oder haben einen Praktikumsplatz in hiesigen Betrieben gefunden. Einige haben sogar schon einen Arbeitsplatz. Etliche sind in Vereinen aktiv, wie unsere Gambianer. Sie sind leidenschaftliche Fußballspieler und verhelfen dem einen oder anderen Verein sogar zu sportlichen Erfolgen.

Gibt es häufig auftretende Probleme?

Die positiven Rückmeldungen und Erfolge überwiegen. Mich freut es wenn einzelne Flüchtlinge mir freudig zuwinken und grüßen. Wir haben zum Beispiel ein super Green-Team, das selbstständig und hoch motiviert unsere Außenanlagen pflegt und sauber hält. Dazu ist zu bemerken, dass hier ganz normale Menschen mit ihren alltäglichen Problemen leben. Sie haben ihre Heimat verloren, sind mit einer fremden Sprache und Kultur konfrontiert und müssen sich erst zurecht finden. Es gibt bei uns nicht mehr Probleme als im Zusammenleben mit anderen Menschen. Und wenn welche auftreten, kommt uns unsere Ausbildung zur Konfliktbewältigung und die Sozialbetreuung zu Hilfe.  

Zur Person

Bernd Klostermann ist Hüfinger und lebt auch in seiner Heimatstadt. 15 Jahre lang arbeitete er als Schreinermeister im Handwerkerteam der französischen Garnisonen in Donaueschingen und Villingen. Nach Auflösung der Garnisonen ergriff er eine Fortbildungsmaßnahme zum Betriebswirt im Managementzentrum der Handwerkskammer. Anschließend bewarb er sich beim Landratsamt als Heimleiter für die Unterbringung von Flüchtlingen und Asylsuchenden in Donaueschingen und erhielt sofort eine Zusage.