Kaserne und Ehrenamt haben das Limit erreicht / Weiteres Militärgebäude soll zur Unterkunft werden
Donaueschingen (mp). Nahezu täglich erreichen einen die Meldungen, dass weitere Flüchtlinge nach Deutschland kommen. Rund 5800 sind alleine in dieser Woche in Baden-Württemberg angekommen.
Und gestern vermeldete das Ministerium für Integration, dass nochmals 450 Asylsuchende in Donaueschingen untergebracht werden. Zu Beginn der Woche war die Kaserne an der Friedhofstraße mit 920 Flüchtlingen bereits ihrer maximalen Auslastung nahe. Laut Niklas Träscher vom Regierungspräsidium Freiburg sei bei derzeitiger Belegung noch Platz für 80 Flüchtlinge. Seit gestern wissen die Verantwortlichen, dass mehr kommen. Der Bund hatte angedacht, die ehemaligen Soldatenwohnungen oberhalb der Lyautey-Kaserne zur Verfügung zu stellen. In diesen 90 Wohnungen hätten rund 500 Asylbewerber Platz. Wie das Regierungspräsidium am Abend mitteilte, sei eine Unterbringung in einer ehemaligen französischen Kaserne vorgesehen.
Personalmangel: Der Flüchtlingsstrom stellt alle Beteiligten vor eine riesige Herausforderung, die bislang durch ehrenamtliche Hilfe gestemmt werden konnte. Doch die Kapazitäten sind nicht mehr groß. Ehrenamtliche Hilfe aus der Bevölkerung benötigt professionelle Anleitung. Und diese wird zunehmend knapper. Das bestätigt auch Markus Adler, Pressesprecher des Regierungspräsidiums Freiburg: "Das RP muss sich anders aufstellen. Wir holen Pensionäre zurück, weil wir einen personellen Notstand haben." Einer von ihnen ist Hans-Peter Röltgen. Seit dieser Woche ist er zurück im Dienst und für die bedarfsorientierte Erstaufnahmestelle (Bea) in Donaueschingen zuständig. Röltgen ist eigentlich seit über zwei Jahren Pensionär. Die außergewöhnliche Situation erfordert jedoch unkonventionelle Maßnahmen. "Ich bin sozusagen rekrutiert worden", sagt er.
Niklas Träscher versucht die Schwierigkeiten mit der Unterbringung der Flüchtlinge zu erklären: "Für das vergangene Wochenende waren uns im Vorfeld 125 Asylbewerber aus Ellwangen angekündigt worden. Hinzu kamen am selben Wochenende noch 77 unangemeldete Flüchtlinge über München nach Donaueschingen." Diese Kurzfristigkeit erfordere schnelles Handeln und ließe kaum Zeit, die Bevölkerung vorab zu informieren. Und genau das war gestern auch wieder gefordert. "Der aktuelle Stand ist, dass im Normalzustand noch 80 Flüchtlinge aufgenommen werden könnten. Alles Weitere erfordert das Umschalten auf den ›Katastrophenmodu‹', wie es Regierungspräsidentin Bärbel Schäfer ausgedrückt hat", sagte Niklas Träscher am Dienstag in dieser Woche. Das bedeutet: Kommen noch mehr Flüchtlinge, müssten die Betten wie bei einer Turnhallenbelegung aneinander gestellt werden. Möglicherweise umgeht der Bund dieses Prozedere nun, indem er die Soldatenwohnungen als Unterkünfte hinzuzieht. Denn die Kaserne ist nach Angaben von Träscher "am Limit".
Hilfe vor Ort: Doch nicht nur das Regierungspräsidium ist in diesen Wochen gefordert. Auch das Deutsche Rote Kreuz, das die Aufnahmestelle medizinisch betreut, kann seit Wochen nur noch reagieren. Geschäftsführer Michael Herresbach und sein Team haben mittlerweile Erfahrung mit Flüchtlingen. Sie waren sowohl bei den Anfängen in Villingen-Schwenningen im Einsatz, als auch jetzt in Donaueschingen. "Anfangs war alles sehr unstrukturiert und die Aufgaben waren nicht unbedingt nach den Stärken der Helfer verteilt." Heute sei klar, dass die einen Aufgaben beispielsweise das THW übernimmt und wir vom DRK uns auf den humanitären Auftrag konzentrieren."
Räumliche Auslastung: Das In der Kaserne in Donaueschingen leben mehrere hundert Menschen auf engsten Raum zusammen. Und es muss mit der Aufnahme von weiteren Flüchtlingen gerechnet werden. Kann das aus gesundheitlicher, oder hygienischer Sicht ein Problem werden? Herresbach sieht da weniger das Problem. "Die mangelnden sanitären Einrichtungen in den Kasernengebäuden lassen sich organisatorisch regeln. Wir sehen das doch auch bei Festivals. Wenn man beispielsweise Duschzeiten für Männer und Frauen festlegt, kann man problemlos hunderte Personen aneinander vorbei bringen."
Das Risiko einer Überbelegung sieht der DRK-Geschäftsführer aber im Miteinander. "Wenn so viele Menschen tagtäglich aufeinander sitzen, wenn so gut wie keine Privatsphäre möglich ist, dann reißt irgendwann der Geduldsfaden. Das ist vollkommen menschlich und würde uns auch so gehen." Ob sich das vermeiden lässt, sei bei der Zahl an Flüchtlingen, die bald täglich nach Deutschland einreisen, allerdings mehr als fraglich.
Personelle Grenzen: Für Herresbach stößt allerdings nicht nur die Unterkunft an der Friedhofstraße an ihre Grenzen. Auch die Ressourcen der ehrenamtlichen Helfer werden knapp. "Die Bereitschaft war von Anfang an groß und ist es auch heute noch. Aber wir müssen höllisch aufpassen, dass das nicht kippt." Das Ehrenamt sei grundsätzlich sehr gefordert, unabhängig vom Thema. Und die Flüchtlingssituation sei eine besonders große Herausforderung.
"Der Bogen der Hilfsbereitschaft darf nicht überspannt werden. Für das Familienleben unserer Helfer und der unserer Ortsvereine ist das Engagement anstrengend und sogar eine Belastung." Da sei es der falsche Weg, darauf zu bestehen, dass Helfer einen Urlaub absagen oder ähnliche Dinge. "Wir helfen alle gerne, aber auch wir kommen langsam an die Grenzen der personellen Kapazität und unseres Leistungsvermögens."