Günther Reichelt, der als streitbarer Baar-Professor betitelte Naturforscher und -schützer, feiert heute seinen 90. Geburtstag. Foto: Faigle Foto: Schwarzwälder-Bote

Porträt: Günther Reichelt wird heute 90 Jahre alt / Streitbares Engagement für Natur und Umwelt

Günther Reichelt zählt seit fünf Jahrzehnten zu den markanten Persönlichkeiten der Stadt.

Donaueschingen. Sein energischer, unermüdlicher und wohlbegründeter Einsatz für den Schutz von Natur und Umwelt haben ihm den Ruf des ersten Grünen der Baar eingebracht. Zugleich gilt er als streitbarer Gelehrter und unbeugsamer Geist. Heute feiert er im Familienkreis seinen 90. Geburtstag.

Am 26. Oktober 1926 im niedersächsischen Schladen geboren, studiert Reichelt von 1946 bis 1951 an den Universitäten von Göttingen und Freiburg Biologie, Chemie und Geografie. In diese Zeit fällt seine erste Begegnung mit der Baar: Im Sommer 1948 führt ihn eine Radtour in den Hüfinger Wald mit seinen Orchideen, zur Wutachschlucht und zur "Warmen Steig" bei Geisingen, dem Steppenheidegebiet unterhalb des örtlichen Steinbruchs.

Ab 1951 arbeitet der 25-Jährige in den Bereichen Ökologie und Pflanzensoziologie am damaligen Forschungsinstitut für Höhenlandwirtschaft in Donaueschingen und anschließend ab 1954 zehn Jahre lang als Lehrer an Gymnasien in Donaueschingen, Freiburg, Baden-Baden und Villingen. Daneben erwirbt er 1960 an der Universität Freiburg den Titel eines Doktors der Naturwissenschaften; seine entsprechende Arbeit befasst sich mit geologischen Erscheinungen im Hotzenwald.

1964 wird Reichelt Fachleiter und ab 1970 Professor für Biologie am Seminar für Studienreferendare in Rottweil. Mit dem Professoren-Titel werden die außergewöhnlichen Leistungen Reichelts für die Wissenschaft und deren Vermittlung gewürdigt. 1988 geht er als Ausbilder von Gymnasiallehrern in den Ruhestand. Das umfangreiche Verzeichnis seiner Veröffentlichungen umfasst heute annähernd 160 Titel. Sein jüngstes Werk ist ein gut 70 Seiten umfassender Beitrag "Zur Naturschutzgeschichte in Baden" in dem im Januar 2016 erschienenen Werk "Naturschutz in Baden", das der ehemalige Freiburger Regierungspräsident Sven von Ungern-Sternberg für den Landesverein Badische Heimat herausgegeben hat.

Das nebenberufliche Engagement Reichelts im Dienst der Natur und ihres Schutzes auf der Baar reicht bis 1959 zurück, als er für rund zwölf Jahre als Naturschutzbeauftragter im ehemaligen Landkreis Villingen tätig wird. 1964 beginnt im Verein für Geschichte und Naturgeschichte der Baar eine Ära: Günther Reichelt wird zum Vorsitzenden der Abteilung Naturgeschichte gewählt und bleibt es bis 1978. Das aufwändige und anspruchsvolle Geschäft des Schriftleiters für die "Schriften der Baar" erledigt er gar von 1964 bis 2005. Reichelt wird zum Ehrenmitglied ernannt. Nur drei Jahre später tritt er aus dem Baarverein aus und zieht damit für sich einen Schlussstrich unter vereinsinterne Unstimmigkeiten der grundsätzlichen Art.

Vielfältige Aktivitäten entfaltet Reichelt in den 1970er-Jahren, die im Verbund mit Gleichgesinnten schließlich zur Gründung des BUND führen. 1983 wird er erster Vorsitzender des Landesnaturschutzverbandes Baden-Württemberg. In den heimischen Regionen äußert er sich über Jahrzehnte vehement etwa zum Waldsterben, zum Ausbau der Bundesstraßen 27 und 31 oder zur Ansiedlung des Lidl-Zentrallagers, aber auch zur Bedrohung der Artenvielfalt durch großflächigen Maisanbau.

Die Lebensleistung von Günther Reichelt verdient hohen Respekt, die regionale Strukturpolitik verdankt ihm unzählige mahnende und produktive Impulse. Menschen wie Reichelt prägen unsere Gesellschaft.

Günther Reichelt (Text) und Walter Gruber (Fotos), Malerische Baar, Konstanz 1990

Günther Reichelt, Baartage. Beobachtungen und Bilder, Donaueschingen 2008

Günther Reichelt, Baarwanderungen. Streifzüge durch Landschaft und Kultur, 2. überarbeitete und erweiterte Auflage, Donaueschingen 2010. Die Titel sind zu beziehen bei Morys Hofbuchhandlung, Karlstraße 53.