Sie gehen gemeinsam auf Innovationswalz (von links): Lukas Werb, Alexander Kaiser und Philipp Bürk werden die Möglichkeiten, virtuelle Realität im Bildungssystem einzusetzen, hinaus in die Welt tragen. Foto: Jakober Foto: Schwarzwälder-Bote

Bildung: Philipp Bürk, Alexander Kaiser und Lukas Werb gehen mit virtueller Realität auf Weltreise

Sie haben seit ein paar Monaten ihr Abitur in der Tasche und wollen die Welt bereisen: Doch im Gegensatz zu vielen Gleichaltrigen wird es keine Spaßreise und auch nicht das beliebte Work-and-Travel.

Donaueschingen (jak). Philipp Bürk, Alexander Kaiser und Lukas Werb packen die virtuelle Realität in einen Koffer und werden sie in Europa und den USA an Bildungseinrichtungen präsentieren.

Ihr Ziel: Diskussionen anstoßen und auch das Bildungssystem revolutionieren. Erfahrungen, wie die virtuelle Realität in den Unterricht eingebaut werden kann, haben die drei Abiturienten am Fürstenberg-Gymnasium gesammelt, wo sie den Cyber-Classroom nicht nur im Unterricht kennengelernt haben, sondern auch in einer Arbeitsgruppe mit dem St. Georgener Unternehmen Imsimity, das den Cyber-Classroom entwickelt hat, an dessen Optimierung gearbeitet haben. In dieser Zeit haben sie sich ein Wissen angeeignet, das sie nun in die große, weite Welt hinaustragen wollen.

"Uns ist allen klar, dass in den kommenden Jahr etwas im Bildungssystem geschehen wird. Nun kann man 50 Konferenzen machen und darüber diskutieren, oder man kann es einfach ausprobieren und testen, was funktioniert", sagt Mario Mosbacher, Schulleiter des Fürstenberg-Gymnasiums. Ganz wie früher die Glasbläser- oder Uhrmacherkunst werden die drei Abiturienten nun wieder eine Technologie aus dem Schwarzwald hinaus in die Welt tragen. Ganz wie es Handwerker auf ihrer Walz tun. Auf ihrer Reise werden sie nicht nur andere Bildungseinrichtungen wie Schulen und Universitäten besuchen und dort anderen jungen Menschen von ihre Erfahrungen berichten, sondern auch Unternehmen und Entscheidungsträger werden sie auf ihrer Route besuchen. So ist beispielsweise ein Besuch im Bundestag, geplant oder über den ehemaligen Donaueschinger Stadtpfarrer Hans-Peter Fischer haben sie auch eine Einladung in den Vatikan erhalten. "Nur eine Weltreise zu machen ist langweilig", sagt Lukas Werb. Herausforderungen warten auf die Drei einige: Präsentationen halten, nicht nur in der Muttersprache, sondern auch auf Englisch, Gleichaltrigen etwas vermitteln und gleichzeitig auch mit Entscheidungsträgern diskutieren, oder einfach nur die Frage, wie große Datenmengen aus dem Ausland hochgeladen werden können, denn natürlich soll die Innovationswalz auch im Internet verfolgt werden können.

"Das ist viel spannender als nur eine Weltreise", so Werb. Work-and-Travel war auch für Alexander Kaiser keine Alternative: "Da macht man ja meist nur triviale Arbeiten, wir können Diskussionen anstoßen und auch etwas verändern." Dabei steht nicht rund um die Uhr Arbeit an: "Wir werden auch die unterschiedlichen Kulturen in den Ländern kennenlernen", sagt Philip Bürk.

Los geht die Reise für die Drei am 17. Oktober mit ihrem offiziellen Auszug aus Donaueschingen. Am 22. Oktober wird das Projekt dann groß auf der Frankfurter Buchmesse präsentiert. Möglich macht das Martin Zimmermann, Geschäftsführer von Imsimity, der die Innovationsbotschafter unterstützt. Schon bei der Entwicklung des Cyber-Classroom hat er gemerkt, dass die Meinung der Pädagogen und der jungen Leute maßgeblich ist. "Wir sind Technologen. In der Arbeitsgruppe wurden uns von den Lehrern und den Schülern oft Ideen und Ansätze aufgezeigt, die den Unterricht mit dem Cyber-Classroom besser und lebenswirklicher machen", sagt Zimmermann.

Wenn Philipp Bürk, Alexander Kaiser und Lukas Werb zu ihrer Reise aufbrechen, werden sie auch eine einfache Variante des Cyber-Classroom im Gepäck haben. Dazu gehören ein Laptop, ein Beamer und 3D-Brillen. So kann die einfach an jeder weißen Wand eine virtuelle Realität erzeugt werden, über die 3D-Brillen erhält die Projektion ihre Dreidimensionalität. Die Anwendungen: Begonnen hat Imsimity mit Unterrichtsmaterial für Fächer wie Mathematik, Biologie, Chemie und Physik, in denen abstraktes Vorstellungsvermögen nötig ist. So gibt es beispielsweise die Möglichkeit, sich das menschliche Ohr von innen zeigen zu lassen und so aus allen möglichen Perspektiven nachzuvollziehen, wie Hammer, Amboss und Steigbügel bei Tönen reagieren und wie leise und laute Töne über die Hörschnecke an das Gehirn weitergegeben werden. Oder wie der chemische Aufbau von verschiedenen Kunststoffen aussehen.

Imsimity: Das St. Georgener Unternehmen Imsimity hat sich auf Virtual Reality (Darstellung und gleichzeitige Wahrnehmung der Wirklichkeit und ihrer physikalischen Eigenschaften in einer in Echtzeit computergenerierten, interaktiven virtuellen Umgebung) und Augmented Reality (Überblenden der Realität mit zusätzlichen Informationen wie beispielsweise Pokémon Go) spezialisiert. Anfangs war die teure Technik nur für Unternehmen erschwinglich. "Durch einen Auftrag für den Europapark habe ich aber das Leuchten in den Augen der Kinder und Jugendlichen gesehen, als sie unsere Technik ausprobiert haben", sagt Geschäftsführer Martin Zimmermann. Seine Idee, auch seine Techniken an die Schulen zu bringen, erwies sich allerdings als nicht so einfach. "Der Gedanke, dass ein Gespräch mit dem Kultusministerium genügt, war recht naiv", so Zimmermann. Mittlerweile wird das Cyber-Classroom am Fürstenberg-Gymnasium, am Gymnasium St. Georgen, am TG Schwenningen und vielen Bildungseinrichtungen im Ruhrgebiet verwendet.