90 Prozent der Gebäude in Tuningen sind ans Glasfasernetz angeschlossen. Bürgermeister Jürgen Roth, seit 2003 im Amt, konnte über Erfolge reden. Drei Millionen Euro wurden in Tuningen investiert, seit 2011 wurde an dem Projekt gearbeitet. Foto: Schwarzwälder-Bote

Kongress: "Smart und erfolgreich" auf dem Weg in die Zukunft / Richtige Weichenstellungen und Ausbau der Infrastruktur gefragt

Der ländliche Raum auf dem Weg in die Zukunft und zwar "smart und erfolgreich": Rund 180 Teilnehmer eines Kongresses, der gestern in den Donaueschinger Donauhallen stattfand, sind optimistisch, dass das machbar ist. Es braucht dafür nur die richtigen Weichenstellungen und die richtigen Ansätze für den Ausbau der Infrastruktur.

Schwarzwald-Baar-Kreis. Selbstbewusstsein erzeugen: Mit dieser Formel würzten Dieter Teufel, Präsident der IHK Schwarzwald-Baar-Heuberg, und Peter Hauk, Minister für den Ländlichen Raum in Baden-Württemberg, den Start der Tagung mit positiven Tönen. Der Anschluss an leistungsfähige Glasfasernetze, so Hauk, "ist genauso wichtig wie die Versorgung mit Strom und Wasser". Teufel erinnerte den Gast aus dem Neckar-Odenwald-Kreis daran, dass für den Schwarzwald-Baar-Kreis der Ausbau der Gäubahn nach wie vor dringlich sei. "Wir haben sie ja wieder im vordringlichen Bedarf, auch wenn der Geldbeutel der Politik häufig zubleibt."

Digitalisierung im Kreis

Bürgermeister Jürgen Roth, Tuningen, und Landrat Sven Hinterseh hatten reichlich Zuhörer in der nachmittäglichen Gruppensitzung im Strawinsky-Saal. Sie stellten die Vorreiterrolle des Schwarzwald-Baar-Kreises bei dem mit Nachdruck und hohem Tempo verfolgten Ansatz zur Breitbandverkabelung dar. So werden bis zum Jahr 2025 insgesamt 250 Millionen Euro in eine Gesamtinvestition fließen, um die Breitbandversorgung des Landkreises zu stemmen: 80 Ortsteile, 55 000 Gebäudeanschlüsse und 102 000 Haushalte werden in wenigen Jahren über eine Glasfaser-Infrastruktur verfügen, schildert Hinterseh die Aufgabe des vor wenigen Jahren gegründeten Zweckverbandes Breitbandversorgung.

Jürgen Roth ließ keinen Zweifel daran, dass der kommunale Ansatz zukunftsfähig sei. Alles, so die Forderung der Bürger, müsse da sein, der Arzt, der Apotheker, der Lebensmittelhändler, Schule, Läden und Rathaus. Dies alles spiele sich in Zukunft digital ab, glaubt Roth: "Wenn wir nicht aufpassen werden wir zur Schlafgemeinde, Begegnungsstätten fehlen, das Leben der Vereine komme zum Erliegen." Der Arzt bekomme über den Bildschirm alle Werte des Patienten, die Kamera beim Pflegedienst helfe zur Diagnose, die Notfallpraxis werde ihre Sonntagsdienste reduzieren. Dazu müsse man aber eine große Bandbreite vorhalten, um Daten abzufragen, und dazu sei dann auch ein hohes Tempo der Datenleitungen nötig. "Dann werden wir genauso schnell wie der Ballungsraum, das bleibt der Schlüssel für den ländlichen Raum", ist Roth sicher.

Der ländlicher Raum stirbt nicht aus: Roland Scherer, der an der Universität St. Gallen das Forschungszentrum Regionalwissenschaft leitet, hieb in die gleiche Kerbe. Es sei "ein Märchen und ein Mythos, dass nur die Metropolen wachsen", vielmehr zeige sich an der Schweiz, dass sich der ländliche Raum gut entwickle. Voraussetzung sei aber der Aufbau einer leistungsfähigen Infrastruktur auf dem Land, eine optimale Erreichbarkeit der großen Zentren, ein starker produzierender Sektor mit hohem Export und eine wachstumsorientierte Regionalpolitik des Staates. Scherer lenkte den Blick darauf, dass die Überalterung der Gesellschaft viel stärker unter wirtschaftlichen Gesichtspunkten gesehen werden muss. "Uns gehen die Arbeitskräfte aus, das könnte auch dazu führen, dass der Tourismus am Bodensee in seiner Entwicklung bedroht wird", sagte der aus Markdorf am Bodensee stammende Experte.

Zukunft der Familienunternehmen ist das Thema von Peter Bartels aus Hamburg. Er sieht fünf Modelle, die für die Zukunft der Unternehmen wichtig seien. Digitale Technologie, die die Produktion unterstütze. Vor allem gehe es aber darum, die Kunden stärker in den Blick zu nehmen: Unternehmen, die mit Daten und Sensoren zum Beispiel die Reparatur von Maschinen beim Kunden einleiten oder Kundenprofile nutzen, um Fehler zu erkennen, wenn die Kaffeemaschine am Morgen nicht läuft, und kurzfristig Ersatz liefern. "Zahntechniker wird man in zehn Jahren nicht mehr brauchen", sagt Bartels, der 3-D-Drucker nehme diese Arbeit ab, so der Blick in die Zukunft. Natürlich wisse man nicht, ob dies alles so kommen werde, es gehe aber darum, die Entwicklung offen zu beobachten und "diese digitale Plattformen zu besetzen, bevor es jemand anders tut", so der Referent.