Sandra Reiner aus Wolterdingen lässt beim Carving-Schnitzen die Späne fliegen. Gutes Augenmaß erforderlich.
Donaueschingen-Wolterdingen - Sie schnitzen Adler, Bären, Bänke, und wenn sie ihre Motorsäge ansetzen, fließt dabei auch mitunter schon mal der eigene Schweiß über die Stirn.
Wenn Künstler wie "woodfriend", "sauensaeger" oder "Bär", die sich in einschlägigen Foren und bei Treffen über Tipps zur Carvingausrüstung oder über Holzkunde austauschen, dann verstehen Laien meist nur Husqvarna, Stihl oder ¼-Zoll-Teilung mit geteiltem Zahndach und damit eigentlich nur Bahnhof. Eine, die hier seit einem Jahr in der Männer-Dömäne fachsimpeln kann und dabei auch schon von sich reden gemacht hat, ist die Wolterdingerin Sandra Reiner (40), die zuletzt auf der Fürstlichen Weihnachtswelt Einblicke in die filigrane Arbeit der Skulpturensäger demonstrierte.
Zupacken heißt es auch in diesem Jahr wieder für die gelernte Krankenschwester und Mutter, die jetzt bei den ersten Sonnenstrahlen im Gewerbegebiet Wolterdingens ihr Freiluft-Atelier eingerichtet hat und ihre kleine wie handliche Akku-Säge 436 Li eines schwedischen Herstellers sich giftig an der gut acht Zentimeter tiefen Eichenplatte in die letzten Kurven eines Namenszuges beißen lässt. Das geht, wenn die Kinder versorgt sind, der Haushalt gerichtet ist, sagt Sandra Reiner. "Das hat er nun davon", mag sie im Stillen denken – eingepackt in dicker in moderner Schnittschutzhose, Helm und Ohrenschützer. Denn eine Sägeausrüstung, die ihr ihr Mann im vergangenen Sommer zum Geburtstag einschließlich eines Kurses geschenkt hat, war der Auslöser für dieses ungewöhnliche Hobby, das sie gepackt hat und seitdem zu immer neuen Ideen anspornt.
Bislang hatte sie beim Brennholz machen das Asten übernommen und zunächst gedacht, es handle sich um ein Arbeitsgerät für die gemeinsame Waldarbeit. Doch beim Auspacken stellte sie rasch fest, dass hierzu kaum ein schlankes Carving-Schwert ohne Umlenkrollen (Kettenführungen) und mit einer extremen Spitze, 64 Treibgliedern (32 Zähne) benötigt wird. Diese Sägen sind eher für kunstvolle Schnitzarbeiten ausgelegt.
Als Kind hatte sie bereits schon gemalt, und damit nun konnte sie sich künstlerisch wieder voll ausleben, wenn auch auf einer anderen Art. Waren es zunächst noch kleine Figuren wie ein Schwein oder ein Hahn, an denen sie sich versuchte und die danach immer größer wurden, kamen im vergangenen Jahr erste Auftragsarbeiten wie die hölzerne Stehle zur Sauschwänzlebahn in Blumberg oder gerade das Firmenschild aus Eiche für einen Wolterdinger Forstbetrieb hinzu.
Derzeit steht ein 1,85 Meter hoher Bär bei ihr im Vorgarten und wartet auf einen Käufer.Die Sägekünstlerin ist nun mit Beginn der wärmeren Jahreszeit im Freigelände in Wolterdingen beinahe täglich anzutreffen, und selbst im Winter gibt es keine Ruhepause. Es sei denn, dass durch den Frost die Stämme gefroren sind und damit eine Bearbeitung unmöglich wird. Doch Holz ist nicht gleich Holz. Meist verwendet sie Eichenholz, aber auch Obsthölzer wie Apfel, Kirsche, Mammutholz, Nussbaum, Esskastanie, Ulme, Linde, Lärche und Zeder. Für große Skulpturen sei Pappelholz geeignet.
Im Juni zum Divisional Chainsaw Sculpting Championship Oregon
Vom 12. bis 15. Juni ist die Teilnahme am Oregon Divisional Chainsaw Sculpting Championship (USA) bereits gebucht. Es ist der größte "chain saw carving"-Wettbewerb der Welt. Wie beim deutschen Speedcarving, bei dem aus einem Baumstamm eine Skulptur innerhalb von 45 Minuten entstehen soll, geht hier in 60 Minuten ebenfalls im Wettlauf mit der Uhr zur Sache. "Wir sind wie eine kleine Familie", freut sich die 40-Jährige auf das Treffen. Auch Neid oder Missgunst bei der Suche nach Auftragsarbeiten seien ein Fremdwort, im Gegenteil. Man schanze sich den einen oder anderen Auftrag schon mal über Facebook zu. Der nächste Auftritt von ihr erfolgt vom 11. bis 13. April auf der Forst-Live in Offenburg.
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