Banner der Bürgerinitiative "Gegenwind Straubenhardt" bei einer Veranstaltung auf dem Dobel. Foto: Markus Kugel

Verwaltungsgericht lehnt Eilantrag der Nachbargemeinde Dobel gegen erteilte Genehmigung ab. Wohl nicht Existenz als Tourismusstandort gefährdet.

Dobel/Straubenhardt - Das Landratsamt Enzkreis erteilte mit Bescheid vom 16. Dezember 2016 der Wirsol Windpark Straubenhardt GmbH & Co.KG eine immissionsschutzrechtliche Genehmigung zur Errichtung und zum Betrieb von elf Windenergieanlagen auf dem Gebiet der Gemeinde Straubenhardt. Gleichzeitig ordnete das Landratsamt die sofortige Vollziehung der Genehmigung an, sodass Widerspruch und Klage einem Baubeginn nicht entgegenstehen. Der geplante Windpark befindet sich teilweise unmittelbar an der Gemarkungsgrenze der Gemeinde Dobel.

Die Gemeinde Dobel legte am 19. Januar Widerspruch gegen die Genehmigung ein und beantragte am 26. Januar vor dem Verwaltungsgericht Karlsruhe die Gewährung von Eilrechtsschutz.

Elf Anlagen

Zur Begründung trägt sie im gerichtlichen Verfahren vor, der Windpark mit elf Windenergieanlagen beeinträchtige sie insbesondere in ihrem Selbstverwaltungs- und Selbstgestaltungsrecht massiv, sodass sie ein erhebliches Interesse habe, die Errichtung und den Betrieb des Windparks zu verhindern. Über den Widerspruch hat das zuständige Regierungspräsidium Karlsruhe bislang nicht entschieden.

Mit Beschluss vom 27. Juni hat die 9. Kammer des Verwaltungsgerichts Karlsruhe den Antrag der Gemeinde Dobel abgelehnt. Der Antrag sei zulässig, aber unbegründet. Zur Begründung führt der Beschluss laut Pressemitteilung des Verwaltungsgerichts Karlsruhe aus, die Abwägung der widerstreitenden Interessen falle zu Lasten der Gemeinde Dobel aus; denn bei summarischer Betrachtung bestünden keine ernstlichen Zweifel, dass die angefochtene Genehmigung ihre Rechte nicht verletze. Bei dieser Sachlage wäre es unbillig, die Windpark-Gesellschaft an deren sofortigen Ausnutzung zu hindern.

Eine Verletzung von Rechten, die dem Schutz der Gemeinde Dobel dienten, liege aller Voraussicht nach nicht vor. Die Antragstellerin als Gemeinde könne sich nur auf eine Verletzung von Rechten berufen, die sich aus der gemeindlichen Selbstverwal-tungsgarantie ergäben, und die Ausfluss ihres zivilrechtlich geschützten Eigentums seien.

Sie sei insbesondere nicht befugt, Belange ihrer Bürger, wie Lärmschutzinteressen, oder den Schutz vor visuellen Beeinträchtigungen geltend zu machen beziehungsweise die Unvereinbarkeit des Vorhabens mit den Belangen von Natur und Landschaft ge- richtlich überprüfen zu lassen. Weder Verfahrensvorgaben bei der Erteilung der im- missionsschutzrechtlichen Genehmigung noch materielle Vorschriften zum Schutze der Antragstellerin seien voraussichtlich verletzt worden.

Insbesondere sei die Gemeinde nicht in ihrer verfassungsrechtlich abgesicherten Planungshoheit verletzt. Dies sei nur der Fall, sofern eine eigene hinreichend bestimmte Planung der Gemeinde vorliege und die Störung nachhaltig sei, also unmittelbare Auswirkungen gewichtiger Art auf ihre Planung habe.

Die Planungshoheit der Antragstellerin sei hier gewahrt, weil in den von ihr benannten beplanten Gebieten (unter anderem das einer Kurklinik) die einschlägigen Immissionsrichtwerte nicht überschritten würden. Denn es seien bei genehmigungsmäßigem Betrieb der Windenergieanlagen keine schädlichen Lärmimmissionen auf diese Gebiete zu erwarten. Zudem würden in den Nebenbestimmungen zur immissionsschutzrechtlichen Genehmigung sowohl Höchstgrenzen für den Schallleistungspegel des Windparks festgesetzt als auch auf die Einhaltung der Lärmrichtwerte hingewiesen.

Teilweise versetzt

Auch das Selbstgestaltungsrecht der Antragstellerin sei nicht verletzt. Die Windenergieanlagen befänden sich zwar teilweise direkt an der Gemarkungsgrenze zur An- tragstellerin, vom Ortsrand seien sie jedoch mindestens 1450 Meter entfernt. Dass die Errichtung der Windenergieanlagen eine grundlegende Veränderung der städtebauli- chen Struktur der Antragstellerin bewirke, die die übrige Bebauung dominiere, oder dass durch sie ein optischer Riegel geschaffen würde, sei nicht erkennbar. Die bloße Sichtbarkeit vom Ortsrand führe für sich genommen zu keiner erheblichen Beein- trächtigung des Ortsbildes.

Allein die Tatsache, dass die Windenergieanlagen ange- sichts ihrer Größe markant in Erscheinung träten, rechtfertige nicht den Schluss, sie wirkten verunstaltend. Bei der Landschaft um die Gemeinde Dobel handele es sich zum geplanten Standort des Windparks hin im Wesentlichen um eine typische bewaldete ruhige Mittelgebirgslandschaft. Besonders hervortretende landschaftliche Merkmale fänden sich hier nicht.

Keine der elf geplanten Anlagen sei in voller Größe vom bebauten Gemeindegebiet der Antragstellerin sichtbar. Die Anlagen stünden aufgelockert und teilweise versetzt hintereinander. Auch werde die Sichtbeziehung vom Aussichtsturm Dobel in die Rheinebene und zu den Vogesen und in Richtung Kraichgau und Odenwald nicht beeinträchtigt. Auch werde die Antragstellerin voraussichtlich nicht in ihrer Existenz als Tourismusstandort gefährdet; denn es sei nicht ersichtlich, dass das Vorhaben die Leistungsfähigkeit der durch den Fremdenverkehr geprägten Gemeinde massiv und nachhaltig verschlechtere.

Schließlich werde die Gemeinde Dobel voraussichtlich nicht in ihrem zivilrechtlich geschützten Eigentum verletzt. Die Außenbereichsgrundstücke in ihrem Eigentum seien bezüglich der Lärmimmissionen nicht schutzwürdig, da sich auf ihnen Perso- nen allenfalls nur vorübergehend aufhielten. Die weiteren sechs unbebauten Grundstücke im Gemeindeeigentum befänden sich in einem Gewerbegebiet. Dort sei nicht mit schädlichen Umwelteinwirkungen in Form von Lärm zu rechnen; Beeinträchtigun- gen durch Schattenwurf kämen aufgrund der Entfernung von circa 1600 Meter nicht in Betracht.

Übringes: Der Beschluss vom 27. Juli ist nicht rechtskräftig. Die Antragstellerin kann dagegen binnen zwei Wochen ab Zustellung beim Verwaltungsgerichtshof Baden-Württemberg in Mannheim Beschwerde einlegen.