Nach dem Dokumentarfilm wurde diskutiert. Auf dem Podium: Lorena Müllner, Andreas Reichstein, Andreas Kubesch, Lutz Hermann Seán McGinley und Norbert Weiser, sowie Christopher Schaack (von links). Foto: Helbig Foto: Schwarzwälder-Bote

Asyl: Diskussionsrunde nach Dokumentarfilm / Rund 45 Teilnehmer / Bürgermeister ist Moderator

Anlässlich des Weltflüchtlingstags hat der Dobler Arbeitskreis Asyl den Dokumentarfilm "Deportation Class" gezeigt, der die Praxis einer Sammelabschiebung in Deutschland nachzeichnet.

Dobel. Der Film ist darauf angelegt, Emotionen zu wecken – entsprechend betroffen meldeten sich viele der rund 45 Teilnehmer in der folgenden Diskussionsrunde zu Wort.

Kein Verständnis

Die meisten von ihnen sind, wie man hörte, in der Flüchtlingshilfe engagiert. Sie bringen kein Verständnis dafür auf, wenn Menschen, um die sie sich ehrenamtlich jahrelang gekümmert haben, und die bestens integriert sind, aufgrund von starren Vorschriften in Nacht- und Nebelaktionen abgeschoben werden. Auch die Einrichtung von Abschiebegefängnissen stieß auf heftige Kritik. Zumal Personen, gegen die sich die Maßnahmen richteten, entweder gar nicht für die Behörden greifbar seien, oder von den Herkunftsländern einfach nicht zurückgenommen würden.

Als Gesprächspartner standen die Calwer Bundestagskandidaten Andreas Kubesch (Bündnis 90/Die Grünen), Lorena Müllner (Die Linke), Lutz Hermann (FDP) sowie Andreas Reichenstein vom SPD-Kreisverband Calw, Seán McGinley vom Flüchtlingsrat Baden-Württemberg und Sozialdezernent Norbert Weiser vom Landratsamt Calw zur Verfügung.

Gute Arbeit bescheinigt

Die Moderation hatte der Dobler Bürgermeister Christoph Schaack, der eingangs betonte: Der Arbeitskreis Asyl habe eine gute Arbeit gemacht. Rund 70 Flüchtlinge lebten in der Erstaufnahme ohne größere Probleme. Bei einigen in der Anschlussunterbringung gebe es Probleme mit Straffälligkeit. Bei Abschiebung stelle sich die Frage, "wo fange ich an – und wenn ja, wie soll das gehen". Müllner bekräftigte ein ganz klares Nein zur Abschiebung. Besonders in der im Film gezeigten Form. Eher solle man auf freiwillige Rückkehr setzen und den Menschen vor Ort eine Perspektive bieten. Die Linke distanziere sich auch von Abschiebehaft. "Menschen, die aus Armut zu uns kommen, gehören nicht ins Gefängnis."

Reichstein sah das anders. Wenn Geflüchtete straffällig würden, sei eine Grenze erreicht. Mehrfachtäter müsse man abschieben. Aber in gewisse Länder wie Afghanistan sei Abschiebung nicht der richtige Weg. Kubesch pochte auf das deutsche Asylverfahren. Abschiebung müsse sein, wo das Asylrecht nicht greife. Aber er denke nicht, dass man das Mittel der Abschiebehaft brauche – da komme man an die Grenze des Menschlichen. Im Übrigen forderten die Grünen seit Langem ein Einwanderungsgesetz. Hermann plädierte ebenfalls für ein Einwanderungsgesetz, um qualifizierte Zuwanderung zu ermöglichen. Dass man Menschen, die schon Jahre hier leben und arbeiten würden, abschiebe, sei eine Schande. Und keinesfalls dürfe in Länder wie Afghanistan abgeschoben werden. McGinley sagte, man mache es sich sehr einfach, wenn man sage, bei der Abschiebung würden nur politische Vorgaben umgesetzt. Tatsache sei, dass die viel diskutierte Obergrenze durch die Hintertür erreicht werde, indem unsichere Länder zu sicheren Herkunftsstaaten erklärt würden.

Für das Landratsamt bekräftigte Weiser, es gebe keine Flüchtlingskrise. Er habe schon 1985 die erste Flüchtlingswelle erlebt. Das Landratsamt sei für die Unterbringung zuständig und das habe man zusammen mit den Gemeinden gut hingekriegt. Es müsse aber Konsens sein, dass Menschen, die mehrfach straffällig geworden seien und keinerlei Interesse an Integration zeigten, auch abgeschoben werden könnten.

Schaack betonte, eine Abschiebung nach Afghanistan sei angesichts der dortigen Lage ein Unding. Straffälligkeit sei ein anderes Problem. Aber es sei auf jeden Fall problematisch und unklug, Leute, die sich bestens hier integriert hätten, abzuschieben.