Lieblingsausgleich für den Mechatronik-Professor (in Gelb-Blau): Fußball spielen bei den Sportfreunden. Foto: Gegenheimer Foto: Schwarzwälder-Bote

Karriere: Mike Barth als junger Professor mit Region verwurzelt

Dobel. Promovierter Maschinenbauingenieur und Hochschulprofessor mit Anfang 30, Höchstleistung in Forschung und Entwicklung der Technik zur Vernetzung von industrieller Produktion und moderner Informations- und Kommunikationstechnik – sowie zugleich fest verwurzelt in Region und Heimatort, familiären und Vereinsstrukturen – geht das zusammen? Wenn man Mike Barth kennt: ja.

Aufgewachsen in Dobel und bis auf wenige Jahre Unterbrechung dort ansässig, entspricht er nicht dem Typ Professor, wie man ihn vielleicht von früher kennt. Er ist locker, kommt unkompliziert, bodenständig rüber, mit einem ansteckenden Lachen. Aber auch: mit einem unbändigen Wissensdrang und Energie vor allem, aber nicht nur für sein Wissensgebiet.

Kontakt nicht verloren

Aufgewachsen als Sohn eines Dobler Elektromeisters, war Barth – "seit ich laufen konnte" – mit dem Handwerksbetrieb auf Baustellen. Daher entschied er nach der Mittleren Reife an der Realschule in Straubenhardt und dem Abitur am Technischen Gymnasium in Ettlingen: "Von Elektrik weiß ich schon viel, also studiere ich jetzt noch Maschinenbau!" Die junge Fakultät für Technik an der Hochschule Pforzheim, damals noch Fachhochschule, begeisterte ihn mit Team und Ausstattung. 2002 begann er als Maschinenbaustudent – und heute, 15 Jahr später, arbeitet er mit seinen damaligen Professoren auf Augenhöhe als "Prof" zusammen – ist mit ihnen per du.

"Schon spannend", kommentiert er grinsend, aber es sei auch "alles immer ziemlich gut gelaufen" für ihn. Das Masterstudium in Produktentwicklung mit Vertiefungsrichtung "Entwicklung mechatronischer Systeme" und die Masterthesis 2007 am Fraunhofer IPA Stuttgart, die wissenschaftliche Mitarbeit am Institut für Automatisierungstechnik der Helmut-Schmidt-Universität Hamburg einschließlich Promotion 2011, zwei Jahre bei der ABB AG in Ladenburg – und schließlich die Berufung zum Professor für Automatisierungstechnik und Engineering mechatronischer Systeme an der Technischen Fakultät der Hochschule Pforzheim.

Da grätscht die Heimatverwurzelung ein in die akademische Karriere – mit Vorteil für Barth: Nie hatte er den Kontakt zur Hochschule verloren, immer einmal Lehraufträge angenommen. Ehefrau Christine, studierte Informatikerin, hatte sich die Rückkehr ins Süddeutsche außerdem gewünscht.

Die direkte Heimatregion war idealer Zentralpunkt, als sich nun außerdem Tochter Romy ankündigte. Erstaunlich bei allem beruflichen Höhenflug die Aussage Barths: "Die Familie ist das Wichtigste."

Das Paar kam zurück nach Dobel, fand einen geeigneten Bauplatz, baute sich ein Haus. "Die Elektrik habe ich zusammen mit meinem Vater komplett alleine verlegt", erklärt Barth. Wieso gerade in Dobel? "Man braucht nur aus dem Fenster zu schauen", zeigt er den unverbaubaren Blick zu den bewaldeten Nordschwarzwaldhängen. "Mountainbike fahren mit meiner Frau und Schlittenfahren für die Kinder im Winter, das sind hier echte Pluspunkte." Dafür gibt’s einen Kuss von der vierjährigen Romy, die die ganze Zeit geduldig auf Papas Schoß sitzt.

Fußball als Ausgleich

Zurück zum Grätschen: Fußball spielen ist der Lieblingsausgleich des Hochschulprofessors. Von Kindesbeinen an bei den Sportfreunden Dobel kickend, bis zum zwischenzeitlichen Umzug nach Hamburg in der ersten Mannschaft aktiv, beschränkt er sich seit der zurückliegenden Saison auf Einsätze bei der Zweiten und den Alten Herren: "Jetzt bin ich immerhin 36!" Aber: "Den Freiluftsport und das gesellige Vereinsleben schätze ich", so Barth, der seine Funktion im Verein ernst nimmt, aber auch einfach gerne mal "mit den Menschen nebenan, die ich lange kenne, über Dobler Themen" redet.

Sein Terminkalender an der Hochschule ist voll. Zumal seit er, beginnend mit dem aktuellen Semester und 24 Masterstudenten, Studiengangleiter des neu installierten Masterstudienganges Mechatronische Systementwicklung (MMS) ist, den er selbst mit Team und Inhalten ausgestattet und zur Akkreditierung geführt hat.

Wie groß die Nachfrage nach Plätzen ist, zeigt ein Beispiel: "Ein Ingenieur kam direkt von Bosch aus Australien eigens für den Masterstudiengang hierher." 18 Semesterwochenstunden umfasst Barths Regeldeputat einschließlich Betreuung von Arbeiten der Bachelor- und Masterstudenten.

Die Hälfte seines Auftrags an der Hochschule sei Forschung, freut sich der junge Professor, es gebe vielfältige Kooperationsprojekte auch mit Unternehmen aus der Region. Wie Witzenmann oder die ib company in Pforzheim, die OTEC Präzisionsfinish in Straubenhardt, die Koch pac-Systeme in Pfalzgrafenweiler, MartinMechanic in Nagold, Schmalz Vakuumtechnik in Glatten oder die Berthold Technologies in Bad Wildbad. Forschungskooperationen – vielfach "Hidden Champions", also Marktführer in ihrer Branche oder Sparte – schafften eine Win-Win-Situation: Studenten und regionale Wirtschaft profitierten früh voneinander, die Absolventen von morgen könnten Mitarbeiter von übermorgen werden.

Praxisbezug, so Barth, sei auch von ihm als Lehrendem gefordert. Er ist bestens vernetzt, unter anderem im Fachausschuss des VDI, Verein Deutscher Ingenieure, aktiv. Demnächst, erzählt er, steht noch ein Flug nach China auf dem Programm: Anbahnung einer Kooperation zwischen Pforzheim und einer chinesischen Hochschule. Trotz Internationalität sei jedoch das Einzugsgebiet "seiner" Hochschule vor allem die Region und die große Herausforderung, auch in Zusammenarbeit mit der IHK, Absolventen hier zu halten.

Sinnhaftigkeit hinterfragen

Mit dem MMS-Masterstudiengang hat der junge Professor "ein wichtiges Etappenziel erreicht", wie er wohl formuliert, "Intensivierung der Forschung, mehr Kooperation mit Unternehmen sind weitere Ziele".

Persönlich gibt er zu, schon ein bisschen ein "Technik-Nerd" zu sein. Stolz führt er seine "Alexa" (sprachgesteuerte digitale Assistentin) vor, die die Raumtemperatur im Zimmer auf Spracheingabe hin verändert. Und erklärt seinen intelligenten Thermostaten, der die am häufigsten manuell eingestellte Raumtemperatur "erlernt". Aber: "Ich hinterfrage dabei immer Sinnhaftigkeit und Praxisnähe."