Am Mittwoch fällt am Landgericht Tübingen das Urteil in dem Dobeler Raubprozess. Der Anklagevertreter forderte fünf Jahre Haft für den 23-jährigen Täter. Foto: Stocker

Staatsanwalt fordert Gefängnisstrafe für Discounter-Raub in Dobel. Supermarkt-Kassiererin leidet bis heute.

Dobel/Tübingen - Ermittelnde Kripo-Beamte und auch der Staatsanwalt bescheinigten dem Angeklagten Kooperation und positive Präsentation. An den Auswirkungen, die sein Überfall auf den Discounter in Dobel hatte, ändert das gleichwohl nichts.

"Er ist kein schlechter junger Mann, er läuft halt manchmal aus dem Ruder", resümierte Staatsanwalt Nikolaus Wegele. Im Rahmen seines Plädoyers hielt er dem Angeklagten zugute, dass er geständig war und Reue zeigte. Dennoch begehe er immer wieder Straftaten, wie die zehn Vorstrafen zeigten, von denen sieben ähnlich des jetzt verhandelten Verfahrens waren. Außerdem hätten die Zeugenaussagen die Auswirkungen seines Handelns eindrücklich zutage treten lassen.

Am zweiten Verhandlungstag hatte nämlich die Nebenklägerin, die im September 2013 als Kassiererin das Opfer des Überfalls war, berichtet, dass sie arbeitsunfähig sei. Für die heute 25-Jährige war es der erste Arbeitstag in dem Markt gewesen, der ihr Leben regelrecht auf den Kopf stellte. Wie berichtet, hatte der Angeklagte ihr die Waffe an den Kopf gehalten, damit sie die Kasse öffne und zwischendurch eine Kundin bedroht, um den Druck zu erhöhen. Da sie mit dem System noch nicht vertraut war und aufgrund der Situation unglaublich nervös, klappte es erst mit Verzögerung. "Irgendwann zwischendurch muss ich den Alarmknopf gedrückt haben, aber das habe ich nicht wahrgenommen, sondern später durch die Polizei erfahren", erzählte sie von ihrem erlebten Alptraum, bevor sie sich dann unter der Kasse verkroch, bis Hilfe kam.

"Es ist schlimmer geworden seit ich ein Gesicht zu der Tat habe", berichtete die Geschädigte von mehreren Zusammenbrüchen, Panik vor Leuten, die sie nicht kennt, Angstzuständen und Schlafstörungen. So musste sie sich stationär in einer psychosomatischen Klinik auf den Prozess vorbereiten, nachdem sie vor dem ursprünglichen Termin im Herbst vergangenen Jahres, Bewegungsstörungen erlitt, also teilweise nicht mehr laufen konnte.

"Es ist schwierig zu begreifen, wie jemand zwei Menschen für ihr Leben so Schaden zufügen kann, dass ein ganzen Umfeld davon betroffen ist", sagte sie unter Tränen. "Es tut mir leid und ich hoffe, dass es sich für Sie wieder ändert", erklärte der 23-jährige Angeklagte.

Während der Sachverständige Laus Foerster die Bewegungsstörungen der Geschädigten nicht als typische Symptome so genannter posttraumatischer Belastungen erkannte, mahnte er eine dringende Behandlung des Angeklagten wegen ADHS an. "Dieses Aufmerksamkeits-Defizit-Hyperaktivitäts-Syndrom wurde bereits in Kindertagen diagnostiziert, aber nicht zufriedenstellend behandelt und ist ursächlich für aggressive Verhaltensmuster, innere Unruhe und unkontrollierte Wutanfälle", erklärte Foerster zudem einen Zusammenhang mit der Tat. Es werde medizinisch-therapeutisch nicht einfach, den Angeklagten zu behandeln, aber Einschränkungen von Steuerungs- und Schuldfähigkeit sehe er nicht.

Die Erkenntnis, dass etwas schief läuft, wenn die Struktur nicht stimme, äußerte auch Verteidiger Hans-Christian Wolf: "Ich habe Angst, dass er sich ein Leben im Gefängnis einrichtet, wie man da hin kommt, weiß er ja." Der Verteidiger warb deshalb um die Einstufung eines minder schweren Falles und somit einem Strafmaß zwischen drei und vier Jahren, damit der Angeklagte über eine Ausbildung die Brücke schlagen könne. Staatsanwalt Wegel hatte indes fünf Jahre Haft gefordert, dem sich Nebenklagevertreter Michael Schilpp anschloss. Am Mittwoch wird die Vorsitzende Richterin der 1. Großen Strafkammer, Maria-Anna Schmid, das Urteil verkünden.