Foto: Schwarzwälder-Bote

Mundart: Kabarett: Als der Wurstsalat ausgeht, macht Sabine Essinger noch lange nicht Schluss

Viel und herzhaft haben die Besucher beim Auftritt der schwäbischen Mundartkabarettistin Sabine Essinger im Bürgersaal in Rotenzimmern gelacht.

Dietingen-Rotenzimmern. Die Freunde der schwäbischen Comedy amüsierten sich köstlich. Durch das ständige Schlüpfen der einzigen Akteurin in unterschiedliche Rollen war der Abend für die Zuhörer äußerst kurzweilig.

Der Saal war voll, die Besucherresonanz übertraf mal wieder die Erwartungen des Veranstalters. Das eingeplante Essen (Wurstsalat) war schon vor der Pause verspeist. Zum Leidwesen so mancher hungriger Mäuler.

Das extrem vorsichtige Kalkulieren der Ortsgruppe des Albvereins beim Essen böte auch Stoff für die künftigen Auftritte der Kabarettistin. Vielleicht, wer weiß, wird Essinger bei einer ihrer nächsten Veranstaltungen von der Bühne lästern: "Lieber 30 Portionen Wurstsalat weniger verkaufen, als dass 100 Gramm von dem köstlichen schwäbischen Vesper übrig bleiben. So sind sie halt, die sparsamen Schwaben: No nix verkomme lasse."

Doch nichts für ungut, ihr lieben, fleißigen und treuen Helfer von der Rotenzimmerner Albvereinsgruppe. Ihr versteht ja Spaß. Ohne Euch gäbe es solche Veranstaltungen nämlich nicht. Dafür gebührt Euch ein großes Kompliment.

Und dass wiederum so viele Gäste kommen würden, damit konnte das Organisationsteam um Thomas Maier und Bernhard Müller – er selbst musste den Heimweg auch mit knurrendem Magen antreten – nach dem Vorverkauf nicht rechnen.

Mit Sabine Essinger – sie hat schon mehr als 30 Jahre Bühnenerfahrung und war über Jahrzehnte Hauptbestandteil der schwäbischen, satirischen, literarischen Kabarettgruppe "Neue Museumsgesellschaft" – landeten die Rotenzimmerner mal wieder einen Volltreffer. Essinger präsentierte sich in ihrem Programm "Standing owehchens" als echte Verwandlungskünstlerin.

In rasantem Tempo wechselte sie ihre Rollen. Sie griff kurz in die gut bestückte Perückenkiste hinter den Kulissen, warf sich ein markantes Kleidungsstück über, veränderte auf einen Schlag die Gesichtsmuskulatur und sprach plötzlich einen anderen Dialekt oder artikulierte sich spontan in eine anderen Sprachform wie der Babysprache. Das gelang ihr mit spartanischen Mitteln, ohne einen einzigen Pinselstrich einer Maskenbildnerin.

Die Eigenheiten weiblicher, schwäbischer Wesen aus gleich vier Generationen charakterisierte die Kabarettistin treffend. Kein Schwaben-Klischee wurde ausgelassen. Das gesamte Genre des Humors, mal feinsinnig, staubtrocken, dann wieder schwarz, zynisch und fast sarkastisch, kam in ihren lustigen Rollenspielen zum Ausdruck. Dabei hielt sie den Frauen, aber auch den Männern, einen Riesenspiegel vor das Gesicht. Viele Besucher hätten sich darin erkennen müssen.

Mit Dudelsack und Kittelschürze marschierte sie ein und spielte dabei das Lied "I wenn i Geld gnug hät" an. Das Publikum durfte danach bei den veränderten Strophen den Schlusssatz mitsingen und entscheiden: entweder "Des duat weh" oder "Des isch schö". Reimtechnisch passte es ja immer. Je nach Geschlecht oder Herkunft fielen die Antworten unterschiedlich aus.

Die Künstlerin – sie gewann bereits 1982 den baden-württembergischen Kleinkunstpreis und hat badische Wurzeln – wechselte in den Dialekten Schwäbisch und Badisch. Zudem bewies sie, dass für sie der schwäbische Leitspruch "Wir können alles außer Hochdeutsch" nicht gilt. Zum Brüllen die Lobeshymne einer jungen, hochdeutsch sprechenden Mutter einer Stillgruppe, die sich zur Entwicklung ihres hochbegabten und motorisch schon weit entwickelten Säuglings äußerte.

Selbstironie inklusive

Das galt auch für die Beobachtungen von "Oma Fleischle", die mit dem Fernglas die aufgehängte Wäsche der Nachbarin unter die Lupe nahm und daraus Schlüsse auf das hygienische Verhalten sowie auf deren Aktivitäten im Schlafzimmer zog.

Musikalisches Talent bewies die Mundartkabarettistin bei ihren Ausflügen in die Welt des französischen Chansons à la Edith Piaf (Akkordeon) oder in die Szene des kurpfälzischen Blues der erst kürzlich verstorbenen Mannheimer Sängerin Joy Fleming (mit der plüschverzierten E-Gitarre).

Was Essinger so sympathisch und authentisch erscheinen ließ: Sie sparte sich selbst bei ihren detaillierten Betrachtungen der Seele der Schwäbin nicht aus. Essinger nahm sich auch selbst auf die Schippe. So erläuterte sie recht offen das Entstehen ihrer einzelnen "Bauch-Jahresringe".