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Antrag von "Baulog Stuttgart 21" im November gestellt / Niveau steigt an manchen Stellen um drei bis vier Meter

In den Dietinger Gipssteinbruch rollen seit dem Jahre 2015 die Lastkraftwagen. Obwohl das ursprüngliche Bodenniveau längst erreicht ist, wird weiter verfüllt.

Dietingen. Die Recherche um den Dietinger Gipssteinbruch gestaltet sich als denkbar aufwendig. Die Unterlagen liegen verstaubt im Archiv, sagte Hauptamtsleiter Matthias Barth, Zeitzeugen können sich nur noch vage an den Verlauf erinnern, und über die neue Entwicklung wurde bislang hinter verschlossenen Türen verhandelt.

Laut den Angaben des Landratsamtes Rottweil begann der Abbruch im Jahr 1977 auf einer Fläche von etwa 4,8 Hektar. In den kommenden 30 Jahren wurde der Abbruch von unterschiedlichen Unternehmen durchgeführt, während zwischenzeitlich eine weitere Erweiterung des Gipsbruchs um 4,57 Hektar genehmigt worden war. Etwa zehn Jahre lag das Gelände dann brach.

Start im Jahr 2015

Damals sei von einer Auffülldauer von knapp 30 Jahren ausgegangen worden, da "vergleichsweise wenig geeignetes Material zur Verfügung" gelegen habe, bis der Gipssteinbruch ab dem Jahr 2015 von der Firmengruppe Gfrörer mit Stuttgart-21-Material befüllt wurde.

Mittlerweile ist der Gipssteinbruch nahezu voll und schon längst über das ursprüngliche Niveau gewachsen, erzählen verärgerte Bürger. Versprochen worden sei, den Charakter der Landschaft wieder herzustellen, sagen sie, und nun werde hinter verschlossenen Türen sogar darüber verhandelt, weiter aufzufüllen.

Die neue Berglandschaft würden sie sogar hinnehmen, was sie aber verärgere, dass Dietingen die Last zu tragen habe, aber keinerlei wirtschaftliche Vorteile daraus ziehe. Der Vorwurf ist nicht neu. Als der Gipsbruch an die Firma Gfrörer verkauft worden sei, hätte auch die Gemeinde Dietingen zuschlagen können, wurde damals argumentiert. Das sei versäumt, aber nie erläutert worden, und seither bleiben der Gemeinde nur der Verkehrslärm und ein Ausgleichshabitat, das aus ihrer Sicht nicht seine Funktion erfülle.

Nach ihrer Wahrnehmung rollen an manchen Tagen bis zu 150 Lastkraftwagen im Fünf-Minuten-Takt zum Gipssteinbruch hoch, berichten die Bürger. Weitaus stärker betroffen als Dietingen-Ort ist jedoch Böhringen. Während die Lastkraftwagen direkt nach dem Dietinger Ortseingang links Richtung Gipssteinbruch abbiegen, durchfahren sie in Böhringen die Ortsdurchfahrt.

Böhringer Befindlichkeiten

Wie Böhringens Ortsvorsteher Detlef Langrock in der jüngsten Dietinger Gemeinderatssitzung berichtete, auch zu sehr frühen Morgenstunden (4.30 Uhr). Mit offenem Fenster sei da an Schlaf nicht mehr zu denken. Die Bürger hätten ein Recht, über die Maßnahme informiert zu werden. Insbesondere über die noch anhaltende Dauer der Verfüllung und deren Vorteile für die Gemeinde.

Langrock selbst weiß freilich Bescheid. Wie alle Gemeinderäte wurde er von der Verwaltung informiert. Allerdings bislang nichtöffentlich, da die Tücher über die vertraglichen Abstimmungen noch nicht absolut trocken wären, erläuterte Hauptamtsleiter Matthias Barth.

Der Chef des Unternehmens, Erhard Gfrörer, gewährte auf Nachfrage aber Einblick. Durch die Übernahme der alten Verträge habe sein Unternehmen den Anspruch erworben, noch Jahre (laut Gfrörer annähernd zehn) im Gipssteinbruch abzubauen. Nach Einspruch der Gemeinde sei am runden Tisch eine Einigung erzielt worden.

Er, Gfrörer, verzichte auf einen weiteren Abbruch, könne dafür aber im Gegenzug noch ein weiteres Jahr Stuttgart-21-Material nach Dietingen liefern. Die Behörde gehe von zwei bis drei Jahren aus. Im November 2016 habe die Firma "Baulog Stuttgart 21" die Änderung des Geländemoduls und die Rekultivierung im Landratsamt beantragt.

Befüllt werde dann auch das Feld rechts neben dem Gipsbruch, das Gerhard Schneider zur Verfügung stelle, wie Matthias Barth bestätigte. Insgesamt steige das Niveau dann an unterschiedlichen Stellen um etwa drei bis vier Meter. Befüller sei aber auch die Gemeinde Dietingen. Schon jetzt konnte der Aushub aus dem Baugebiet Stuckäcker im Gipssteinbruch kostenlos abgeladen und dadurch gespart werden. Zusammengefasst bedeute dies für die Gesamtgemeinde einen beachtlichen Vorteil, so Barth.

Das danebenliegende Habitat, das die Firma Gfrörer zum Ausgleich der Maßnahme angelegt habe, entspreche im Wesentlichen den Erwartungen der Unteren Naturschutzbehörde, informierte die Referentin des Landrats, Brigitte Stein. Es sei Monitoring vereinbart, um die Besiedlung und Entwicklung des Habitats mit Pflanzen und Tieren zu dokumentieren.

Nächster Bericht im Herbst

Der nächste Monitoringbericht werde gegen Ende der diesjährigen Vegetationsperiode vorliegen.

Übrigens: Derzeit rollen keine Lastkraftwagen nach Dietingen. Es werde im Wechsel auch in andere Steinbrüche geliefert, erläuterte Erhard Gfrörer. Die Verfüllung werde durch das Umweltschutzamt engmaschig überwacht. Bislang ohne jegliche Beanstandung, wie das Landratsamt bestätigte.