Der Hochbehälter bei Neukirch rückt bei der Rettung der Zweckverbands Wasserversorgung am Oberen Neckar in den Fokus. Foto: Schmidt Foto: Schwarzwälder-Bote

Wasser: Dietinger Gemeinderat spricht sich für Erhalt des 77 Jahre alten Zweckverbands aus

Dietingen atmet auf. Der Gemeinderat sprach sich für den Erhalt des Zweckverbands Wasserversorgung am Oberen Neckar (ZVON) aus.

Von Anja Schmidt

Dietingen. Dietingen steht wie eine Mauer hinter dem gebeutelten Verband: Bürgermeister Frank Scholz, die Räte und auch die Bürger, die mit ihrem Beifall deutlich ihre Meinung bekundeten. Keiner konnte sich damit anfreunden, dass mit einer Auflösung des Verbands ausschließlich Bodenseewasser (derzeit 50 Prozent) durch ihre Leitungen fließt und Neckarwasser nicht mehr genutzt wird. Doch der Konsens war zu Beginn der Sitzung nicht spürbar.

Zwar versicherte Scholz, dass er während der Sitzung den Hut als Vorsitzender des Zweckverbands ablege, doch seine Bemühungen, beide Seite zu betrachten, die Argumente für eine Auflösung des Zweckverbands und dagegen abzuwägen, sorgten für Verwirrungen und Vorwürfe.

Der ZVON bezieht sein Wasser von den Quellen bei der Neckarburg und versorgt etwa 13 000 Menschen. Mitgliedsgemeinden sind die Gemeinde Dietingen mit vier von fünf Ortsteilen, Lauffen ob Rottweil, Wellendingen-Ort, Rottweil mit vier Stadtteilen, Frittlingen und Zimmern unter der Burg. Gegründet wurde der Zweckverband 1928.

Eine grundlegende Sanierung der Leitungen und Hochbehälter wurde bislang aufgrund der guten Qualität des Wassers nicht für notwendig erachtet, war von einem profunden Kenner der Materie zu erfahren (der nicht am Dietinger Ratstisch sitzt). Außerdem stand der politische Wille der Mitgliedskommunen, so Scholz, die Bürger vor höheren Gebühren bewahren zu wollen, einer weitreichenden Sanierung entgegen.

Ein Versäumnis, das den Zweckverband inzwischen einholte: Ein notwendiges Investitionsvolumen von zwölf Millionen Euro türmte sich vor den Augen der Verwaltungsrats auf. Den Verband über eine Fusion mit der Bodenseewasserversorgung zu retten, das seit einigen Jahren Bodenseewasser ins Verbandsnetz einleitet, wurde im Frühjahr von der Bodenseewasserversorgung abgelehnt, erläuterte Scholz.

Die jüngste Botschaft aus dem Verwaltungsrat war für die Räte in Dietingen daher unmissverständlich: Es bleibe wahrscheinlich nur die Auflösung. Ein Zug, auf den Dietingen im Gegensatz zu Lauffen (der Deißlinger Gemeinderat hat sich bereits für eine Auflösung ausgesprochen) nicht aufspringen wollte. Ohne detaillierte Zahlen, Fakten und Hintergründe werden wir keine Entscheidung treffen, so der verärgerte Tenor der Räte.

Und Scholz wurde persönlich angegriffen, da er der Bitte um die Zahlen immer noch nicht entsprochen hatte. Köpfe wurden heftig geschüttelt, und das Gemurmel aus den Zuschauerrängen war ebenso eindeutig. Doch Scholz ließ sich nicht beirren. Bat weiter um Argumente für oder gegen eine Auflösung, da es für ihn nur ein Ziel gab: Alle Mitgliedsgemeinden müssten in ein Boot geholt werden, damit eine einvernehmliche Lösung gefunden werden könne.

Seinen Trumpf brachte er erst am Schluss der fast dreistündigen Sitzung auf den Tisch: die Betriebskosten-Rechnung des Verbandspflegers Hans Mauch. Er stellte sämtliche Investitionskosten für die Sanierung der Hochbehälter und das Leitungsnetz, die über ein Gutachten erstellt wurden, der möglichen Belastung für die Bürger gegenüber und stellte fest: Trotz des notwendigen Investitionsvolumen von zwölf Millionen Euro müssten die Gebühren kaum angehoben werden.

Möglich wäre dies, indem die Hochbehälter in Dietingen, Irslingen, Böhringen und Gößlingen stillgelegt und eine Ringleitung über den Hochbehälter in Neukirch geschaffen werde. Für die Verbindung, die in der Investitionssumme bereits berücksichtigt wurde, wäre die Verlegung einer neuen Leitung zwischen Böhringen und Gößlingen notwendig.

Als maßgeblich für das Gelingen nannte Mauch auch das lange Zeitfenster. Die Investitionen fallen nicht von heute auf morgen an. Die Qualität des Wassers sei nach wie vor gewährleistet, somit könne von einer Zeitschiene von 20 Jahren ausgegangen werden. Im Schnitt bedeute dies pro Jahr eine Finanzierung von 500 000 Euro.

Um die Kosten aufzufangen, stimmte der Gemeinderat einer erhöhten Verbandsumlage von 1,30 Euro auf 1,50 Euro zu. Ob die Kosten an die Bürger weitergegeben werden, blieb offen. Eine maßgebliche Erhöhung wäre aber auch dann nicht zu erwarten, sagte Mauch. Im Jahr rechnet Mauch mit einer Erhöhung pro Haushalt von etwa 28 Euro.

Ausgestanden ist die Dietinger Sorge um den Erhalt des Verbands damit aber nicht. Mit den Argumenten müssen noch die anderen Mitgliedsgemeinden überzeugt werden. In diesem Zusammenhang nimmt Scholz’ Bemühungen um eine "einvernehmliche Lösung" wieder Form an.

Bislang haben nur zwei Gemeinden einen Beschluss gefasst. Beide befürworteten die Auflösung. Deißlingen etwa zeigt Bestrebungen, Lauffen an ihre Wasserversorgung anzuschließen. Deißlingens Bürgermeister Ralf Ulbrich verfolgte Teile der Sitzung aufmerksam.

Will Lauffen allerdings aus dem Vertrag mit dem Zweckverband raus, müssten sie drei Viertel der Stimmen aus dem Verwaltungsrat auf sich vereinen. Insofern eine veraltete Regelung, da üblicherweise zwei Drittel der Stimmen genügen. Sollte es beim Erhalt bleiben, wäre ein Antrag auf Satzungsänderung daher denkbar.