Interview: Verfüllung von landwirtschaftlicher Fläche wirft trotz Amtsblatt-Information Fragen auf

Dietingen. Bürgermeister Frank Scholz informierte in der jüngsten Ausgabe des Dietinger Amtsblatts in einem längeren Textbeitrag über die Verfüllungen in Dietingen (wir haben berichtet). Dennoch stellen sich weitere Fragen für interessierte Bürger.

1) Wie kommt die statistische Berechnung mit vier Prozent mehr Verkehr für Böhringen an den Tagen mit den Transporten von Stuttgart-21-Material zustande?

2) Was ist die Bezugsgröße?

3) Gibt es eine Unterscheidung in Schwerlastverkehr und normalen Verkehr?

Ihre Fragen eins bis drei darf ich zusammenfassend beantworten. Im Bericht vom 3. August zur Stellungnahme des Gemeinderats zur geänderten Rekultivierung waren verschiedene der daraus erwachsenden Vor- und Nachteile für die Bürgerschaft und die Gemeinde benannt worden, die der Gemeinderat in seine Abwägung einbezog.

Die zentrale Aussage zum erhöhten Verkehrsaufkommen als Nachteil war, dass der Gemeinderat unabhängig von statistischen Zahlen und Vergleichen die Ortschaft Böhringen generell als mit Verkehr auf den drei dort kreuzenden Kreisstraßen belastet sieht und jeder einzelne zusätzliche Lkw im Gremium als Mehrbelastung wahrgenommen wird. Dies unter anderem auch wegen der Zeiten, an denen dieser Verkehr auftritt, wie teils am frühen Morgen.

Mit dieser zentralen Aussage dürfte unmissverständlich klar geworden sein, dass der Gemeinderat in seiner Abwägung nicht vermeintlich geringe statistische Auswirkungen, sondern vielmehr die Belange der Bürgerschaft im Blickpunkt hatte.

4) Wie viele Tonnen werden zusätzlich verfüllt?

Zur Frage vier nach der zusätzlichen Verfüllmenge stehen von verschiedenen Seiten verschiedene Angaben im Raum. Alle mögen je nach Bezugsgröße und Ausgangslage richtig sein. Ihre Zeitung hat meiner Erinnerung nach ebenfalls gewisse Zahlen genannt. Bitte haben Sie Verständnis, wenn die Gemeindeverwaltung deshalb dazu keine Aussage trifft.

5) Die Gemeinde will anscheinend das dann verfüllte Grundstück erwerben. Was will sie damit anfangen? Soll es ein Wohn- oder soll es ein Gewerbegebiet werden? Oder lediglich eine Fläche für landwirtschaftliche Nutzung?

Zum Grundstück ist festzuhalten, dass der erste Betreiber in den frühen 1970er-Jahren mit den Landwirten für die damals noch in etliche kleinere Flurstücke unterteilte Fläche Verträge abschloss, nach denen, nach Abbau und Rekultivierung, die Grundstücke innerhalb weniger Jahre an die damaligen Vertragspartner zurückgegeben werden sollten. Zwischenzeitlich sind mehr als vier Jahrzehnte vergangen und die Fläche hat mehrfach den Eigentümer gewechselt, wodurch auch ursprünglich zugesicherte Vertragsinhalte verloren gingen. Die Gemeindeverwaltung hat unter anderem diese Historie als Motivation gesehen, die Fläche zumindest in Gemeindeeigentum wieder in lokale Hände zurückzuführen.

Dies ist dann eine gute Voraussetzung, mit den örtlichen landwirtschaftlichen Betrieben die künftige landwirtschaftliche Nutzung abzustimmen. Die Gemeindeverwaltung hat sich im zurückliegenden Genehmigungsver-fahren auch dafür eingesetzt, das die Rekultivierungsflächen als Ackerland genutzt werden können.

Eine Überplanung als Wohnbaufläche oder als Gewerbegebiet ist im Gemeinderat nicht Gegenstand der Beratung gewesen.

6) Es ist in der Gemeinde ein offenes Geheimnis, dass der Gips im besagten Bereich nicht von guter Qualität sei. Es fand schließlich seit längerer Zeit kein Abbau mehr statt. Gibt es Ergebnisse von Probebohrungen?

Bisher liegt eine Genehmigung zum Gipsabbau vor, und im Regionalplan ist eine weitere angrenzende Fläche zur Rohstoffsicherung (Gipsstein) ausgewiesen. Der Abbau hätte deshalb noch sehr lange Zeit weiter betrieben werden können. Damit wäre die vom Gemeinderat im Rahmen der derzeit laufenden Flächennutzungsplanung gewünschte Entwicklung auf unabsehbare Zeit unmöglich geworden.

Zur Frage der Qualität müssten Sie mit Fachleuten sprechen. Verarbeitende Betriebe mischen aber manchmal verschieden Qualitäten, wenn das für ihr Produkt notwendig ist.

7) Der erste Gemeinderatsbeschluss fand Ihren Worten zufolge im Dezember 2016 statt, der zweite im Mai 2017. Warum zwei Beschlüsse? Den ersten Beschluss nur zu bestätigen, erscheint unlogisch. War der erste nicht rechtskräftig? Was hat sich geändert?

Nach der Vorinformation im September 2016 und der Stellungnahme vom Dezember 2016 hat sich ein Ratskollege etwa vier Monate später im April 2017 beim Landratsamt beschwert. Mit dem Kommunalamt wurde daraufhin abgestimmt, dass der Gemeinderatsbeschluss wiederholt wird, was im Mai 2017 erfolgte. Die Antwort auf Ihre Frage ist somit, dass sich an der Beschlusslage nichts geändert hat.

8) Was ist bei der Verfüllung der Senke in Dietingen anders zu beurteilen als in Böhringen bei "Holderäcker/Hinterm Hummelberg"? Beide Grundstücke liegen neben einem Bruch, der verfüllt wird.

Es ist in Erinnerung zu rufen, dass der Gemeinderat auf Empfehlung des Ortschaftsrats Böhringen für die Fläche "Hinterm Hummelberg" eine Verfüllung verfolgte, um auf der dann hergestellten Fläche technische Bauwerke wie ein Schuppenbaugebiet zu realisieren. Im Gegensatz dazu besteht für die Fläche in Dietingen eine Rekultivierungsverpflichtung, die der Betreiber nun in geänderter Form umsetzt.   Die Fragen stellte         Andreas Pfannes

Anmerkung der Redaktion: Auf den am Donnerstagnachmittag per E-Mail (das Interview wurde per E-Mail geführt) geäußerten Hinweis, dass es sinnvoll sei, konkreter auf die Fragen eins bis drei einzugehen, kam bis zum gestrigen Freitagabend keine Antwort des Bürgermeisters. Der Bitte nach keiner "zentralen Aussage" (diese wurde ja am 3. August getätigt), sondern nach detaillierten Aussagen, wie in den Fragen genannt, wurde also nicht entsprochen. Gleiches betrifft die Frage vier. Hier merkte die Redaktion an, dass es wünschenswert wäre, das Wissen der Gemeindeverwaltung der Bürgerschaft mitzuteilen.