Nach einem Stopp in Villingendorf geht es für die Wandertruppe weiter nach St.Georgen. (von links vorn): Angelina Weiß von der Schule fürs Leben, Lisa Marin Rojas aus Cali (Kolumbien), Spontan-Mitwanderer Maximilian Miller aus Siegen; hinten: Gastvater Rainer Engeser aus Böhringen, Gastvater in St.Georgen Edgar Spies und Gastmutter Angelika Engeser aus Böhringen. Foto: Cools

Lisa Marin Rojas läuft von Frankfurt nach Konstanz. Empfang durch Bürgermeister Bucher und Pastoralreferent Bangert.

Dietingen-Böhringen/Villingendorf - Über 300 Kilometer trennen Frankfurt am Main vom Bodensee. Lisa will sie bewältigen – zu Fuß. Um kulturellen Austausch hautnah erleben zu können, wagte die Bundesfreiwillige aus Kolumbien am 17. August den Start ins Abenteuer.

Am vergangenen Samstag und Sonntag führte der oftmals steile Weg sie in den Kreis Rottweil. Frankfurt, Mannheim, Heidelberg, Karlsruhe, Stuttgart, Tübingen – diese Städte liegen bereits hinter Lisa Marin Rojas aus Cali in Kolumbien.

Als sie um 14 Uhr die Bäckerei Geiger in Villingendorf betritt, sieht sie müde aus. Kein Wunder – schließlich kommen sie und ihre fünf Personen starke Wandertruppe gerade aus Böhringen und haben den Weg über Talhausen eingeschlagen.

"Lisa ist ein wenig angeschlagen und bergauf wandern strengt sie immer sehr an", erklärt Angelina Weiß, Mitorganisatorin des Projekts "Lisa läuft" von der Organisation "Schule fürs Leben" in Frankfurt und seit Montag Lisas Wanderbegleitung.

Die Idee, Süddeutschland zu durchqueren, sei aus einem Wanderausflug am Wochenende entstanden. Der Weg ist beschwerlich, oft geht es über Stock und Stein oder durch den Wald bei einer Gesamtstrecke von rund 25 Kilometern pro Tag. Auch bei der Orientierung mit Karten und Wegbeschreibungen hapert es hin und wieder. Dafür gibt es jede Menge Wegbegleiter – Nachbarn, Freunde, Gastgeber, Bekannte. Auch Angelina ist von dem großen Interesse der Bürger am Wandern und am Projekt selbst überrascht.

So wandert zum Beispiel Maximilian Miller aus Siegen seit Donnerstag spontan mit. Warum? "Ich hatte einfach Bock drauf", lautet seine kurze Erklärung. Lisa selbst arbeitet seit Oktober 2014 bei der Schule fürs Leben in Frankfurt, die sich für Bildungsprojekte in Kolumbien einsetzt, und absolviert dort ein Freiwilliges Soziales Jahr mit dem Weltwärts-Revers Programm. Zuvor hat sie in Cali in Kolumbien an der "Talleres de las Aguas", einer der Lehrwerkstätten der Schule fürs Leben, eine Ausbildung in "Handel und Verkauf" absolviert sowie an einer anderen Schule Buchhaltung studiert. Zurzeit hilft sie im Büro in Frankfurt bei der Buchhaltung und lernt intensiv Deutsch.

Sonst täglich im Büro tätig, will sie bei der Wanderung die süddeutsche Landschaft sowie die Kultur kennenlernen. Gelernt hat sie bisher schon eine Menge, besonders was die Deutschen als Menschen angeht. "Ich habe erwartet, dass die Menschen kühl sind, aber ich wurde überall herzlich aufgenommen und habe auf der Reise keine schlechte Erfahrung gemacht", erzählt Lisa. Das Wandern sei für sie auch besonders, weil man das in Kolumbien nicht so ohne weiteres machen könne – viel zu gefährlich. Umso mehr schätzt sie die Freiheit in Deutschland. Am besten gefallen hat ihr bisher das Schloss in Heidelberg.

Auf ihrer Reise kommen die Wanderer bei Familien von ehemaligen oder zukünftigen Freiwilligen, Spendern, Bekannten oder Couchsurfern unter. Oft bekäme man dabei über ein Bett hinaus auch ein eigenes Zimmer, meint Angelina Weiß begeistert.

Angekommen bei der Gastfamilie Angelika und Rainer Engeser in Böhringen, sei es erst einmal zur Begrüßung ins Rathaus Villingendorf gegangen. Dort empfingen Bürgermeister Karl-Heinz Bucher und Pastoralreferent Klaus Bangert die Wanderer und gaben ihnen neben guten Wünschen und christlichem Segen auch noch ein paar Villingendorf-Erinnerungen in Form von Tassen und Taschen mit. "Das war wirklich ein herzlicher Empfang und wir haben auch gleich die Bedeutung des Villingendorfer Wappens erklärt bekommen", erzählt Angelina Weiß.

Anschließend sei es nach Rottweil durchs Schwarze Tor und in die Kletterhalle K5 gegangen. "Ein echter Power-Tag", zieht die Projektorganisatorin ihr Fazit. Abends lernte Lisa dann beim Kochen von Knöpfle und Maultauschen ein Stück schwäbische Kultur kennen.

An ihren bisherigen Stationen hat sie viele Menschen kennengelernt, will eine Familie vielleicht auch noch mal besuchen, um sie auf kolumbianische Art zu bekochen. Wenn es mit dem Deutsch auch hier und da hapert, macht Lisa dies durch ein Lächeln wett. Um sich auch in Kolumbien an die Zeit zu erinnern, hat sie ein Buch dabei, in das sich die Gastfamilien eintragen und in das sie später Fotos von der Wanderung kleben wird.

Gastmutter Angelika Engeser ist von der Aktion begeistert. Für sie war sofort klar, dass sie Lisa und ihre Begleiter Angelina und Maximilian aufnehmen werde. Auch sie und ihr Mann sind nach Villingendorf mitgewandert. "Ich habe ihr auf dem Weg hierher einen Ball gebastelt, gefüllt mit Energie der Natur und Gesundheit. Sie hatte eine schwere Jugend und der Ball soll ihr helfen, all ihre Ziele zu erreichen", sagt Angelika Engeser.

Und Ziele hat Lisa noch jede Menge – nach der Zeit in Deutschland will sie ein Jahr lang um die Welt reisen, zuerst nach Australien, dann möchte sie für eine Organisation arbeiten, die den Menschen und besonders Kindern in Cali hilft. Doch zunächst gibt es noch sechs Stationen auf der Wanderroute zu bewältigen. Am 13. September in Konstanz wird es eine kleine Party mit einem Vertreter des Bundesministeriums für wirtschaftliche Zusammenarbeit und Entwicklung geben, ehe es im Auto zurück nach Frankfurt geht. Dann werden vier Wochen Reise beendet sein.

Weitere Informationen: Wer Lisa unterstützen oder ein Stück begleiten will, für den gibt es weitere Informationen sowie ihre Route auf www.schulefuersleben.de