Sogar Stehplätze werden knapp bei der Vorstellung der Bürgermeisterkandidaten gestern in der Graf-Gerold-Halle. Fotos: Schnekenburger Foto: Schwarzwälder-Bote

Kandidatenvorstellung: In Dietingen präsentieren sich vier Bewerber um den Bürgermeisterposten einem interessierten Publikum

Von Armin Schulz und Bodo Schnekenburger

Dietingen wählt. Wer es am 3. Juli sein wird? Auf jeden Fall einer der vier Bewerber, die sich am gestrigen Freitagabend den Fragen der Bürger in der Graf-Gerold-Halle gestellt haben.

Dietingen. Es könnte der Gemeinderat sein. Oder der Herausforderer von auswärts. Oder der Amtsinhaber. Oder der launige Nachbar mit Kandidaturerfahrung aus einem Teilort. Applaus bekommen sie an diesem Abend alle. Wenn sie auf die Bühne treten – und wenn sie das Podium wieder verlassen. Manchmal gibt es Zwischenapplaus. Dann ziehen sich Grenzen durch die Halle. Der Applaus vor und nach dem Kandidatenauftritt ist für manche eine Geste der Höflichkeit und des Respekts. Der Beifall zu Antworten ist eine Meinungsbekundung. Und dasselbe gilt bei Applaus zu Fragen.

Apropos Fragen. Von denen gibt es gar nicht so viele, wie man vielleicht vermutet hätte. So muss Peter Sauset, Vorsitzender des Gemeindewahlausschusses, die Hand des Zufalls beim Losverfahren um die Reihenfolge der Präsentationen bei der Kandidatenvorstellung und gestern Abend deren Leiter, sich gleich in der ersten Fragerunde mit seinen Kollegen beraten.

Gerald Kramer und Achim Belser können ihm allerdings nicht weiterhelfen, sodass man gemeinsam beschließt, eine Fragerunde dürfe auch vor Ablauf der eingeräumten Zeit beendet werden – wenn es halt keine Fragen mehr gibt. Auch für den Fall, dass die Wächter über die Veranstaltung überrannt würden, oder einfach aus Unpässlichkeit passen müssten, hat Sauset vorgesorgt: "Sie haben keine Chance, wir ziehen die Veranstaltung durch. Unsere Stellvertreter sitzen in der ersten Reihe."

Die Veranstaltung in der voll besetzten Halle, die auch das Interesse von Bürgermeisterkollegen aus Nachbarorten auf sich zieht, verläuft betont sachlich. Von der Hitze, die die Streitigkeiten der vergangenen Tage wegen der misslungenen Verpachtung eines Jagdbogens bestimmt, ist gestern Abend nicht mehr viel zu spüren. Die Innen-Temperaturen sind dennoch hoch. Das liegt allerdings am Wetter. Später, als sich alle Kandidaten präsentiert haben, entlädt sich die angespannte Lage in einem Gewitter. Nur einmal, als ein Bürger auf die Wählerinitiative und die vermeintliche dahinter stehende graue Eminenz zu sprechen kommt, quittiert ein Teil des Publikums diesen Einwurf mit Buh-Rufen. Ansonsten bleibt festzuhalten: Die Dietinger Bürger zeigen ein hohes Interesse. Das lässt auf eine hohe Wahlbeteiligung schließen.

Dietingen (bos). Er hält sich nicht lange damit auf, setzt das Thema aber bewusst – direkt nach der Begrüßung der Bürger jedes einzelnen Ortes. "Ich habe einen Fehler gemacht", sagt Uwe Bidlingmaier und erklärt nur: "die Schulsache."

Es gibt wichtigeres für den Mann aus dem Filsland. Er will den Besuchern erklären, warum ausgerechnet er Bürgermeister werden will, und weshalb ausgerechnet er Bürgermeister von Dietingen werden soll. Die Kommunalpolitik habe ihn schon von jungen Jahren an beschäftigt, später wurde er in der Kommunalpolitik aktiv. Dabei geht seine Karriere zunächst einen anderen Weg. Gewerbliche Ausbildung, zweiter Bildungsweg, Geschäftsübernahme, und parallel immer mehr Zusatzqualifikation, auch im Verwaltungsbereich. Ein "motivierter und berechenbarer Schaffer" sei er, und das Amt des Bürgermeisters biete "für ›so einen‹ reichlich Raum".

Bidlingmaier, der einzige Kandidat der von auswärts kommt, und deshalb, so wirbt er, "nicht in Belange der Vergangenheit eingebunden" sei, spricht immer von "unserer Gemeinde". Ein Frager spielt auf die Unterstützung Bidlingmaiers durch die Wählerinitiative an. Wie er als quasi deren "Marionette" werde unabhängig entscheiden können? Einer Marionette, versichert Bidlingmaier, sei er in seinem Leben noch nie gewesen – und Kandidat der Wählerinitiative sei er auch nicht.

Dietingen (az). In einem betont sachlichen Vortrag zieht Bürgermeister Frank Scholz eine Bilanz seiner 16 Jahre als Gemeindeoberhaupt in Dietingen. Er verweist auf eine Vielzahl an Aufgaben und Projekte, die man angepackt und realisiert habe.

Er erwähnt dabei unter anderem verschiedene Hallenbauten, die Einrichtung des Bürgerbüros, die Sanierung des Schulgebäudes, den Neubau des katholischen Kindergartens oder das finanzielle Engagement im Feuerwehrwesen. In Summe seien es 25 Millionen Euro gewesen, die allen fünf Ortsteilen zugute gekommen seien. Scholz verweist auf die Schuldenfreiheit der Gemeinde als wichtige Voraussetzung für Zukunftsaufgaben. Als Ziele für eine neue Amtsperiode nennt er die Stärkung des ehrenamtlichen Engagements (er wolle den Kulturbeitrag an die Vereine erhöhen), den Ausbau von familienfreundlichen Angeboten, Breitbandausbau und Hochwasserschutz. Er sagt, es mache ihm Spaß, Teil des Rathaus-Teams zu sein.

"Sie kennen mich, die Gemeinde stand noch nie so gut da", sagt der Bürgermeister zum Schluss seiner Vorstellungsrede und wirbt um das Vertrauen für eine weitere Amtszeit.

In der Fragerunde werden vor allem der Hochwasserschutz an der Schlichem, die Wasserversorgung und die geplante Wettebach-Renaturierung angesprochen.

Dietingen (bos). Es geht um den Ton. Ferdinand von Bissingen versucht in seiner Präsentation, die richtige Saite zum Klingen zu bringen, das Miteinander als ein wichtiges Ziel zu akzentuieren. Denn nur wenn der Ton im Miteinander wieder anders ist, lässt sich darauf aufbauen. Der Gemeinderat müsse sich zusammensetzen, im Zweifelsfall in Klausur – erklärt Gemeinderat von Bissingen.

Er entfaltet ein Programm, in dem er Teilorte stärken – indem er deren Handlungsfähigkeit ausbauen möchte, "um schneller reagieren zu können" – und einen Jugendgemeinderat aufbauen will, "frühzeitig Kompetenz und kommunale Verantwortung in junge Hände" geben. Mehr einfordern beim Hochwasserschutz, Geld nach Prioritäten gestaffelt ausgeben, die eigene Wasserversorgung so lange wie möglich halten.

Seine Biografie versieht er mit den notwendigen Einträgen und solchen, die ihn zum einen als Menschen erfahrbar machen oder aus denen sich eben Kompetenzen für das Amt eines Bürgermeisters ableiten lassen. Damit habe er, der sich als kommunikativ, Netzwerker und mit 25 Jahren Erfahrung unter anderem im "situativen und kommunikativen Führen von Mitarbeitern" beschreibt, zunächst übrigens gar nichts anfangen können. Erst die Antwort eines befreundeten Bürgermeisters habe ihn zur Kandidatur gebracht.

Dietingen (az). Er hat ein durchdringendes Organ, er vertritt seine Meinung lautstark – und wäre auch noch zu haben, wie er zum Schluss seiner Vorstellung die Damenwelt in der Halle wissen lässt. Der Auftritt von Karl Herter aus Rotenzimmern erinnert eher an eine Büttenrede, als eine ernsthafte Kandidatenvorstellung, wenngleich das eine oder andere Thema wie die gescheiterte Verfüllung in Böhringen durchaus über Diskussionspotenzial verfügt.

Herters Lieblingsvokabel gestern Abend lautet "Riesenproblem". Er sieht Vieles in der Gemeinde im Argen liegen. Vor allem, so sagt er, störe ihn, dass man das Geld zum Fenster hinauswerfe. Anstatt eine 50 Jahre alte Brücke zu sanieren, hätte man diese neu bauen müssen. Er plädiert dafür, alle Bürger gleich zu behandeln und wirft dem Bürgermeister vor, die einen zu bevorzugen, andere wiederum zu benachteiligen. Herter, Jahrgang 1960, spricht gern von Vetterleswirtschaft. Er votiert für eine eigene Wasserversorgung und auch dafür, dass der Bürgermeister nicht nur zu Wahlkampfzeiten, sondern auch davor und danach zu den Bürgern gehe und sich die Sorgen anhöre.

Was er tun würde, wenn er Schultes wäre? Zu 30 Prozent in den Außendienst gehen und auch mal selber – selbstverständlich im Blaumann – anpacken. Den Job könne er gut gebrauchen, sagt er, denn er sei arbeitslos.