Für Michael Kienzler fast wie eine blaue Mauritius: ein Foto des legendären Klose-Saltos. In Brasilien ist es ihm gelungen. Fotos: Kienzler Foto: Schwarzwälder-Bote

Regen in Recife und weinende Brasilianer: Michael Kienzler berichtet von seinen Erlebnissen während der WM

Dietingen-Gößlingen (apf). Wahre Foto-Kunst und einen kurzweiligen Vortrag bekommen 25 Zuschauer in der Gößlinger "Krone" zu sehen und zu hören, als der preisgekrönte Fotograph Michael Kienzler von seinen Erlebnissen während der Fußball-Weltmeisterschaft in Brasilien berichtet.

Auf Einladung der "Kunstbank-Initiative" Gößlingen zeigt der 46-jährige Badener eine Auswahl seiner Bilder und berichtet zum Teil sehr launig über Land, Leute und den Fußball. Der Bogen spannt sich von einem unausgeschlafen und mürrisch wirkenden Oliver Kahn nebst "Trapper" Mehmet Scholl in aller Herrgottsfrühe auf dem Flughafen in Rio bei der Anreise bis hin zu begeistert jubelnden Spielern, Fans und Fotographen nach dem Endspiel auf dem Rasen des Maracanã. Michael Kienzler und sein Kollege waren immer dabei. Genauso wie Kienzlers Küchenschabe Oskar, der als Orakel in der Unterkunft in einem Hochhaus in Rio, sieben Minuten von der Copacabana entfernt, beste Dienste geleistet und Deutschland als Weltmeister – ganz, ganz ehrlich – vorhergesagt hat.

Kaum bis gar nicht angetroffen hat Michael Kienzler dafür Moskitos. So erwies sich das zwei Kilogramm schwere Moskitonetz, das er all die Wochen mit sich herumgeschleppt hat, als überflüssig. In Brasilien war Winter. Und einmal, als er es gebraucht hätte, gab es keine Befestigungen über seiner Schlafstätte. Weg war dafür plötzlich Taxifahrer Markus, der mit seinem Kamikaze-Fahrstil Akzente gesetzt hat, als er aber dringend für den Weitertransport hätte sorgen sollen, ward er nicht mehr gesehen.

Laufend im Blickfeld, vor allem bei den Stadien, Militär. Michael Kienzler, kein Freund von Waffen, fühlte sich nach eigener Aussage sicherer; sehr häufig seien Demonstrationen, inklusive Randale, zu hören gewesen.

Das schönste Gefühl sei der Gang aufs Spielfeld gewesen, die Atmosphäre mit den Fans einfach gigantisch. Er besuchte zwölf Spiele. Erlebte die Tropen in Manaus, den Regen in Recife, besser gesagt die unaufhörlich herabsausenden Wassermassen, die alles bis auf die Knochen durchnässten, und Menschen aller Nationen an der Copacabana, die entweder Fußball spielten oder – in seinem Fall – ihm eine Tochter als Braut offerierten. Trotz Kolumbien lehnte Kienzler aber ab. Erst kommt schließlich die Arbeit...

Im Stadion fotographierte er nahezu pausenlos, im Schnitt 2500 Bilder pro Spiel. Vor dem Spiel Fans und Emotionen, während des Spiels Fußball und Emotionen, nach dem Spiel Emotionen. Schnelle Datenleitungen und moderne Technik ermöglichten den Transport von ausgewählten Bildern in die Heimat, binnen drei, vier Minuten lagen sie in Bremen vor.

Höhepunkte für ihn, der seit 2006 sportliche Großereignisse fotographiert: endlich einmal den Klose-Salto (beim Spiel gegen Ghana) auf Chip gebannt. Zweite Freude: Lukas "Poldi" Podolski. Immer gut gelaunt und hilfsbereit. So zum Beispiel, als Ron-Robert Zieler partout nicht seine Torwarthandschuhe für ein Foto für seinen Sponsor anziehen wollte. Und dann der Moment mit Gänsehaut: Deutschland – Brasilien, das 7:1. So viel weinende Brasilianer habe er noch nie gesehen. Das reiche fürs ganze Leben. Aber der Szenenapplaus, den sie dem Sieger spendeten, der war ungeheuer beeindruckend. Kienzler: "Eine tolle Geste."

Dies finden die Zuschauer in Gößlingen ebenso, die Michael Kienzler für den Vortrag lange beklatschen. Und Eva-Maria Huber von der Kunstbank-Initiative, die die Gelegenheit nutzt, auf die kommende kulturelle Veranstaltung hinzuweisen: Theater mit Loriot-Szenen im April.