Pfarrhaus: Gründe für Neubau und Verkauf des Gemeindehauses St. Silvester erläutert

Dietingen-Böhringen. Eine Ortsmitte soll Böhringen bekommen. Der gemeinsamen Anstrengung von kirchlicher und kommunaler Gemeinde steht aber das alte Pfarrhaus entgegen.

In der Schlichemtalhalle in Böhringen hätten Emotionen hochkochen können, denn es wurde über sein Schicksal verhandelt. Doch es blieb ruhig, sachlich und informativ. Zu verdanken war dies wohl den offenen Worten von Pfarrer Albrecht Zepf und Michael Rais von der Diözese Rottenburg, die gemeinsam mit den Architekten vom Büro ktl aus Rottweil und Dietingens Bürgermeister Frank Scholz das Vorhaben zahlreichen Bürgern vorstellten.

"Wir wollen das alte Pfarrhaus nicht verlieren", meldeten sich im Vorfeld der Informationsveranstaltung verschiedene Bürger. Die Bürger über das Schicksal mitentscheiden zu lassen, wird von der Kirchengemeinde abgelehnt. Es wurde bereits entschieden. Sowohl im Kirchengemeinderat, als auch im Ortschaftsrat.

Der Kirchengemeinderat entschied sich für einen Neubau und den Verkauf des alten Pfarrhauses. Und der Ortschaftsrat empfahl dem Gemeinderat, ein gemeindeeigenes Grundstück in der Nähe der Kirche für den Neubau zur Verfügung zu stellen. Der Dietinger Gemeinderat stimmte zu.

Angesichts der langen Kirchengeschichte war die Erklärung des Pfarrers überraschend. Im Gegensatz zu den Bürgern appellierte er, der Modernisierung gegenüber der Tradition den Vorrang einzuräumen. Das Einzugsgebiet der Kirchengemeinde habe sich vergrößert, und die Kirche wie der Friedhof würden von sehr viel mehr Menschen als früher aufgesucht. Darüber hinaus stehe im alten Pfarrhaus eine Sanierung von mehr als 200 000 Euro an, die nicht über die Mieteinnahmen des alten Pfarrhauses refinanziert werden könnten. "Das Haus ist nicht wirtschaftlich", betonte er.

Böhringen ist nicht die erste Gemeinde, die ihr altes Pfarrhaus verlieren soll. Die Diözese Rottenburg sei schon seit einigen Jahren bestrebt, in ihrem Einzugsgebiet (das alte Württemberg) alte Bestände zu einem Drittel abzubauen, erläuterte der Pfarrer. Werde das alte Pfarrhaus nicht verkauft, dann gebe es aus Rottenburg auch keine finanzielle Unterstützung für den Neubau, ergänzte Rais.

Begrüntes Flachdach

Das neue Pfarrhaus soll auf dem alten Farrenstallplatz in der Nähe der Kirche verwirklicht werden. Wie die Architekten vom Büro ktl informierten, in Holzbauweise und einem begrünten Flachdach. Es soll sich in seiner einstöckigen Bauweise bewusst von der Wohnbebauung abheben, um seinen Charakter zu verdeutlichen.

Die 160 Quadratmeter große Nutzfläche soll neben den Sanitärräumen auch eine Küche, Fläche für die Ministranten und einen großen Raum aufnehmen, der durch einen Schiebewand zum Foyer erweitert und mit 72 Plätzen bestuhlt werden kann.

Die Kosten für den Neubau belaufen sich auf 870 000 Euro. Angesichts der ansehnlichen Eigenmittel der katholischen Gemeinde in Böhringen, Spenden, einer Darlehensaufnahme und Eigenleistungen rechnet Rais mit einem Zuschuss der Diözese von etwa 100 000 Euro. Allerdings nur unter der Voraussetzung, dass das alte Pfarrhaus verkauft werden kann und der Topf der Diözese die Mittel hergibt. Entschieden darüber werde im Herbst, so Rais. Im Frühjahr 2018 könnte der Startschuss fallen.

Ein Interessent für das alte Pfarrhaus wurde bereits gefunden. Das Paar lebt derzeit im Pfarrhaus zur Miete. Die Nutzfläche von etwa 1450 Quadratmetern hätten sie gerne mit der Kirche geteilt, sagen sie. Aber die Diözese habe abgelehnt.

Für die bürgerliche Gemeinde ist der Neubau ein Glücksfall. Nachdem der Farrenstall abgerissen wurde und sich mitten im Ortskern eine brachliegende Fläche bot, suchte die Gemeinde nach Entwicklungsmöglichkeiten. Ideen wurden geboren und wieder verworfen, sagte Bürgermeister Frank Scholz. Mit der Restfläche und weiteren 300 Quadratmetern wolle die Gemeinde eine Dorfmitte entwickeln, die zum Aufenthalt einladen, aber auch Festivitäten Raum bieten soll.