Die Zehntscheuer galt einige Zeit als Interimslösung zur Unterbringung des Kindergartens. Foto: Archivfoto: Pfannes

Kindergartenneubau: Text sorgt für Kritik. Streitparteien treffen sich um Lösung zu finden. Rathausstraße ist neues Ziel. Mit Kommentar.        

Dietingen - Überraschung: Die beiden Streitparteien im Falle des Kindergartenneubaus haben sich getroffen und eine gemeinsame Erklärung verfasst. In dieser entschuldigt sich Bürgermeister Frank Scholz "vorbehaltlos und in aller Form" für die Veröffentlichung seines Weihnachtsmärchens. Ziel ist es, dass Ruhe in den Ort einkehrt.

Die Erklärung trägt die Überschrift "Das sind wir unserer Gemeinde schuldig". Unterzeichnet ist sie von Bürgermeister Frank Scholz auf der einen und von dessen Vorgänger im Amt, Hubert Burkard, sowie Helmar Maier und Roland Ober auf der anderen Seite.

Das Papier kam auf Initiative von Gemeinderat Ferdinand Bissingen zustande. Er brachte nach Vorgesprächen die vier Herren an einen Tisch und leitete die Gespräche. Zwei Mal traf sich die Runde, bis das Schreiben formuliert war. Keine einfache Übung, wie der Erklärung zu entnehmen ist: "Für alle Beteiligten war es aufgrund der Vergangenheit und der gegenseitigen Vorwürfe nicht einfach, dieses Gespräch zu führen. Zu sehr hatte man sich verletzt." Nicht nur der Bürgermeister entschuldigt sich. Seine Entschuldigung "umfasst auch die einvernehmliche gegenseitige Entschuldigung für vermeintliche persönliche Beleidigungen" zwischen den vier Genannten, heißt es weiter.

Neue Lösung: Neubau in der Rathausstraße

Bissingen war es ein Anliegen, dass die Beteiligten und der Gemeinderat die emotionale Schiene wieder verlassen und zur Sachlichkeit zurückkehren. Zumal die Gemeinde wichtige Aufgaben anzupacken habe.

Demnächst steht der Haushalt 2015 auf der Tagesordnung der Gemeinderatssitzung. Zu viel Emotionalität schade, so Bissingen.

Die beiden Parteien hatten in den vergangenen Monaten um den Kurs beim geplanten Neubau des Kindergartens zunächst gerungen, später gestritten, sich dann zusehends zerstritten. In dem Streit ging es unter anderem um die Zehntscheuer, die eine Zeit lang als Interimslösung für den Kindergarten während der Zeit des Neubaus gehandelt wurde, und um die Möglichkeit, die Schule als zwischenzeitliche Unterkunft für den Kindergarten zu nutzen. Nun gibt es eine andere Lösung: Neubau in der Rathausstraße neben der neuen Kinderkrippe.

Zuletzt ist die Auseinandersetzung hochgekocht. Auslöser war die Veröffentlichung eines Textes von Bürgermeister Frank Scholz im Rahmen seines Jahresrückblicks im Amtsblatt kurz vor Weihnachten unter dem Titel "Märchen aus 7866 und einer Nacht". Darin brachte der Bürgermeister noch einmal seine Sichtweise in Bezug auf die über ein Jahr währenden Planungen eines neuen Kindergartens zum Ausdruck und stieß damit die Gegenseite vor den Kopf.

Obwohl namentlich nicht genannt, war offensichtlich, wen Scholz meinte: Burkard, Maier und Ober. Daraufhin war es vorbei mit dem Weihnachtsfrieden.

In einer extra anberaumten Sitzung Anfang Januar befasste sich der Gemeinderat mit der Veröffentlichung des Bürgermeisters im Amtsblatt, doch Frieden und Ruhe kehrten damit nicht ein, wie die Leserbriefe in den vergangenen Tagen zeigten. Jetzt indes gibt es diese überraschende Wende.

Kommentar: Friedensgipfel

Armin Schulz

Hut ab – vor allen Beteiligten. Dass sich die vier Streithähne – Bürgermeister Frank Scholz, Altbürgermeister Hubert Burkard und die beiden ehrenamtlich engagierten Roland Ober und Helmar Maier – an einen Tisch setzen, sich aussprechen und entschuldigen sowie die Hand reichen, das hätte kaum einer für möglich gehalten. Nach der Vorgeschichte um den geplanten Kindergartenneubau und das Echo, das Scholz‘ Weihnachtsmärchen hervorgerufen hat, war an einen derartigen Friedensgipfel nicht zu denken. Da sind alle vier über den eigenen Schatten gesprungen. Das verdient Respekt. Hut ab auch vor Gemeinderat Ferdinand Bissingen, der dieses Treffen angestoßen hat. Nun kann wieder Ruhe in Dietingen einkehren. Ruhe, die die Gemeinde benötigt, um die bevorstehenden Aufgaben sachlich und nüchtern anzugehen. Viel Erfolg dabei.

Info

"Das sind wir unserer Gemeinde schuldig"

Sehr geehrte Mitbürgerinnen und Mitbürger,

sehr geehrte Gremiumsmitglieder des kirchlichen und bürgerlichen Gemeinderates sowie des Ortschaftsrates,

ob Märchen hin oder her, Dietingen geht derzeit durch eine bewegte Zeit, die sich nicht nur im "lokalen Schwätzle", sondern auch in Zeitungsartikeln, deren Kommentare sowie den entsprechenden Leserbriefen widerspiegelt. Doch wer hat Recht oder wer sagt die Wahrheit?

In der Sache um den Kindergartenneubau haben wir schon lange den Weg der Ratio verlassen und uns mehr in Richtung Emotio begeben.

Wir, die Unterzeichner dieses Schreibens, sind der Meinung, dass nur wir selber dazu beitragen können, dass wieder Ruhe, Sachlichkeit und ein ordentliches Miteinander einkehrt. Das sind wir in unserer Verantwortung unserer Gemeinde gegenüber schuldig.

Wir haben uns getroffen und ausgesprochen. Wir haben in dem Gespräch unsere gegenseitigen Vorwürfe vorgetragen und uns auf die Zukunft verständigt und versuchen es wieder miteinander.

Herr Bürgermeister Scholz entschuldigt sich für die Veröffentlichung seines Märchens "7866 und eine Nacht" im Jahresbericht 2014 der Gemeinde Dietingen vorbehaltlos und in aller Form. Die Berichterstattung dazu und die Beratung in der letzten Gemeinderatssitzung hätten gezeigt, dass das Format und die Ausgestaltung unangemessen waren, um die Geschehnisse des Jahres aufzuarbeiten. Sein Wunsch ist es, wenn diese Entschuldigung dazu beiträgt, dass das Miteinander in der Bürgerschaft und den Gremien im Hinblick auf die bevorstehenden Aufgaben sich wieder positiver gestaltet.

Diese Entschuldigung umfasst auch die einvernehmliche gegenseitige Entschuldigung für vermeintliche persönliche Beleidigungen zwischen Bürgermeister Scholz und den Herren Hubert Burkard, Helmar Maier und Roland Ober.

Für alle Beteiligten war es aufgrund der Vergangenheit und der gegenseitigen Vorwürfe nicht einfach, dieses Gespräch zu führen. Zu sehr hatte man sich verletzt.

Aber es war notwendig geworden und einmal mehr wichtiger für Dietingen, für ein gemeinsames Heute und eine Zukunft. Wir müssen keine Freunde werden, aber Mitdenker, die sich gemeinsam, zielgerichtet zum Wohl der Gesamtgemeinde bemühen. Da darf auch gestritten werden und ein offener Meinungsaustausch stattfinden. Ehrenamtliche Tätigkeiten sind wertvoll und verdienen Anerkennung.

Wir haben uns alle die Hand gegeben für ein besseres Miteinander.

Dietingen, der 19. Januar 2015

gez.

Frank Scholz, Hubert Burkard, Helmar Maier und Roland Ober