Jungtiere wühlen im Dreck: Im März sollten eigentliche Frischlinge durch das Dietinger Schwarzwild-Gehege sausen. Der Jungtierbestand ist jedoch schon etwa ein halbes Jahr alt. Foto: Schmidt Foto: Schwarzwälder-Bote

Wildschweingehege: Verwunderung über Bericht des Tierschutzvereins / Ehemaliger Betreuer betrübt

Ein Bericht über das Wildschweingehege bei Dietingen sorgte für Empörung im Ortschaftsrat. Die artgerechte Haltung, die der Tierschutzverein attestierte, wollen andere nicht sehen.

Dietingen. Verwundert zeigte sich Ortsvorsteherin Bettina Baur über einen Bericht des Tierschutzvereins Rottweil. Im Gemeindeblatt, aber auch in der Zeitung wurden die Erlebnisse im Schwarzwildgehege in Dietingen mit einer Begeisterung dargestellt, die Baur nicht teilen wollte. Die "plüschtierähnlich" beschriebenen Bedingungen wären aus ihrer Sicht unglaubwürdig. Vielmehr wären die Zustände im Gehege alles andere als günstig.

Baur nennt keine Details

In jüngster Zeit hätten sie Informationen erhalten, die ein ganz anderes Bild zeichnen würden: "Die Tiere werden nicht richtig betreut." Auf Details ging Baur aber nicht ein. Über Missstände im Gehege informierte in der Vergangenheit auch Ferdinand von Bissingen. Und nach dem Bericht in der Zeitung meldete sich ein Jäger zu Wort.

Bachen würden nicht, wie dargestellt, fremde Frischlinge säugen, sagte er. Im Gegenteil. Sie würden sogar von ihnen gefressen. Ein Keiler sei vor acht Wochen, auf den Knien laufend, angetroffen worden, erzählte er von einer anderen Realität im Gehege. Eine entsprechende Anzeige sei erfolglos gewesen.

Mit Bedauern reagierte Bürgermeister Frank Scholz auf die Darstellung von Baur. Sowohl das Veterinäramt als auch der Tierschutzverein hätten das Gehege überprüft und eine tiergerechte Haltung bescheinigt. Die Tiere könnten "guten Gewissens so betreut werden".

Heinrich Hirt sieht das anders. Ihm blutet angesichts der Vorgänge im Gehege das Herz. Mit viel Zeit und Liebe habe er 24 Jahre lang das Schwarzwildgehege gepflegt, bis gesundheitliche Probleme ihn vor etwa zehn Jahren zwangen, aufzuhören. Immer wieder habe es ihn danach noch zu den Tieren gezogen, bis er den Besuch eingestellt habe. "Ich konnte es mir nicht mehr anschauen", sagt er betrübt.

Heinrich Hirt erzählt

Eigentlich sei er inzwischen "darüber hinweg gekommen", bis ihn der Zeitungsbericht aufgerüttelt habe. Einige Aussagen des Jägers griff Hirt auf. "Auf gar keinen Fall" würden Bachen andere Frischlinge säugen, widerlegte er die Aussage. Und, ja, die toten Jungen würden von den anderen gefressen. Ein Vorgang, der aufgrund der Umstände im Wildgehege vorkomme. Wäre eine artgerechte Haltung gegeben, gäbe es derzeit Frischlinge im Schwarzwildgehege, so Hirt. Die Paarungszeit der Wildschweine beginne bei den hiesigen klimatischen Bedingungen im November, so dass die Jungen im Februar das Licht der Welt erblickten.

Für den Start ins Leben habe er unter vier Überdachungen einen Kessel (Nest) aus Reisig errichtet, wo sie in den ersten drei Wochen versteckt blieben. Dadurch würden sie auch nicht zertrampelt, weil sie der Mutter nicht zur Futterstelle folgten. Es schmerze ihn, dass im Dietinger Gehege seit vier Jahren auf diese Überdachungen verzichtet werde.

"Ohne überleben die Frischlinge nicht eine Woche", sagte Hirt. Das sei auch der Grund, warum derzeit kein einziger Frischling im Gehege zu finden sei. In der Folge würden die Bachen erneut rauschig, was aber der Natur widerspreche. In der freien Wildbahn wären die Tiere nur einmal im Jahr zur Paarung bereit. Für die dann im Sommer oder Herbst geborenen Frischlinge käme der Winter viel zu früh. "Sie sind dann noch nicht kräftig genug. Sie stellen die Haare, so friert es sie", schüttelte Hirt den Kopf.

Bedauerlich auch für ihn, dass den Tieren im Sommer kein frisches Gras und Klee mehr gefüttert werde, sondern über das ganze Jahr nur noch Mais und Brot, und dass am Brunnen das Handrad abmontiert worden sei. Der Brunnen befindet sich außerhalb des Geheges.

Den Handlauf am Brunnen hätten früher Besucher und Nutzer der Grillstelle in Bewegung gesetzt, so dass Wasser ins Gehege fließen konnte. Die dadurch gebildeten Schlammlöcher zum Suhlen blieben ohne diesen Vorgang in heißen Sommermonaten aus.

Ihm, so Hirt, hätte die Arbeit mit den Tieren viel Freude bereitet. Frühmorgens habe er bei den Tieren für Frischwasser gesorgt und die Betonwanne geschrubbt, habe sie mit guter Nahrung versorgt, im Sommer mit Gras und im Herbst mit Obst. Hirts Fürsorge galt aber nicht nur den Tieren, sondern auch der Umgebung. Für die Tiere wäre das Gehege groß genug, aber der mittlerweile viel zu hohe Bestand an Wildschweinen gefährde die Bäume. "Sie unterwühlen die Wurzeln, und die Bäume sterben ab", mahnte er.

Waldlehrpfad aufgefrischt

Dennoch: Das Schwarzwildgehege konnte seine Anziehungskraft bewahren, berichtete Baur von Besuchern, insbesondere Familien. Ein Erfolg sicher auch des Waldlehrpfades, der von Klemens Schmid und Georg Schneider im Spielbereich derzeit auf Vordermann gebracht wird, wie sie in der Sitzung berichteten.

Zum Gehege passende Spielgeräte, TÜV- und sicherheitsgeprüft, sollen an verschiedenen Stationen angebracht werden. Neben einer Wildschweinschaukel, Hängematte und anderen abenteuerlichen Geräten würde mit Hackschnitzeln auch ein frischer Schutzbelag aufgebracht. Das im Haushalt dafür eingestellte Budget in Höhe von 10 000 Euro werde eingehalten.