"Wir wollen in Wien den nächsten Schritt zur WM 2014 machen", sagt Bundestrainer Joachim Löw. Foto: dpa

Am Dienstag steigt das Duell zwischen Österreich und Deutschland . Das Ziel der Profis von Joachim Löw ist ein Sieg – und ein Stammplatz mit Blick auf die WM 2014.

Wien/Stuttgart - Joachim Löw ging im Wiener Prater zumindest verbal unter die Leichtathleten. Eine Langstrecke sei die Qualifikation für die WM 2014, sagte der Bundestrainer. Niemand denke zurzeit schon an das Turnier in Brasilien, das sei zu früh: „Wir wollen erst mal viele kleine Schritte machen, um uns zu qualifizieren.“ An diesem Dienstag soll in Wien gegen Österreich nach dem 3:0 gegen die Färöer Inseln der zweite erfolgreiche Sprint erfolgen – und trotz aller Beteuerungen wird Löw da schon die Ziellinie im Blick haben. Denn der Kampf um die Stammplätze bei der WM ist schon in vollem Gange – in der Qualifikation herrscht ein harter Verdrängungswettbewerb im deutschen Team. Ein Überblick.

Innenverteidigung: Fußball ist ein schnelllebiges Geschäft. Oft reicht ein schlechtes Spiel, um alles infrage zu stellen. Holger Badstuber und Mats Hummels mussten das erfahren, als sie nach zuvor starken Leistungen bei der EM im Halbfinale gegen Italien (1:2) patzten. Die Folge: Plötzlich ist Per Mertesacker wieder im Spiel. Joachim Löw lobte den Hünen vom FC Arsenal zuletzt auffallend oft. Er habe sich in England vor allem im Passspiel enorm verbessert. Eine Qualität, auf die Löw ja besonders achtet – und die Hummels und Badstuber normalerweise aus dem Effeff beherrschen. Gegen die Färöer durfte Mertesacker von Beginn an ran – das aber nur, weil Badstuber für den verletzten Marcel Schmelzer auf die linke Außenverteidigerposition rücken musste. Dennoch: Der Konkurrenzkampf in der Abwehrzentrale ist neu entbrannt. Gegen Österreich ist Schmelzer nach überstandener Fußprellung wieder eine Option. Badstuber könnte also wieder nach innen rücken, Mertesacker müsste auf die Bank. Es könnte aber auch anders kommen. Löw lässt sich alle Möglichkeiten offen.

Außenverteidigung

Außenverteidigung: Kapitän Philipp Lahm darf wieder auf rechts ran. Marcel Schmelzer ist der neue Linksverteidiger. Sollte der BVB-Profi gegen Österreich nicht von Beginn an auflaufen, läge das wohl nur daran, dass er noch nicht wieder 100-prozentig fit ist. Holger Badstuber bewies gegen die Färöer erneut, dass er für die Außenverteidiger-Position eher ungeeignet ist. Er ist zu langsam. Seine Stärken liegen im Stellungsspiel, der Zweikampfstärke und dem Spielaufbau aus der Abwehrzentrale.

Defensives Mittelfeld

Defensives Mittelfeld: Bastian Schweinsteiger und Sami Khedira sind auf der Sechserposition vor der Abwehr gesetzt. Weil Schweinsteiger nach der kräftezehrenden Vorsaison aber geschont wird, muss Löw in Wien einen Ersatzmann finden. Erste Alternative ist Toni Kroos, dessen Stärken in der Passsicherheit und der Spielintelligenz liegen. Auch Ilkay Gündogan und Lars Bender sind Kandidaten. Löws Anforderungen für die Position vor der Abwehr sind hoch. „Bei mir gibt es eigentlich keine Doppelsechs“, sagt der Bundestrainer, „die zentralen Mittelfeldspieler müssen alle Aufgaben sowohl in der Defensive als auch in der Offensive erfüllen. Sie müssen nach hinten arbeiten und Torgefahr ausstrahlen.“ Wichtig sei vor allem das Arbeiten gegen den Ball. Das mache zurzeit nur Sami Khedira richtig gut – eine Warnung an Toni Kroos und Kollegen.

Offensives Mittelfeld

Offensives Mittelfeld: Manchmal opfert Löw sein bewährtes 4-2-3-1-System für ein offensiveres 4-1-4-1. Dann werden aus der offensiven Dreierbande hinter der einzigen Spitze schnell die fantastischen vier. Mario Götze etwa rückte gegen die extrem defensiv eingestellten Färöer Inseln in die Startelf. Gegen stärkere Gegner wie Österreich kehrt Löw normalerweise wieder zum 4-2-3-1 zurück – obwohl der linke Außenangreifer Marco Reus einen Appell für die offensivere Variante hielt: „Das wäre ein Modell für die Zukunft, wir haben vorne gut harmoniert, und man hat gesehen, dass wir gut nach hinten arbeiten.“

Hinter dem einzigen Angreifer hat Löw jedenfalls eine große Auswahl. Raumdeuter Thomas Müller ist zurzeit auf rechts gesetzt, Marco Reus auf links. In der Mitte setzt Löw auf Spielmacher Mesut Özil und dessen Ideen. Die Konkurrenz aber lauert auf ihre Chance. Der dribbelstarke Mario Götze drängt ins Team, der sprintstarke André Schürrle ebenso. Und auch der nach seiner schwachen EM ins Hintertreffen geratene Lukas Podolski macht sich nach starken Leistungen beim FC Arsenal wieder Hoffnungen. Eine Schwäche erlauben darf sich keiner der Stammkräfte. Sonst rückt der nächste Kandidat nach.

Angriff

Angriff: Miroslav Klose oder Mario Gomez? Das ist die Frage. Gomez fällt bis Ende September verletzt aus, also spielt Klose. Dahinter hat Löw kaum Kandidaten. „In der Bundesliga mangelt es an typischen Zentrumsstürmern“, sagt Co-Trainer Hansi Flick. Der Grund: In der Ausbildung der Angreifer wird seit einigen Jahren Wert darauf gelegt, dass sich die Spieler zu beweglichen und passsicheren Profis entwickeln. „Das Problem lässt sich nicht von heute auf morgen lösen“, sagt Löw, der deshalb schon einen Notfallplan hat. Wie die Spanier könnte sein Team mit einer sogenannten falschen Neun spielen. Also mit einem Stürmer, der eigentlich gar keiner ist. Er wäre eine Art Kreisläufer, eine zusätzliche Anspielstation, deren Fokus auf den Pässen am Boden liegt. Ein Mann, der vorne fast überall zu finden ist. Erste Option dafür wäre Marco Reus. „Er kann das“, sagt der Bundestrainer.