GDL-Chef Claus Weselsky Foto: dpa

"Champagner für den Vorstand und trocken Brot für das Zugpersonal" - GDL-Chef Weselsky hält das Angebot der Bahn für absolut indiskutabel, erklärt die Verhandlungen für gescheitert und plant bereits den nächsten Streik.

Frankfurt/Main - Bei der Bahn soll es schon in der kommenden Woche wieder Streiks der Lokführer geben. Ihre Gewerkschaft GDL hat am Freitag die Tarifverhandlungen mit der Deutschen Bahn für gescheitert erklärt.

"Ich gehe davon aus, dass wir sehr zeitnah in die Arbeitskämpfe eintreten werden", kündigte GDL-Chef Claus Weselsky nach den Verhandlungen in Frankfurt an. In einem Gespräch mit "tagesschau24" bekräftigte der Gewerkschafter, die Streiks sollten schon "in der nächsten Woche" stattfinden. Man werde die Öffentlichkeit rechtzeitig informieren.

"Pro Bahn" hat kein Verständnis mehr

Die Fahrgastvereinigung "Pro Bahn" übte scharfe Kritik an der erneuten Streikandrohung. "So langsam haben die Fahrgäste kein Verständnis mehr", sagte Vorstandsmitglied Karl-Peter Naumann dem Berliner "Tagesspiegel". Mit solchen Aktionen schade Weselsky den Gewerkschaften mehr als er den Arbeitnehmern nutze.

Die GDL hat in dem Konflikt um die Arbeitsbedingungen des Zugpersonals im vergangenen Jahr bereits viermal ihre Mitglieder zu Arbeitsniederlegungen aufgerufen und den Bahnverkehr in Deutschland in großen Teilen lahmgelegt.

Das von der Bahn vorgelegte Angebot sei eine "Provokation", schimpfte Weselsky. Die Bahn spiele auf Zeit. "Was heute auf dem Tisch ist, ist nichts wert, weil alles wieder zurückgenommen werden kann", sagte der GDL-Chef nach der 16. Verhandlungsrunde. Die Bahn habe "Champagner für den Vorstand und trocken Brot für das Zugpersonal" angeboten. Weselsky sprach von einer Provokation, weil die Bahn zuvor von einer Annäherung gesprochen hatte.

Bahn überrascht

Eine Bahnsprecherin sagte dazu: "Das ist für uns völlig unverständlich. Der Abbruch entspricht in keiner Weise dem Verhandlungsstand. Wir haben ein sehr konkretes und seriöses Angebotspaket vorgelegt."

Tatsächlich hatte Bahn-Personalvorstand Ulrich Weber zuvor von guten Fortschritten bei den Verhandlungen berichtet. Man sei sich in vielen Punkten nähergekommen und beide Seiten hätten Zugeständnisse gemacht, sagte er nach den Verhandlungen. Die Bahn habe ein entsprechendes Angebot vorgelegt, das die GDL prüfen wollte.

Die für den 27. April geplante Verhandlungsrunde in Frankfurt ist nach der GDL-Erklärung nun hinfällig. Weber kritisierte: "Wir sind einen Meter vor der Ziellinie und haben ein Paket mit Lösungen und guten Vorschlägen auf dem Tisch. Das Verhalten der GDL-Spitze ist angesichts des Verhandlungsstandes unerklärlich. Soweit waren wir noch nie."

Die GDL strebt für ihre sämtlichen Mitglieder im Zugpersonal eigene Tarifverträge an. Bislang hatte die Spartengewerkschaft nur für Lokführer Abschlüsse vereinbart. Die GDL verlangt fünf Prozent mehr Geld und eine Stunde weniger Arbeitszeit pro Woche. Die Verhandlung am Freitag sei am Knackpunkt der Rangier-Lokführer gescheitert, die von der Bahn niedriger eingestuft werden sollten als ihre Kollegen auf der Strecke. Ein zweites Berufsbild als "billiger Jakob" sei mit der GDL nicht zu machen, sagte Weselsky.

Parallel verhandelt die Bahn zudem mit der größeren Eisenbahn- und Verkehrsgewerkschaft EVG über neue Tarife für deren Mitglieder. Im Sommer könnten die Karten neu gemischt werden, wenn das von der Bundesregierung geplante Gesetz zur Tarifeinheit in Kraft tritt und pro Betrieb nur noch eine Gewerkschaft den maßgeblichen Tarifvertrag abschließen kann. Die GDL hat dagegen bereits Verfassungsbeschwerde angekündigt und der Bahn immer wieder eine Verzögerungstaktik vorgeworfen.

Pro-Bahn-Vorstand Naumann betonte, der Chef der Lokführergewerkschaft stehe unter erheblichem Druck, eine Tarifeinigung mit der Bahn noch vor der Verabschiedung des Tarifeinheitsgesetzes durchzusetzen. "Das ist seine letzte Chance", sagte Naumann dem "Tagesspiegel".