Eine große Zuschauerschar wollte Augenzeuge der Machtübernahme in Deißlingen sein. Fotos: Reinhardt Foto: Schwarzwälder-Bote

Absetzung: Trotz heftiger Widerrede muss der 98-Prozent-Mann beim Rathaus-Sturm des Volkes Verlangen Tribut zollen

Es ist wahrhaftig passiert, der Deißlinger Schultes ist entmachtet. Auch in Deißlingen haben die Narren glorreich das Gemeindeschiff gekapert.

Deißlingen (shr). Am Samstag forderte das Volk vor großem Bahnhof die Absetzung von Ralf Ulbrich. Unter den Klängen des Musikvereins unter der Leitung von Florian Billerbeck zog eine große Narrenschar zum Kehlhof. Wieder einmal waren bei strahlendem Sonnenschein viele gekommen, um das Spektakel der Abdankung mitzuerleben. Bis es soweit war, lieferten sich Zunftmeister und Schultes sich ein Rededuell, das dem nach einer neuen Obrigkeit dürstenden Volk sehr gefiel. "So ischd Tradition, steig ich hit uff das Schultes Trohn. Jetzt regiert dohanna endlich mohl Kompetenz", ließ Rainer Schmeh wissen. 98-Prozent-Mann Ulbrich zeigte sich aber au it uff d’Gosch gfalle und tat kund: "Au wennd’t der mit’m greeschte Epfel bischt, hoast’s no lang noit, dass do äbbs gscheids drin ischt. Und bevor jetzt fu Dir a graußi Rede kunnt, des Johr findeschd zum Absetza it an gozige Grund. I war da beschd im ganze Oart, des kaschd glaube, I gib dir mi Woart", polterte er dagegen. Doch die Gegenrede ließ nicht auf sich warten. Zum baulichen Mühen um eine neue Aubert-Halle gab es Seitenhiebe. Ulbrich konterte und meinte, dass es doch gut voranginge, nur einzig der Name für die Halle fehle noch: "Es ischd zwar no geheim aber I plaudres jetzt aus, wahrscheinlich lauft es uff ›Ralf-Ulbrich-Arena‹ naus".

Um ein neues Domizil für die Narrenzunft zu bekommen, überreichte Kassierer Michael Schmitt dem Noch-Bürgermeister eine Kette mit vielen Geldscheinen. Doch Ulbrich meinte skeptisch "Bei eich Häge wir jo äbbel gnadelos übertribba mit Falschgeld finanziert, wird kon Bauplatz unterschribba."

Doch auch wenn sich der kecke Ulbrich noch so sehr zur Wehr setzte, musste er schließlich vor der eindeutigen Übermacht kapitulieren: Mit den Worten, "I glaub i sieh’s wie äll Johr i, Dei Gosch kasch it halte, drum sollsch Schultes si", gab er resignierend den Rathausschlüssel an Schmeh ab.

Viel Beifall und ein kräftiger Tusch begleiteten die Zeremonie. Danach bewegte sich der närrische Zug zum katholischen Gemeindezentrum. Dort wurde der Narrenbaum verlost. Irene Hengstler (d’ Frau vum Nusse Hage) gewann das viel Kachelofenwärme versprechende Prachtstück. Zum guten Schluss wurden vom Zunftmeister und seinem Stellvertreter Klaus Kapala die "Ehrenhörnle" an verdiente Mitglieder verliehen. Dieses Mal kamen Conny Riedlinger, Christian Liebermann und Matthias Pilz für ihr engagiertes Mittun zum Zug.