Winfried Hecht (im Vordergrund) erzählt über die Mittlere Mühle in Deißlingen. Foto: Reinhardt Foto: Schwarzwälder-Bote

Heimatgeschichte: Tedesco Lob ausgesprochen / Mittlere Mühle in Deißlingen blickt auf lange Geschichte

Eine große Gruppe wissbegieriger Wanderer erfuhr bei der Ringzugwanderung vom Staatsbahnhof zur Mittleren Mühle in Deißlingen vom Rottweiler Historiker Winfried Hecht allerlei Kurioses und Informatives über die letzte Mühle in Deißlingen.

Deißlingen. Die Mühle produziert heute, von der Familie Tedesco aufwendig restauriert, Strom. Ein Gruppe des Deißlinger Albvereins übernahm die Bewirtung der Gäste.

Einst, so Winfried Hecht, waren die Mühlen im Besitz des Königs. Dieser gab sie dann an die örtlichen Aristokraten weiter. Im Fall der Mittleren Mühle dürften das im 12. Jahrhundert, so alt schätzt Hecht sie, die Herren von Lupfen gewesen sein.

Diese wiederum, so wird vermutet, hatten das Mahlrecht an die Zisterzienser weitergegeben. Denn diese kannten sich mit der Mühlentechnik aus. Belegt ist die Mittlere Mühle erstmals 1314. Damals gehörte sie dem Rottenmünster, das damals wie ein eigener Staat mit eigenen Soldaten war. Billig war es nicht, hier das Korn mahlen zu lassen: Der Mühlenzins war mit der höchste im Umkreis von 25 Kilometern.

Wasser ging nie aus

Doch es war die sicherste Mühle. Wenn nämlich den umliegenden Mühlen in Dauchingen oder Mühlhausen das Wasser ausging, lief die Deißlinger Anlage immer noch, da sie von den Keckquellen selbst im Sommer mit genügend Wasser versorgt wurde und noch heute wird.

In Deißlingen tobte der Dreißigjährige Krieg. Winfried Hecht erzählte davon, dass die Mühle 1632 abgebrannt sei. "Nichts brennt schneller als eine Mühle", so der Historiker. 1652 wurde sie vom Rottenmünster an die Bruderschaft vom Heiligen Kreuz in Rottweil verkauft, damals hatte das Kloster selbst große Schäden abbekommen und brauchte Geld für den Wiederaufbau.

1696 brannte Rottweil, auch das Münster fiel dem großen Stadtbrand zum Opfer. Die Stadtoberen benötigten schnell viel Bauholz. Da die Mittlere Mühle inzwischen eine Säge hatte, lief diese auf Hochtouren. Später kamen eine Gipsstampfe und eine Ölmühle hinzu.

1831 war die Mühle der beste Steuerzahler in Deißlingen, 1953 wurde sie stillgelegt. Hecht betonte, man könne das Engagement von Fabio Tedesco und seiner Familie nicht hoch genug einschätzen, die Mühle zu renovieren, sie hätten damit einen weiteren Edelstein für Deißlingen geschaffen. "Das ist großartig!"

Acht Tage im Gefängnis

Dass es bei Müllers meist recht derb zuging, wusste Hecht ebenfalls zu erzählen: Im Herrenkramersche Kripple in Rottweil taucht der Müller mit seinem Knecht Hansel auf, letzterer weigert sich in Reimform, nachts aufzustehen und beim Mahlen zu helfen. Und die Deißlinger Müller, Schaumann hießen sie eine längere Zeit, waren bekannt für ihre Derbheit. So gibt es ein Protokoll, 300 Jahre alt, das belegt, dass einer der Schaumänner samt Frau acht Tage in Rottweil im Gefängnis saß, nachdem er die Mühlen-Prüfer beleidigt hatte. Das Zitat ist überliefert: "Die Fresser, die Sueffer khommen iezt auch daher, nachdem sie andere ausgesoffen." Seine Frau habe diese Ansage wiederholt.

Gleichfalls überliefert ist, dass die Deißlinger Müller einst im Rottweiler Zunfthaus gegen den Magistrat gewütet haben. Damals hatten sie offenbar Schreibtisch und Aktenschränke kurz und klein geschlagen.

Der Referent dankte den Tedescos für den Erhalt der Mühle, immerhin hätte Rottweil mit seiner großen Mühlenvergangenheit heute keine einzige mehr.