Die hohe Konzentration von Ammoniumstickstoff im Auslauf der Kläranlage bei Deißlingen bedrohte Anfang Mai die Fische im Oberen Neckar. Fotos: Archiv Foto: Schwarzwälder-Bote

Kläranlage des Abwasserzweckverbands ist seit vielen Jahren wegen nicht beherrschbarer Gifteinleitungen im Fokus

Von Winfried Scheidel

Villingen-Schwenningen/Deißlingen. Das Thema Fischsterben dürfte im Mittelpunkt der Versammlung des Abwasserzweckverbands Oberer Neckar morgen, Donnerstag, 11 Uhr, in der Gaststätte Staatsbahnhof bei Deißlingen stehen.

Wie berichtet, werden immer wieder Giftfrachten der Kläranlage oberhalb von Deißlingen zugeführt, die mit der Abarbeitung der gefährlichen Stoffe dann nicht selten überfordert ist, obwohl das Überwachungs- und Sicherheitssystem nach ersten Vorkommnissen vor einigen Jahren verbessert wurde.

Zuletzt war am 8. Mai ein erneuter erheblicher Giftstoß – vermutlich durch einen kriminellen illegalen Einleiter aus dem Bereich Schwenningen – über Kanalnetz und Kläranlage in den jungen Neckar gelangt. Am 13. Dezember 2013, nur wenige Tage nachdem der Zweckverband eine größere Sicherungsmaßnahme in Form des Baus eines zwei Millionen Euro teuren Retentionsbodenfilters beschlossen hatte, war nach einem Betriebsunfall in Schwenningen hochgiftige Chromsäure in die Kläranlage gelangt. Nicht zuletzt auch günstige Witterungsumstände ohne Regen halfen neben dem großen Einsatz vieler Einsatzkräfte dazu mit, eine Gifteinleitung in den Neckar zu vermeiden. Haarscharf konnte in diesem Fall eine Katastrophe verhindert werden.

Als 2012 ein zweites Fischsterben am oberen Neckar für größeren Alarm gesorgt hatte, war dies der Impuls für den Neubau eines Retentionsbodenfilters. Damit will man künftig gefeit sein gegen weitere böse Überraschungen, die beim jetzigen Zustand der Abwasserableitung aus Richtung Schwenningen vor allem bei bestimmten Wettersituationen die Gewässerqualität nachhaltig beeinträchtigen können. Laut Rolf Fußhoeller, Verbandsvorsitzender und erster Bürgermeister von Villingen-Schwenningen, ist eine solche Investition dringend geboten.

Am Ende der über etliche Regenüberlaufbecken (RÜB) in Villingen-Schwenningen führenden Belastungsstrecke soll der oberhalb der Deißlinger Kläranlage zu bauende Retentionsbodenfilter bis 2015/ 2016 als wesentliche Reinigungsstelle zur Verfügung stehen. Diese soll verhindern, dass über die Schiene der RÜBs noch gefährliche Schmutzfrachten in den Neckar geraten. Auch nicht bei witterungsbedingten Ausnahmesituationen, wie im September 2012.

In der damaligen Trockenperiode war die über das Schwenninger RÜB Spitzwiesen abgeleitete Wassermenge laut Experten so gering, dass durch einen über das Mischwasserkanalnetz aus einem Firmengelände legitim eingeleiteten Stoff ein solcher Giftstoß entstand, dass dadurch im Neckar vielen Fischen der Garaus gemacht wurde.

Auch die Sanierung zweier Belebungsbecken in diesem Jahr (Kosten etwa 600 000 Euro), das Jubiläum 40 Jahre Abwasserzweckverband und die Wahl des Verbandsvorsitzenden werden bei der morgigen Versammlung neben den üblichen Berichten und Regularien Thema sein.

Für Hinweise auf Verursacher sind 10 000 Euro ausgelobt

Die Chance, dass zu der mutmaßlich kriminellen Einleitung Anfang Mai 2014 der Verursacher noch festgestellt werden kann, sei noch vorhanden, wird bei der Kriminalpolizei betont. Die anfängliche Hoffnung auf einen Fahndungserfolg scheint aber deutlich geschwunden zu sein angesichts der vielen metallverarbeitenden Betriebe, die im Einzugsbereich der Kläranlage mit den Gemeinden Dauchingen, Deißlingen, Trossingen und Villingen-Schwenningen Ammoniumstickstoff zur Ausfällung von Schwermetallen verwenden. Für Hinweise zur Ermittlung des Verursachers haben der Abwasserzweckverband Oberer Neckar, der Eigenbetrieb Stadtentwässerung der Stadt Villingen-Schwenningen und die Gemeinde Deißlingen eine Belohnung von insgesamt 10 000 Euro ausgesetzt.