Notfallseelsorger unterstützen Betroffene nach schweren Unfällen oder Unglücken. Foto: Pleul Foto: Schwarzwälder-Bote

Notfallseelsorger versuchen, Betroffenen zur Seite zu stehen / Auch Gemeinde will Landwirtsfamilie unterstützen

Von Verena Schickle

Deißlingen. Die Betroffenheit nach dem tödlichen Messerangriff auf einen jungen Landwirt ist in Deißlingen groß. Notfallseelsorger versuchen, im ersten Moment für die Angehörigen da zu sein.

Selbst den Experten fehlen die Worte angesichts dessen, was am Dienstagmorgen auf dem Heiligenhof zwischen Deißlingen und Niedereschach geschehen ist. Eine Erklärung dafür gebe es ohnehin nicht, sagt Elmar Schmeh. Der Diakon aus Deißlingen ist Notfallseelsorger im Landkreis Rottweil. Er war mit drei weiteren Kollegen am Dienstag auf dem Biolandbetrieb im Einsatz.

Auf so etwas könne man sich nur schwer vorbereiten, erklärt Schmeh. Allerdings haben er und die anderen Notfallseelsorger, derzeit gebe es 15, eine Ausbildung zur Begleitung in Extremfällen absolviert. Denn "egal, was passiert: Für die Betroffenen steht die Welt Kopf und es herrscht Chaos".

Ein obdachloser Mann hatte den Hofladen des Deißlinger Betriebs überfallen (wir berichteten). Der 61-Jährige hatte die Bauernfamilie am Morgen mit einem Messer bedroht und Geld herausgefordert. Als der 38-jährige Landwirt dazukam, kam es zum Gerangel. In der Folge verletzte der Eindringling den jungen Mann mit einem Messer tödlich.

Der Angreifer wurde wenig später festgenommen und sitzt mittlerweile in U-Haft. Die Landwirtsfamilie allerdings muss mit den Folgen seiner Tat leben. Was das bedeutet, ist für Außenstehende nur schwer vorstellbar.

Die Notfallseelsorger versuchen, die Menschen in der ersten Phase nach solch einem Unglück zu begleiten und zwischen den Betroffenen und der Polizei zu vermitteln. "Natürlich fehlen uns die Worte auch vielfach", sagt Schmeh. Aber es sei wichtig, eine gewisse Nähe herzustellen und den Menschen Begleitung anzubieten in dem Chaos.

Für die weitere Betreuung vermitteln die Einsatzkräfte Kontakte zu den örtlichen Seelsorgern und, falls eine längere Betreuung nötig ist, zu Therapeuten. Er und seine Kollegen seien schließlich keine professionellen Psychologen. "Es geht immer um die Akuthilfe für die Seele."

Im Landkreis Rottweil arbeiten evangelische und katholische Kirche sowie das Deutsche Rote Kreuz bei der Notfallseelsorge zusammen. Margit Armleder-Spreter vom DRK-Notfallnachsorgedienst koordiniert die Einsätze, die über die Rettungsleitstelle angefordert werden. Die Notfallseel- und Notfallnachsorger rücken immer mindestens zu zweit aus. "Man versucht, für die Leute einfach da zu sein", erklärt Elmar Schmeh.

Auch die Gemeinde Deißlingen will helfen. Bürgermeister Ralf Ulbrich sagt: "Wir als Gemeinde stehen natürlich bereit." Er habe bereits versucht, Kontakt zu der Familie herzustellen. Sobald dies geschehen ist, will er schauen, was Deißlingen für die Landwirtsfamilie tun kann. Denn selbst wenn die Bauernhöfe Richtung Niedereschach weit außerhalb liegen, gehörten sie selbstverständlich zum Ort. Auch deshalb, weil viele Bürger im Hofladen einkaufen, und weil die Familie im Ort bekannt und sehr engagiert ist. Die Betroffenheit in Deißlingen sei überwältigend.