Der Umgang mit demenzkranken Personen ist nicht immer einfach. Das Gefühl guter Zuwendung ist wichtig. Foto: Büttner Foto: Schwarzwälder-Bote

Pflege: Die Betreuung Demenzkranker stellt hohe Anforderungen an das Umfeld / Expertin gibt Tipps

Was tun, wenn ein demenzkranker Mensch aggressiv wird? Wenn er nachts durch die Gegend geistert und dadurch sich selbst und Mitbewohner in Gefahr bringt?

Deißlingen. Andrea Nlemibe ist Fachfrau für Demenz und Pflegedienstleiterin im Vinzenz-von-Paul-Hospital. Jetzt gab sie im Deißlinger Hagestall Tipps für Pflegende.

Mit Gelassenheit sei bei dieser schwierigen vieles besser möglich. Das sei zwar leicht gesagt, doch sei es sehr wichtig, dahingehend "gute Rezepturen" zu entwickeln. Deshalb empfiehlt Andrea Nlemibe Pflegenden auch, sich Auszeiten zu nehmen. Sie kennt das aus eigener Erfahrung, als die demente Großmutter in ihre Familie aufgenommen wurde. Alle gut gemeinten, aber oft auch sehr nervenden Ratschläge aus der Reihe der Schwager und Schwägerinnen seien schnell verstummt, nachdem die Oma mal für zwei Wochen in deren Familien lebte, um Nlemibes Mutter eine Pause zu gönnen.

Angriffe der zu Pflegenden solle man nicht persönlich nehmen, und möglichst "Ich-Sätze" formulieren, statt Vorwürfe zu äußern. Und auch bedenken, dass die Kranken selbst Fragen wie "Magst Du Kaffee oder Tee?" oft nicht mehr verstehen oder beantworten könnten, aber durchaus mitbekommen würden, in welcher Stimmung der Gegenüber sei. "Sie nehmen dessen Einstellung meist gut wahr", sagt Nlemibe. Das sei ähnlich wie bei Blinden, die wegen ihres Sehverlustes andere Sinne schärften.

Auch mit praktischen Tipps zum Umgang mit Schutzbefohlenen spart Nlemibe nicht: Wenn der Kranke nachts umherspaziere und die Gefahr bestehe, dass er beispielsweise den Herd anmache, einfach die Küche abschließen. Abends Kaffee oder schweres Essen am Besten weglassen. Und klar: Wenn die Pflegeperson tagsüber viel schlafe, sei sie nachts nicht müde. Auch das sollte man bei der Betreuungsstrategie mit einbeziehen. Ganz wichtig sei: Sich helfen lassen, den Kontakt zu anderen in gleicher Situation suchen, beispielsweise in Gesprächsgruppen für pflegende Angehörige. Auch die Pflegestützpunkte könnten guten Rat und Hilfe geben, so Andrea Nlemibe. Sie machte auch klar, dass Demenzkranke ihre Bedürfnisse oft nicht mehr richtig mitteilen können. "Der Wortschatz und somit auch das Sprachgefühl werden weniger", erläutert sie. Daraus entstünden oft Missverständnisse. Die Peinlichkeit, dass der Kranke beispielsweise mitten in der sonntäglichen Kaffeerunde anfange, sich auszuziehen, beruhe vielleicht einfach nur auf dem Bedürfnis, aufs Klo zu gehen. Das könne er aber nicht mehr ausdrücken.

Geduld haben, angenehme Situationen gestalten, dem Pflegebedürftigen das Gefühl geben, dass er verstanden wird: Tipps, die nicht immer leicht umzusetzen sind. Dies zeigte sich auch bei den Fragen der zahlreichen sehr interessierten Zuhörer.