Der Präsident des Bundesnarrengerichts, Ralf Ulbrich (von links), und sein Bundestaatsanwalt (Dieter Schwer) scheinen sich der Würde ihres Amtes voll bewusst zu sein. Unten: Der angeklagte Bürgermeister wird von Polizist Werner Schmeh vorgeführt. Fotos: Fussnegger Foto: Schwarzwälder-Bote

Doch auch dem Deißlinger Narrengericht wird bei großem Verhandlungstag auf die Pelle gerückt

Deißlingen (fus). Delikate Verfehlungen behandelte das ehrenwerte Narrengericht der Deißlinger Zunft unter Richter Rainer Schmeh in pfiffig-spritzig geführten Verhandlungen. Manche Missetat kam zu Tage.

Das Narrengericht bekam auch Besuch vom Präsidenten des Bundesnarrengerichts in Person von Bürgermeister Ralf Ulbrich und dem Bundesnarrenstaatsanwalt, dargestellt von Dieter Schwer, das Verfehlungen des Gerichts schlagfertig ahndete. In der drangvollen Saalenge versuchte sich so mancher Angeklagte mit Schlitzohrigkeit aus der Affäre zu ziehen. Das Narrengericht tagte unter dem Vorsitzenden Rainer Schmeh, die Staatsanwaltschaft wurde vertreten durch Elmar Schmeh, als Beisitzer fungierten Sibylle und Gabrielle Schmeh. Die Polizisten bei der Verhandlung waren Werner Schmeh und Kerstin Podnar. Kurz gesagt: viermal Schmeh und einmal Podnar.

Als erster Angeklagter wurde Joachim Wein vorgeführt. Ihm wurde vorgeworfen, für das Narrentreffen am 26. Januar 2014 fehlerhaft$e Abzeichen hergestellt zu haben. Bei der Darstellung des Deißlinger Hagenverwürgers fehlten die Taschentücher. Wortge-wandt wusste sich Joachim Wein zu verteidigen, er konnte sogar ein korrektes Abzeichen vorweisen, doch dies alles nutzte ihm wenig. Er wurde dazu verurteilt, zwei Witze zu erzählen und im Schaukasten der Narrenzunft Bilder des ehrenwerten Narrengerichts auszustellen. In Vertretung von Ortsbaumeister Rainer Braun wurde in der zweiten Verhandlung Bürgermeister Ralf Ulbrich dem Gericht vorgeführt. Dem Ortsbauamt wurde vorgeworfen, Steuergelder verschleudert und aus dem Fenster geworfen zu haben. Nach dem Aufbau einer Photovoltaikanlage auf dem Gebäude des Narrenkellers musste das Dach mit zahlreichen Balken abgestützt werden. Die Balken waren wesentlich teurer als der Nutzen der Anlage. Trotz geschickter Argumentation des Bürgermeisters wurde der Bauchef dazu verurteilt, bis spätestens Fasnetssamstag den Arbei-tern beim DRK-Gebäude einen Vesperkorb zu bringen.

Aus dem Kreis Heilbronn war Martin Grüner zu seiner Verhandlung angereist. Dem gebürtigen Deißlinger wurde zur Last gelegt, beim Umzug am 4. März die Häsordnung missachtet zu haben. Er sei im Deißlinger Hagen mit Halskrause $einer befreundeten Narrenzunft im Umzug un-terwegs gewesen. Als Beweis wurde ein Foto vorgelegt. Die Strafe folgte auf dem Fuß: Er hat das Narrengericht im Sommer in seiner neuen Heimat zu bewirten. Gemeindepfleger Daniel Bayer wurde vorgeworfen, zu sehr zu sparen. Aus Kostengründen konnten beim Empfang anlässlich des 90-jährigen Jubiläums der Narrenzunft nur 50 Gäste statt 90 geladen werden. Dies sei eine Unverschämtheit angesichts dessen, dass im neuen Haushalt elf Millionen Euro ausgegeben würden. Gemeindepfleger Bayer vertei-digte sich mit dem Argument, das Geld werde benötigt, um den Narrenkeller zu sanieren. Diesem schamlos übertriebenen Argument konnte das Gericht nicht folgen und verdonnerte die Gemeinde dazu, am Aschermittwoch die Straßen zu säubern, was in der Vergangenheit von der Narrenzunft übernommen worden war.

Das Bundesnarrengericht wiederum warf Richter Rai-ner Schmeh Amtsmissbrauch und Ämteranhäufung vor. Er wurde mit sofortiger Wirkung seines Amtes enthoben. Als "Strafe" muss er am Schmotzigen Donnerstag den Kinderumzug moderieren.