Abadi Altanani hilft im Rahmen seines Bundesfreiwilligendienstes den Eltern Brkhdan Cheiko (links) und Birman Mahmoud, die Geburt ihrer kleinen Tochter Nheat bei den Behörden anzumelden. Foto: Klossek

Der gebürtige Syrer Abadi Altanani arbeitet im Deißlinger Rathaus. Fehlende Deutschkenntnisse führen zu Problemen.

Deißlingen - Abadi Altanani kommt aus Syrien und arbeitet seit Anfang Februar als Bufdi im Deißlinger Rathaus. Ein Besuch bei dem 30-Jährigen zeigt: Selbst alltägliche Kleinigkeiten bereiten manchen Flüchtlingen große Probleme.

Die kleine Nheat liegt in ihrem Krankenhaus-Bettchen und gähnt. Von all dem Trubel um sie herum bekommt sie nichts mit. Erst vor wenigen Tagen erblickte sie das Licht der Welt. Um Anträge und Unterschriften muss sie sich noch keine Gedanken machen. Ganz im Gegensatz zu ihren Eltern.

Brkhdan Cheiko und Birman Mahmoud sind erst seit Kurzem in Deißlingen, sie sprechen kein Deutsch. Zwischen den Krankenschwestern und den jungen Eltern gestaltet sich die Kommunikation bereits schwierig, die Geburt ihrer Tochter bei den Behörden zu melden, scheint gar unmöglich zu sein.

Hier kommt Abadi Altanani ins Spiel. Der gebürtige Syrer leistet seit Anfang Februar seinen Bundesfreiwilligendienst im Deißlinger Rathaus. Als Bufdi kümmert er sich um die Belange der Flüchtlinge und soll so Ehrenamtliche und Mitarbeiter im Rathaus entlasten.

Altanani organisiert die Anmeldung der kleinen Nheat und erklärt der Mutter, wann sie entlassen wird. Der Bufdi wechselt dabei zwischen Englisch und Arabisch. Sein Deutsch ist momentan noch nicht gut genug, das soll sich aber bald ändern. Sobald im Krankenhaus alles geklärt ist, muss es auch schon weiter gehen. "I have no break" (ich habe keine Pause), meint der 30-Jährige.

Ortswechsel: Altanani steht vor einer Bankfiliale in Deißlingen. Neben ihm stehen drei syrische Männer, für die der Bufdi ein Bankkonto eröffnen möchte. Dadurch müsse man nicht jede Woche ins Landratsamt gehen, um sein Geld abzuholen, erklärt er. Sowohl Behörden als auch Flüchtlinge soll das entlasten. Die jungen Männer stehen mit einigem Abstand zum Bankschalter, die Hände in den Taschen vergraben. Wirklich wohl scheinen sie sich hier nicht zu fühlen. Die Gespräche führt Altanani.

Als die Wartenden draußen eine Zigarette rauchen, bleibt Zeit für eine Frage. Ob sie denn nach Syrien zurückkehren möchten, wenn sich die Lage beruhigt? Zwei der drei Männer schütteln den Kopf. Syrien habe er hinter sich gelassen, meint einer von ihnen. Seine Familie sei aber immer noch dort.

Als EU-Bürger gestaltet sich der Anfang in Deutschland einfacher

Altanani hat seine Familie mit nach Deutschland gebracht. Er ist schon EU-Bürger, da er bereits vor den Unruhen in Syrien drei Jahre lang in Spanien gelebt hatte. "That made things a lot easier in Germany" (das hat die Dinge in Deutschland viel einfacher gemacht), erklärt er. Nachdem seinen Angaben nach zwei seiner drei Brüder von der syrischen Regierung umgebracht worden waren, holte er sowohl seinen anderen Bruder, seine Mutter, seine beiden Schwestern, als auch seine Neffen nach Deutschland. Sie alle leben zurzeit in Deißlingen.

Mittlerweile ist der Bufdi in der Uhlandstraße angekommen, in der auch seine Familie untergekommen ist. Das Haus ist fast leer, viele der 14 hier untergebrachten Flüchtlinge sind in der Schule. In der Küche sitzt ein Mann, der Altanani bereits erwartet. Dieser kam mit seinem minderjährigen Bruder nach Deutschland. Nun muss er einen Antrag auf Vormundschaft stellen.

Behördengänge, Briefwechsel, Arzttermine: Selbst vermeintliche Kleinigkeiten können durch fehlende Deutschkenntnisse zu großen Problemen führen. Das weiß Altanani und will deshalb Abhilfe schaffen. "I like helping people" (ich mag es, den Menschen zu helfen), begründet der 30-Jährige seine Motivation. Deshalb habe er nicht gezögert, als ihm die Stelle angeboten wurde.

Im Rathaus ist man zufrieden mit der Arbeit des jungen Mannes

Im Rathaus zeigt man sich mit der Arbeit des jungen Mannes zufrieden. "Er hat sich schon zuvor als Dolmetscher engagiert", erklärt Bürgermeister Ralf Ulbrich. Aufgrund der Umstände sei er ein echter Glücksgriff gewesen, als man Anfang des Jahres einen geeigneten Bewerber gesucht hat. Momentan wohnen 94 Flüchtlinge in Deißlingen. Wie viele noch kommen werden, sei nicht sicher. "Wir können momentan nicht agieren, sondern nur reagieren", erklärt Ulbrich.

Nun ist eine weitere Stelle in der Verwaltung geplant, die als Vollzeitstelle ausgeschrieben und unter zwei Gemeinden aufgeteilt werden soll. Die Gemeinde Zimmern, mit der der Plan ursprünglich umgesetzt werden sollte, sei mittlerweile abgesprungen. Deshalb stehen in der nächsten Woche Gespräche an, heißt es aus dem Rathaus.

Altananis Stelle ist auf ein Jahr begrenzt. Auch anschließend möchte er Flüchtlingen zur Seite stehen. Ob hauptberuflich oder im Ehrenamt – das bleibt offen. "Eines Tages werde ich zurück nach Spanien gehen", sagt er auf Englisch über seine Zukunftspläne. Bis dahin will er Flüchtlingen weiterhin bei ihren kleineren und größeren Problemen helfen.