Bundesdatenschützer Peter Schaar schlägt Alarm: Er habe derzeit keine Handhabe, die Arbeit der Geheimdienste ausreichend zu kontrollieren.

Berlin - Bundesdatenschützer Peter Schaar hat vor dem Hintergrund neuer Vorwürfe gegen amerikanische Geheimdienste die unzureichende Kontrolle deutscher Nachrichtendienste scharf kritisiert. Es gebe „kontrollfreie Räume für die Nachrichtendienste“, sagte Schaar im Interview mit den „Stuttgarter Nachrichten“. Grund sei die ineffiziente Abstimmung der Aufsichtsorgane. „Derzeit gibt es zwar viele Kontrolleure, die aber immer nur einzelne Puzzleteile der nachrichtendienstlichen Tätigkeiten prüfen. So bleibt das große Ganze unbekannt.“

Schaar kritisierte, dem Datenschutz im Bund fehle außerdem das nötige Personal, um den Datenschutz zu gewährleisten. „Für die Überwachung der Bürgerinnen und Bürger wird dagegen mehr Personal zur Verfügung gestellt. Die Sicherheitsbehörden haben damit gegenüber den Kontrolleuren an Bedeutung gewonnen“, sagte Schaar. „Auch dadurch wird die Effektivität der Kontrollen geschwächt.“

Grundrechte deutscher Bürger in Gefahr

Ein am Mittwoch veröffentlichtes Dokument des Informanten Edward Snowden hatte den Vorwurf untermauert, dass der US-Geheimdienst NSA praktisch unbegrenzten Zugriff auf Internetdaten der Menschen weltweit habe. Dazu wurde das Programm „XKeyscore“ benutzt. Die neuen Enthüllungen könnten auch deutsche Behörden unter Druck setzen: Das Bundesamt für Verfassungsschutz setzt „XKeyscore“ testweise ein.

Schaar kritisierte, die deutschen Nachrichtendienste könnten durch den Austausch mit ausländischen Diensten die Grundrechte deutscher Bürger aushebeln. „Es kann nicht sein, dass man sich gegenseitig ausspäht und dann die Ergebnisse miteinander teilt. Hier darf die Bundesregierung nicht tatenlos zusehen.“ Er forderte Verhandlungen über einen „Kodex für den Umgang zwischen Nachrichtendiensten befreundeter Staaten“.

Schaar warnte vor einem weiteren Vertrauensverlust in Deutschland. „Um das Vertrauen der Bürgerinnen und Bürger wieder herzustellen, müssen alle Fakten auf den Tisch. Wenn es nicht gelingt, die Spähaffären aufzuklären und die Überwachung zu begrenzen, wäre das Vertrauen wohl nachhaltig gestört“, sagte Schaar.