Ein Dämonenaustreiber steht wegen sexuellen Missbrauchs vor Gericht. Foto: dpa

Ein Heiler und Exorzist soll sich bei einer Dämonenaustreibung an einer Frau vergangen haben. Die Eltern der 17-Jährigen hatten den Mann aus Bosnien anreisen lassen.

Stuttgart - Die Vorwürfe wiegen schwer: sexueller Missbrauch, Vergewaltigung, Körperverletzung und exhibitionistische Handlungen. Laut Anklage begangen von einem islamischen Heiler an einer jungen Frau, die der 55-Jährige von einem Dämonen befreien sollte. Der Hodscha, was soviel wie Lehrer oder Meister bedeutet, bestreitet die Anschuldigungen.

Sein Beruf sei „der gefährlichste der Welt – wegen der Geisteswesen“, sagt der schmale, grauhaarige Mann vor der 2. Jugendschutzkammer des Landgerichts Stuttgart. Der Heiler, Hodscha und Exorzist aus Bosnien weiß drei Arten von Dämonen zu unterscheiden. Der gefährlichste sei der Marid. Mit einem solchen Dämon habe er es Anfang des Jahres zu tun gehabt – mitten in Baden-Württemberg. Er habe der jungen Frau den Dämon ausgetrieben. Schuldig habe er sich dabei nicht gemacht, so der Angeklagte.

„Schwarze Magie“ über der Stuttgarter Familie

Die 17-jährige Tochter eines muslimischen Paares aus Bosnien, das in Feuerbach lebt, hatte von Kind an Herzprobleme. Trotz ärztlicher Behandlung stellte sich offenbar keine Besserung ein. Über eine Cousine kamen die Eltern in Kontakt mit dem Heiler in Bosnien. Ende 2015 nahm er die junge Frau über den Bildtelefonanbieter Skype in Augenschein. „Es war sichtbar, dass sie krank war“, sagt er vor Gericht. Es sei notwendig gewesen, mit dem Dämon Kontakt herzustellen. Die Frau habe ihm über Skype berichtet, der Dämon vergewaltige sie. Überhaupt sei die ganze Stuttgarter Familie „total krank“, schwarze Magie habe sich über sie ausgebreitet.

Die Eltern ließen den Heiler kommen. Am 24. Januar dieses Jahres reiste er von seinem Dorf nach Stuttgart. Die Teufelsaustreibung konnte beginnen. „Alles muss freiwillig sein, alle haben zugestimmt“, betont der in seiner Heimat als Hodscha und Heiler anerkannte Mann. Eine Frau sei nach seinem Glauben „ab ihrer ersten Monatsblutung volljährig“ und könne „selbst über eine Behandlung bestimmen“. Das habe die 17-Jährige getan.

Der Angeklagte räumt „physischen Kontakt“ ein

Laut Staatsanwalt Felix Schabel hat der 55-Jährige sein Opfer bei den Behandlungssitzungen in der elterlichen Wohnung in Feuerbach und in der Wohnung einer Bekannten in Schorndorf sexuell missbraucht und vergewaltigt. Sexueller Missbrauch unter Ausnutzung eines Behandlungs- oder Betreuungsverhältnisses heißt dies im Juristenjargon. Nach den Sitzungen hatte sich die 17-Jährige ihren Eltern offenbart. Am 20. Februar war der Exorzist festgenommen worden.

„Es hat physischen Kontakt gegeben“, sagt der Bosnier. Doch alles, was er getan habe, sei notwendig gewesen. „Der Dämon hatte sich in sein Opfer verliebt“, so der Angeklagte. Solche Fälle seien sehr schwierig zu behandeln. Die Todesrate liege bei 60 Prozent. Die 17-Jährige habe ihn um Heilung gebeten. Also sei er mit den Fingern in sie eingedrungen, um die Gebärmutter leicht zu drehen. Anschließend habe er sein Sperma auf ihrem Unterleib verrieben, um dem Dämon dort den Zugang zu versperren. Zuerst habe der Dämon gelacht, dann geweint und schließlich den Körper der Frau verlassen. „Sie war vollkommen geheilt“, betont der Hodscha – keine Herzprobleme, keine Kopf- und Unterleibsschmerzen mehr.

Um deutlich zu machen, dass sein Mandant von seinem Tun absolut überzeugt ist, will Verteidiger Martin Stirnweiß einen Islamwissenschaftler als Sachverständigen laden lassen. Der Prozess wird fortgesetzt.