Der Mittelstand, hier ein Mitarbeiter eines Maschinenbauunternehmens, liegt der CDU offiziell am Herzen. Doch dieses Versprechen löst sie nach Ansicht vieler Mitglieder nicht ein. Foto: dpa

Bei der CDU-Vereinigung MIT ist Feuer unterm Dach: Mitglieder kündigen, Funktionäre bekämpfen sich und die finanzielle Lage ist angespannt.

Stuttgart - Politik für den Mittelstand – das versteht Baden-Württembergs CDU seit jeher als Teil ihrer DNA. Der Landesvorsitzende Thomas Strobl hat deshalb großen Wert darauf gelegt, in der Koalition mit den Grünen das Wirtschaftsministerium zu besetzen. Dem „Dahinvegetieren“ mittelständischer Wirtschaftspolitik unter Grün-Rot müsse ein Ende bereitet werden, erklärte er bei der Regierungsbildung, und mit der Berufung von Nicole Hoffmeister-Kraut gelang ihm nach einhelliger Meinung eine gute Besetzung an der Spitze.

Umso mehr wundert man sich in Kreisen der Wirtschaft darüber, welch Schattendasein die Mittelstandspolitik im CDU-Landesverband fristet. Dabei verfügt die Partei doch mit der Mittelstands- und Wirtschaftsvereinigung (MIT) über eine eigene Gliederung für dieses Thema. Doch gerade diese MIT scheint derzeit eher ein Teil des Problems als Teil der Lösung zu sein. Denn was sich in der Südwest-Vereinigung gerade abspielt, lässt sich nur als Hauen und Stechen beschreiben: Mitglieder suchen das Weite, Kreisverbände liegen in Agonie, Teile des Spitzenpersonals überziehen sich gegenseitig mit Klagen, und obendrein gibt es Hinweise, dass manche Gliederungen nicht einmal die satzungsrechtlichen Vorschriften erfüllen.

3200 Mitglieder, Tendenz fallend

Ein Schlaglicht auf die Umgangsformen wirft der Streit um die Mitgliederzeitschrift „Wirtschaftsforum“ (Wifo), eine auf Hochglanzpapier gedruckte Monatsschrift. Verlegt wird sie seit Jahren vom Karlsruher FKM-Verlag, dessen Chef Gregor Wick gleichzeitig Vorsitzender des MIT-Kreisverbands Karlsruhe-Stadt ist. Bei der seit Monaten schwelenden Auseinandersetzung geht es um unbezahlte Rechnungen, Lieferverzug und den Vorwurf des Datenschutzverstoßes: Wick soll Adressen weitergegeben haben. Beide Seiten fühlen sich vom anderen übervorteilt und haben Juristen eingeschaltet. „Vorstandsmitglieder haben mir berichtet, wie über mich 90 Minuten gesprochen wurde, und dass man den Eindruck gewinnen konnte, ich sei kriminell“, schreibt Wick an einen Parteifreund.

Dabei ist das „Wifo“ nicht irgendeine Zeitschrift, sondern für das finanzielle Wohlergehen der MIT unverzichtbar: „Das Heft ist die einzige Einnahmequelle neben den Mitgliedsbeiträgen, denn es bringt Anzeigen“, sagt ein ehemaliger Vorständler, der namentlich nicht genannt werden will. Doch das Werbeaufkommen geht offenbar zurück. „Das ist auch kein Wunder bei dem schlechten Image, das die CDU derzeit bei den Menschen hat“, klagt ein Karlsruher MIT-Mann. 3200 Mitglieder hat die Vereinigung derzeit, „Tendenz abnehmend“, heißt es im Landesverband. Es waren mal mehr als 5000.

Kostspielige Abfindung

Auf Unverständnis stoßen an der Basis auch die arbeitsgerichtlichen Auseinandersetzungen mit einer früheren Mitarbeiterin der Geschäftsstelle. Ihr fristloser Rauswurf hat sich auch deshalb herum gesprochen, weil er den notorisch klammen Verband teuer zu stehen kam: Dem Vernehmen nach musste er 7000 Euro Abfindung bezahlen. Auch dabei ging es um Datenschutzverstöße und finanzielle Unregelmäßigkeiten.

Hinweise an die Mutterpartei, bei der MIT nach dem Rechten zu sehen, sind offenbar verpufft. „Der Landesgeschäftsführer weiß Bescheid, macht aber nichts“, sagt ein ehemaliger Vorständler. Eigentlich müsste der im Juli 2016 neu gewählte MIT-Landesvorsitzende Daniel Hackenjos den Laden zusammenhalten. Doch dem jungen südbadischen Kies-Unternehmer mangelt es an Autorität, um sich im Verband durchzusetzen. Das ist zugegebenermaßen auch keine leichte Aufgabe. Denn bei den Mitgliedern handelt es sich meist um die Chefs kleinerer Unternehmen, die alle glauben, selbst am besten zu wissen, wo es lang geht. „Die wollen alle ihre Probleme beim Landesverband abladen, doch die Summe aller Kleinprobleme ist nicht das Hauptproblem der Wirtschaft“, sagt grätig ein früheres Vorstandsmitglied.

Leistungsträger gehen

An der Basis ist der Unmut über die Querelen an der Spitze jedenfalls mittlerweile so groß, dass man sich an die Presse wendet. So berichtet ein Mitglied, dass der Kreisverband Karlsruhe-Land quasi nur noch auf dem Papier existiere und seit Jahren keine ordentliche Mitgliederversammlung mehr abhalte. Der Vorwurf ist gravierend, denn die Kreisverbände tragen nicht nur zum Gesamtergebnis der MIT, sondern auch jenem der CDU bei. Diese wiederum ist dem Bundestag rechenschaftspflichtig. Sind Teile der Bilanz fehlerhaft, kommt auch der Landesverband in die Bredouille. Mit diesem Vorwurf konfrontiert, geht MIT-Landeschef Hackenjos zunächst tagelang auf Tauchstation. Schließlich teilt er schriftlich mit: „Dem Thema der nicht stattgefundenen Mitgliederversammlungen haben wir uns bereits angenommen.“

CDU-Landeschef Thomas Strobl kann der Zustand in der MIT eigentlich nicht gleichgültig sein, denn allmählich kehren auch fähige Köpfe der Vereinigung den Rücken. So haben in den vergangenen Monaten mehrere Kreischefs das Handtuch geworfen: unter anderen in Freiburg Martin Braun, im Rhein-Neckar-Kreis Malte Kaufmann und in Baden-Baden Peter Hertweck. Die Gründe dafür sind zwar im Einzelnen verschieden, doch komplettieren die Personalien das negative Bild. „Es bröselt nur so“, sagt ein Kreisvorsitzender und nimmt letztlich den CDU-Landesvorsitzenden dafür in Haftung: „Wir kämpfen um die Akzeptanz des Mittelstands, doch Strobl hat kein Interesse an Mittelstandspolitik.“