Bernd Land, der neue Digitalisierungsbeauftragte im Calwer Landratsamt (links) und Andreas Knörle, Dezernent für Innere Organisation, treiben die Breitbandoffensive voran. Fotos: © ThomBal/xiaoliangge/Fotolia.com/Buckenmaier Foto: Schwarzwälder-Bote

Internet: Breitbandoffensive führt Landkreis flächendeckend ins digitale Zeitalter – mit Investitionen von über 150 Millionen Euro

Es ist ein Projekt, um das im Landratsamt bislang kein großes Aufhebens gemacht wurde. Dabei stellt es alle anderen laufenden Millionenprojekte, was den Investitionsbedarf anbelangt, bei Weitem in den Schatten.

Kreis Calw. Andreas Knörle, Dezernent in der Kreisverwaltung für Innere Organisation und ÖPNV, "brennt" für dieses Vorhaben, das den Kreis Calw flächendeckend ins digitale Zeitalter führen soll. Weil Internet und Mobilfunk unerlässliche Standortfaktoren geworden sind, nahm er sich der Sache vor drei Jahren persönlich an. Der Landkreis schaffte es, Modelllandkreis zu werden. Ein Titel, der 50 000 Euro Förderung für die Planung einbrachte.

Vor gut einem Jahr nahm das Vorhaben Fahrt auf. Seit 1. Oktober steht Knörle nun in Bernd Land ein Mann zur Seite, der Erfahrung mit unkonventionellen Projekten mitbringt. Der 46-jährige neue Digitalisierungsbeauftragte im Landratsamt hat als Projektleiter in Bad Wildbad den Baumwipfelbad aufgebaut und stammt auch aus der Bäderstadt. Für Knörle "genau das, was ich brauche: Projekterfahrung, Affinität zum Thema, regional verbunden und mit Herz und Leidenschaft dabei." Seitdem tingelt Land durch sämtliche Ratssitzungen im Kreis, um die Gemeinden mit ins Boot zu holen.

Nicht immer ein leichtes Unterfangen: Denn nicht nur mancher betagte Zeitgenosse mag von einem 50-Megabit-Anschluss ans Internet schwer zu begeistern sein, auch mancher Bürgermeister, gerade in Gegenden, die im Netz regelrecht abgehängt sind, tut sich offenbar noch schwer mit diesen Zukunftsaufgaben.

Dabei profitiert jeder Einwohner von dem Netz, das großflächig über den ganzen Landkreis gelegt wird und auch noch den letzten kleinen Weiler erreichen soll. Eine Aufgabe, der sich bislang kein privater Netzbetreiber stellen wollte, weil sich’s finanziell nicht lohnte, und deswegen nun von der Öffentlichen Hand gestemmt wird.

Grundlage des 400 Kilometer langen Netzes sind die "Backbones" – quasi das Rückgrat des digitalen Geflechts. Wobei weniger als 100 Kilometer Trasse neu gebaut werden müssen. Ein Großteil des Netzes soll angepachtet werden, vor allem von der Sparkassentochter SIT, die das größte Breitbandnetz in der Region unterhält, aber nur Unternehmen bedient. Die Offensive des Landkreises richtet sich hingegen an Privatnutzer. Jede Kommune im Kreis soll an dieses Netz angedockt und mit mindestens zwei Übergabepunkten ausgestattet werden. Der Ausbau innerhalb der Kommune ist dann deren Sache selbst.

Das Projekt sprengt mit Kosten, die auf 150 bis 200 Millionen Euro taxiert werden, alles bislang Dagewesene. 10,5 Millionen will der Kreis, der für dieses Projekt einen Eigenbetrieb gründen will, in den Netzausbau stecken, sieben Millionen Euro fließen an Zuschüssen zurück. Auch die Gemeinden bekommen für den innerörtlichen Breitbandausbau eine satte 85 -prozentige Finanzspritze aus der Landesförderung. Knörle: "Der Run auf die Töpfe hat begonnen."

"Der Run auf die Töpfe hat begonnen"

Schon im nächsten Jahr, glaubt der neue Digitalisierungsbeauftragte, kann der erste Anschluss ans schnelle Netz erfolgen. Wobei Knörle unterstreicht: "Die Ausbaupriorität richtet sich nach der Ausbauwilligkeit der Gemeinden." Vor allem im Hinteren Wald und im hinteren Enztal sieht man den größten Aufholbedarf. Der Bad Wildbader Bernd Land weiß aus eigener Erfahrung: "Da sind wir noch im Kilobit-Bereich."

Noch im Frühjahr soll parallel der Netzbetrieb kreisweit ausgeschrieben werden. So fließt wieder Geld zurück in die Kasse. Ob der Eigenbetrieb in den kommenden Jahren bezuschusst werden muss, hängt letztlich davon ab, wie viel Endkunden generiert werden können. Knörles Zielsetzung: "Innerhalb von zehn Jahren null auf null." Zugleich will er den Ausbau von Mobilfunkmasten forcieren. Einziger Wermutstropfen: Dafür gibt es keine Förderung.

Was den Breitbandausbau anbelangt, wäre man aber auch so, sagt Knörle, "landesweit für den ländlichen Raum ganz weit vorne dabei".