Mit dem Ergebnis zufrieden zeigten sich (von links): Gerd Haselbach, Matthias Schönthaler, Heike Stößer und Wolfgang Klotz. Foto: Fritsch

Filialen kommen am Unteren Ledereck unter ein Dach. Notariat zieht 2018 an den Marktplatz. Mit Kommentar

Calw - Sie kooperieren, ohne sich zusammenzuschließen. Die Raiffeisenbank im Kreis Calw (Raiba) wird bis Jahresende bei der Vereinigten Volksbank AG am Unteren Ledereck einziehen und dort ihre Calwer Filiale betreiben.

Zugleich wird die Raiba das Gebäude am Marktplatz verkaufen. Dort werden bis zum 1. Januar 2018 die Notare Matthias Schönthaler (Schömberg) und die derzeitige Amtsverwalterin beim Notariat Calw-Althengstett, Heike Stößer, einziehen. Sie haben die Immobilie erworben und werden dann dort gemäß der Notariats- und Grundbuchamtsreform zusammen mit ihren Mitarbeitern als selbstständige Notare tätig sein.

Gerd Haselbach verhehlt nicht, dass der Grund in den verschlechterten Rahmenbedingungen für die Banken liegen. Neben den niedrigen Zinsen machen der Finanzwelt steigende Kosten als Folge der zunehmenden Regulatorik zu schaffen. Da werde, so der Raiba-Vorstandssprecher, in der jährlichen Strategiesitzung immer wieder über Auswege nachgedacht.

Da kam Haselbach auf die Idee, innerhalb der genossenschaftlichen Gruppe bei den Kollegen der Vereinigten Volksbank AG nachzufragen, die in der Lederstraße eine Filiale betreiben. Und lief beim Vorstandsvorsitzenden Wolfgang Klotz offene Türen ein. Schnell waren sich beide Häuser einig, dass die Raiba künftig die Geschäfte ihrer Calwer Filiale mit eigenen Mitarbeitern in den Räumen der Volksbank betreiben wird.

Dabei schlagen beide Banken mindestens zwei Fliegen mit einer Klappe. Die Volksbank kann ihre Räumlichkeiten besser nutzen. Neben den Filialmitarbeitern ziehen auch die Marktassistenten der Raiba, die bislang an den Standorten Altburg, Kimmichwiesen und Marktplatz untergebracht sind, mit ein. Man habe beim Bau des Volksbankgebäudes mit räumlichen Reserven geplant, so Klotz. Zudem werde ein großer Veranstaltungsraum bei Weitem nicht so stark genutzt wie geplant. Somit stehe Platz zur Verfügung.

Belebung statt weiterer Leerstand

Zudem konnte die Raiba ihr bisheriges Gebäude, in dem auch fünf Wohnungen untergebracht sind, an die beiden Notare verkauft werden. Sie sehen am Marktplatz durchaus einen guten Standort. Das Notariat, so Oberbürgermeister Ralf Eggert, verhindere nicht nur einen weiteren Leerstand, sondern sorge für eine Belebung. Für die Bank lassen sich dagegen bessere Standorte denken. Das sei zu spüren gewesen, so Haselbach. Die Kundenströme hätten sich zunehmend in die Filiale Kimmichwiesen verlagert. Nun verfüge man bei der Volksbank über ein Bankgebäude im Zentrum der Stadt mit besten Parkmöglichkeiten und kurzen Wegen.

Klotz und Haselbach sehen zahlreiche Vorteile für beide Häuser. Auch die Mitarbeiter würden sich auf die Zusammenarbeit freuen.

Denn schließlich, so der Raiba-Chef, hänge der Erfolg solcher Kooperationen von den handelnden Personen ab. Um zueinander zu finden, wird es erst einmal ein gemeinsames Essen der Mitarbeiter geben.

Kommentar: Neue Wege

Von Alfred Verstl

Die Niedrigzinsphase macht der Finanzwelt zu schaffen. Besonders betroffen sind Sparkassen und Genossenschaftsbanken. Die Zinsspanne ist ihre Geschäftsgrundlage und die schrumpft zunehmend zusammen. Dadurch bekommen diese beiden Bankengruppen die Entwicklung stärker zu spüren als die großen Institute. Die Suche nach Auswegen hat begonnen. Neuland betreten dabei die Vereinigte Volksbank AG und die Raiffeisenbank im Kreis Calw. Die beiden Institute der Genossenschaftsgruppe bringen in der Hesse-Stadt im Volksbank-Gebäude ihre beiden Filialen unter. Das spart dem einen Haus Kosten und bringt dem anderen zusätzliche Mieteinnahmen. Damit allein werden sich die Probleme, die sich aus der Niedrigzinsphase ergeben, allerdings nicht lösen lassen. Wer jedoch keine neuen Wege beschreitet, könnte künftig noch weitaus größere Schwierigkeiten bekommen.