Bundesliga-Schiedsrichter Knut Kircher (links) war es eine Freude, Gerhard Weiss persönlich zu ehren. Philipp Stangenberg (rechts) hatte die ungewöhnliche Aktion in die Wege geleitet. Foto: Schwarzwälder-Bote

FußballGroße Überraschung für Gerhard Weiss vom SV Rotfelden / 80-jähriger Schiedsrichter pfeift nach wie vor Jugendspiele

Von Michael Stark

Gerhard Weiss ist Fußball-Schiedsrichter. Eigentlich ist er einer von vielen, die regelmäßig auf Verbands- oder Bezirksebene ihren Dienst tun, doch der Mann aus Rotfelden ist in der Schiedsrichtergruppe Calw etwas Besonderes.

Was Gerhard Weiss von vielen Kameraden unterscheidet: Er ist ein Spätberufener. Erst vor gut 20 Jahren, damals war er 59 Jahre alt, hat er seine Schiedsrichterprüfung abgelegt. Jetzt ist er 80 und kann als einer von wenigen Unparteiischen von sich sagen, dass Knut Kircher, heute noch einer der bekanntesten Pfeifenmänner Deutschlands, eigens zu seinem 20-jährigen Schiedsrichterjubiläum gekommen ist, um ihm im Namen vieler anderer namhafter Regelkundler zu gratulieren.

Wenn ein Mann mit 80 Jahren noch regelmäßig mit der Pfeife auf dem Platz steht, dann müssten sich eigentlich viele verwundert die Augen reiben – bei Gerhard Weiss passiert das wohl auch ab und zu. Bei den meisten Vereinen zumindest im Kreis Calw ist der Rotfeldener jedoch bekannt. Dass und wie er in seinem Alter seinen Dienst tut, wird allgemein ehrfürchtig geschätzt:

Klar, mit 80 ist Gerhard Weiss nicht mehr der Schnellste, aber sportlich ist er immer noch. Er pfeift immer noch Spiele bis zur C-Jugend bei den Jungen und der B-Jugend im Mädchenbereich. Insgesamt hat er es auf 721 Spielleitungen gebracht, da sind im Schnitt 36 pro Saison, und er ist nach wie vor einer, der kaum nein sagt, selbst wenn es um kurzfristige Einsätze geht.

Seine Regelsicherheit kommt unter anderem vom regelmäßigen Besuch der Schulungsabende, von denen er kaum einmal einen auslässt. Während viele ältere Schiedsrichter so ihre Probleme mit neuen Medien und hier speziell mit dem Online-Spielbericht haben, Gerhard Weiss hat sich auch in dieses Thema verblüffend schnell eingearbeitet. Er war auch einer der ersten Senioren-Schiedsrichter, die per E-Mail einteilbar waren.

Wenn Gerhard Weiss als Schiedsrichter bei Jugendspielen auf dem Platz steht, dann es durchaus auch mal sein, dass er sein Engagement durchaus auch mal über sein eigentliches Aufgabengebiet hinaus definiert. So ist es schon passiert, dass das eine oder andere Spiel kurz unterbrochen wurde, um verletzten Nachwuchskickern die Wade zu massieren oder einem Spieler die Schuhe zu binden.

Zu den offiziellen Einsätzen sind immer mal wieder kurzfristige Einsätze gekommen. Ist zu Vorbereitungsspielen kein Schiedsrichter erschienen, so ist Gerhard Weiss, der eigentlich ganz privat und in Zivil vor Ort war, schon mal eingesprungen – in Jeans und Trainingsjacke. Pfeife und Karte besorgt er sich in solchen Ausnahmefällen beim Verein vor Ort.

Überliefert ist eine Geschichte eines Fußballspiels, bei dem ihm nachgesagt wird, dass er als einziger den wahren Durchblick bewahrt hat. Die Rede ist von einer "legendären" Regen-Matsch-Partie zwischen dem SV Pfrondorf/Mindersbach und dem SV Rotfelden, bei der nur noch der Schiedsrichter die Spieler unterscheiden konnte, für die Zuschauer die Farben der Trikots nicht mehr erkennbar waren, da vor lauter Matsch alles braun war.

Zum 80. Geburtstag und zum 20-jährigen Schiedsrichterjubiläum hatte ihm sein Enkel Philipp Stangenberg, der beim VfB Effringen in der Bezirksliga spielt, etwas ganz Besonderes ausgedacht. Im Februar kontaktierte er den DFB und bat um persönlich signierte Autogrammkarten mit Widmung diverser Schiedsrichter der Bundesliga. Er schilderte, dass sein Opa mit 80 Jahren immer noch aktiver Schiedsrichter ist, woraufhin er die Zusage erhielt, dass dies machbar sei und man ihm den Wunsch erfüllen möchte.

Womit Philipp Stangenberg und Opa Gerhard Weiss nicht rechnen konnten, inzwischen hatte sich Knut Kircher aus Rottenburg der Sache angenommen und sich persönlich gemeldet.

Der Bundesliga-Schiedsrichter, nach wie vor einer der bekanntesten Unparteiischen Deutschlands, hat die Autogrammkarten bei den Kollegen angefordert, diese gesammelt und zugleich in einen Bilderrahmen geheftet. Zudem hatte er ein DFB-Schiedsrichter Trikot von den Unparteiischen der 1. und 2. Bundesliga signieren lassen und dazu gehängt.

Doch damit nicht genug. Knut Kircher wollte das Geschenk persönlich vorbeibringen und Gerhard Weiss seine Glückwünsche überbringen. Gesagt, getan, Knut Kircher war Star- und Ehrengast der Feier in Oberhaugstett.

Philipp Stangenberg weiß sehr wohl, dass da alles zusammengepasst hat: "Wir hatten großes Glück mit dem Termin. Knut Kircher ist ja fast jedes Wochenende unterwegs. Ausgerechnet an diesem Wochenende hatte er einen privaten Termin und ist dann zu uns gekommen."