Die Kloster Bühne Hirsau überzeugte mit Lokalkolorit und derbem Humor. Foto: Kunert Foto: Schwarzwälder-Bote

Theater: Kloster Bühne Hirsau bringt mit derbem Mundart-Lustspiel Publikum an "moralische Grenzen"

Calw-Hirsau. Die Kloster Bühne Hirsau des örtlichen Turn- und Sportvereins (TSV) ist schon ein Phänomen: stehen ihre Auftritte im Hirsauer Kursaal an, gibt’s garantiert ein ausverkauftes Haus. Und im Publikum sitzen dann tatsächlich alle Generationen vereint. Und haben richtig was zu lachen.

Nicht anders zur Premiere von "Tante Dora rückt an", eine Komödie in drei Akten – man kann es auch gerne als Lustspiel bezeichnen. Denn zumindest verbal geht es in diesem Schwank und Kammerspiel, was es auch alles ist, so richtig zur Sache. Beispiel: die Oma im Hause Bauer, unnachahmlich gespielt von Yvonne Müller, die als unterforderte Witwe dringend einen neuen Liebhaber braucht. Zitat ihrer Suchanzeige – des Lokalkolorits wegen in der Theater-Ausgabe des "Schwarzwälder Boten": "Oma für gewisse erotische Stunden sucht..." Übrigens: Das war eines der harmloseren Zitate.

Es geht ums Geld

Aber richtig derber Humor geht halt immer. Und in diesem Stück dreht sich nun mal alles darum: Wer mit wem – und warum – und bei welcher Gelegenheit. Und ein bisschen geht es auch ums Geld der vermeintlich reichen Erbtante Dora mit ihren Häuser auf dem Killesberg (leichtes Raunen im Saal) und den beiden Geschäftshäusern auf der Stuttgarter Königstraße. "Gut vermietet", wie der Hausherr der Bühnen-Wohnung, Holger Bauer (gespielt von Hansgeorg Schütz), mit gewissen Zungenschlag verkündet (lautes Raunen im Saal). Schließlich sind wir hier bei den Schwaben, die solcherlei immer zu würdigen und zu schätzen wissen.

Daher fällt es dem Publikum leicht nachzuvollziehen, welche Klimmzüge die Theater-Familie Bauer da veranstaltet, um die doch so moralische Erbtante von den eigenen moralischen Unzulänglichkeiten abzulenken. Was zu zwar vorhersehbaren Verwicklungen führt, als ein Kegelbruder des Hausherrn in jener Tante Dora eine lange vermisste, heiße Urlaubsbekanntschaft ("mein Schnutzelputzelschneutzelchen") zu erkennen meint. Aber darum geht es bei solchen Theaterstücken und -aufführungen ja gar nicht. Es geht um die Lacher, die gut gesetzten Pointen. Die eingestreuten Improvisationen der Akteure. Den Lokalkolorit, mit dem die Grenzen zwischen Theater-Wirklichkeit und echter Hirsauer Realität immer mehr verwischt werden. Und es geht um die eben hanebüchenen Übertreibungen und Zuspitzungen, wie sie nun mal im Mundart-Lustspiel zu Hause zu sein haben. Da schadet auch der ein oder andere Text-Hänger der Laien-Schauspieler nicht, ganz im Gegenteil – es steigert nur den Grad der Lustigkeit von dem, was sich da oben auf der Bühne abspielt.

Wie gesagt – eine echtes Phänomen, dieser Auftritt der Kloster Bühne. Der als Abendveranstaltung übrigens noch viel mehr ist als nur eine Theater-Vorführung. Der Saal öffnet eineinhalb Stunden bevor sich der Vorhang öffnet – reichlich Zeit für ein gemeinsames Essen an den langen aufgebauten Tischreihen. Als einer der letzten huscht Calws Oberbürgermeister Ralf Eggert in den Kursaal, noch in Amtsrobe, sprich: schickem Anzug und Krawatte; er komme von der Bezirkssynode in Stammheim. Aber das jetzt hier, das sei Freizeit. "Da kann ich endlich ein Weißbier trinken und Bratwurst essen." Um dann in aufgeräumter Stimmung wie alle anderen im Saal mit der Theaterglocke den Stuhl um 45 Grad zu drehen – für den besseren Blick auf die Bühne. Und satt und zufrieden das Schauspiel zu genießen.

Bei dem noch einmal Oma Yvonne Müller herausgehoben gehört, die herrlich überspielt ihre Rolle zur Paraderolle machte und gleich mehrfach tosenden Applaus auf offener Bühne einheimste. Eine echte Entdeckung auch Hansgeorg Schütz als schwäbischer Pantoffel-Patriarch, der so seinen Spaß damit hatte, ab und an seine Bühne-Kollegen mit spontanen Einwürfen aus dem Konzept zu bringen – was den Spaß des Ganzen nur noch mehr zu steigern wusste.

Einschlägiger Kosename

Applaus auch für Claudia Nothacker-Kost in der zwar nur kurzen Rolle als Julia, die "Wellness-Freundin" von Hausherrin Marlene Bauer (Claudia Gengenbach), aber diese umso krasser überzeichnete.

Und nicht unerwähnt auch Hans-Peter Weber als Helmut Haupt, jener Ex-Geliebte von Tante Dora (Chris Heger), der – jede Wette! – nun nicht mehr durch Hirsau gehen kann, ohne seinen einschlägigen Theater-Kosenamen (der aus Jugendschutzgründen hier nicht zitiert werden kann) nachgerufen zu bekommen.

Außerdem noch dabei: Hirsaus Ortsvorsteher Davide Licht als Steffen, der uneheliche Geliebte von Ines (Biggi Sailer), der Tochter des Hauses. Wie Tante Dora kommentierte: "Sodom und Gomorra." Aber eben in ganz, ganz lustig.