Über fehlende Besucher können sich die Betreiber des Stammheimer Freibades in diesem Jahr nicht beklagen. Foto: Archiv

In Stammheim bislang keine gravierenden Vorfälle. Kommt Smartphone- und Fotografier-Verbot?

Calw-Stammheim - Es scheint eine Welle zu sein, die aus dem Norden in Richtung Süden der Republik rollt: Ein Smartphone- und Fotografier-Verbot im Freibad.

Die "Bild" fährt da verbal gleich schweres Geschütz auf: "Sie lauern unter Sonnenschirmen, hinter Bäumen und in Strandkörben: Ekel-Spanner, die in unseren Schwimmbädern heimlich nackte Kinder und barbusige Frauen fotografieren. Jetzt greift der erste Freibad-Chef durch." Denn: Im Waldschwimmbad Rosenhöhe hat Matthias Wörner vom Ersten Offenbacher Schwimmclub für ein absolutes Film- und Fotografierverbot gesorgt.

Schwer durchzusetzen

In Remscheid, so berichtet der Westdeutsche Rundfunk (WDR), beschweren sich immer mehr Frauen im Freibad Eschbachtal von Spannern mit wasserdichten Handys belästigt zu werden. Ein Verbot ist, das zeigen dort Gespräche mit der Stadt, schwer durchzusetzen. Und auch schwer zu kontrollieren, denn die Geräte sind klein. Gleichwohl gilt ein solches Verbot laut Norddeutschem Rundfunk (NDR) in Hamburger Bädern.

Im Freibad Stammheim gibt es an sich eine klare Regelung in der Badeordnung: Das Fotografieren und Filmen fremder Personen und Gruppen ohne deren Einwilligung ist nicht gestattet, heißt es dort. Obwohl es bislang zu keinen einschlägigen Zwischenfällen gekommen ist, sind beispielsweise die Reinigungskräfte angewiesen, zu melden, wenn sie Auffälligkeiten in den Umkleidekabinen feststellen, berichtet Daniel Vetter, Betriebsleiter im Freibad Stammheim.

Apropos barbusige Frauen: Die dürfte man in Calw kaum vor die Linse bekommen. Vetter hat in den 15 Jahren, in denen er im Bad tätig ist, noch keine gesehen. Ist Oben-ohne-Baden in Stammheim überhaupt erlaubt? Die Badeordnung ist da nicht eindeutig. "Die Badegäste haben alles zu unterlassen, was den guten Sitten sowie dem Aufrechterhalten der Sicherheit, Ruhe und Ordnung zuwiderläuft", heißt es in Paragraf fünf, Absatz eins. Und Paragraf sieben, Absatz zwei schreibt vor: der Aufenthalt im Nassbereich ist nur in üblicher Badekleidung ohne Taschen gestattet." Vetter jedenfalls ist für eine strenge Auslegung. Er würde im Fall des Falles einschreiten, insbesondere, wenn sich andere Badegäste beschweren sollten.

Kommentar: Ohne Verbote

Von Alfred Verstl

Mit der inflationären Smartphone-Knipserei werden heute Banalitäten abgelichtet. Und die Bilder gleich in die Welt hinausgepostet. Das hat Konsequenzen. Ein Fotografier- und Handyverbot im Freibad war bis vor kurzem undenkbar. Da wird nicht die Familie oder die Clique abgelichtet, sondern werden zuweilen wahllos Fremde fotografiert, die sich nicht unbedingt in Bikini oder Badehose im Netz wiederfinden wollen.

Mit mehr Verantwortung und Fingerspitzengefühl ließe sich das vermeiden. Und auf Pädophile am Planschbecken und Spanner in Umkleidekabinen muss die Aufsicht achten, so wie das im Stammheimer Freibad gehandhabt wird. Dann braucht es keine Verbote, die sich nur schwer kontrollieren lassen. Und die Mitarbeiter können sich verstärkt um ihre eigentliche Aufgabe kümmern: auf die Sicherheit der Badegäste im Wasser zu achten.