Foto: Rousek

"DemiL" ruft Kooperation zur Schulung von Angehörigen Demenzkranker ins Leben.

Calw - Wenn die Oma oder sogar die Mutter, der Opa oder der Vater plötzlich seine Verwandten nicht mehr erkennt, ist das zunächst ein Schock. Und doch müssen Angehörige von Demenzkranken lernen, mit der tückischen Krankheit umzugehen.

Die Abteilung "Demenz mitten im Leben" (kurz: DemiL) des Fördervereins Haus auf dem Wimberg ist gemeinsam mit der AOK Norschwarzwald und der evangelischen Heimstiftung Haus auf dem Wimberg eine Kooperation eingegangen, die pflegende Angehörige von erkrankten Senioren lehrt, sich mit der Demenz auseinanderzusetzen, ohne selbst psychischen oder physischen Schaden davonzutragen.

DemiL hat es sich seit der Gründung vor drei Jahren zum Ziel gemacht, Angebote für Betroffene zu schaffen und ein Netzwerk aufzubauen. Wissensvermittlung durch Vorträge und die Bildung einer "Freiwilligenagentur", in denen ehrenamtliche Betreuer stundenweise Patienten zuhause betreuen, sind bereits geschafft. Nun soll das Thema Demenz weiter in die Öffentlichkeit getragen werden.

"Sterben in Etappen" besser ertragen

"Es werden in Zukunft immer mehr Menschen an Demenz erkranken, weil die Bevölkerung immer älter wird", erklärt der Geschäftsführer der AOK-Klinik GmbH und einer der führenden Köpfe von DemiL, Claus Bannert (im Bild links). "Das Ziel ist, dass die Leute möglichst lange in der eigenen Häuslichkeit bleiben können", führt er weiter aus. Oftmals übernähmen dann die Angehörigen die Pflege des Patienten. "Am Anfang sind die Leute bereit, die Verwandten Zuhause zu versorgen, aber mit der Zeit – wenn die Krankheit fortschreitet – wird es schwieriger und zu einer großen Belastung", erklärt Bannert. Damit die Pflegenden selbst den Verlust und das "Sterben in Etappen" des geliebten Menschen besser ertragen sowie verstehen können, soll das Konzept "EduKation demenz" sie schulen.

"EduKation demenz" steht für "Entlastung durch Förderung der Kommunikation bei Demenz". Das Programm beinhaltet zehn Schulungseinheiten von je zwei Stunden mit zwei eigens für dieses Programm ausgebildeten Moderatoren. Eine davon ist Monika Volaric, Hausdirektorin im Haus auf dem Wimberg. Die nötigen Kenntnisse für die Moderation hat Volaric von der Gründerin des einzigartigen Konzepts, Sabine Engel selbst gelernt. "EduKation demenz" ist die einzige Angehörigenschulung in Deutschland und im deutschsprachigen Ausland, deren Wirkung wissenschaftlich belegt ist. Die Entwicklerin selbst wird am 24. Januar ab 19 Uhr einen Vortrag im Haus auf dem Wimberg halten und damit den Startschuss für die ersten dieser Schulungen in Baden-Württemberg geben. Die Kursgebühr für die Teilnehmer wird von der AOK vollständig übernommen.

Umdenken mit älterer Gesellschaft fördern

"Je mehr wir unterstützen, desto besser können die Angehörigen das leisten und auch selber gesund bleiben", begründet Harald Brandl, Pressesprecher der AOK Nordschwarzwald. "Wenn die Pflegenden richtig damit umgehen können, kann sich sogar eine Sinnhaftigkeit entwickeln, sodass es eine Erfüllung wird, zu pflegen", fügt Bannert hinzu.

Acht bis zehn Teilnehmer sollen bei "EduKation demenz" pro Kurs unterrichtet werden. Zuvor gebe es Vorgespräche mit den Betroffenen, damit die Gruppe einigermaßen homogen wird, erklärt Volaric. "Man kann Leute, die eine leichte Demenz begleiten nicht mit denen, die eine fortgeschrittene betreuen, in eine Gruppe stecken", meint die Hausdirektorin. In den Kursen wird dann erst einmal die Grundstruktur der Krankheit ausgearbeitet, um dann Strategien zu entwickeln, mit ihr umzugehen. Daneben ist auch das Netzwerk zu den anderen Teilnehmern, das während der Schulung entsteht, wichtig. "Man sieht, dass man nicht alleine ist und dass Andere ähnliche Dinge erleben", meint Bannert. "Und auch nach dem Kurs hat man dann vielleicht eine Plattform, wo man sich austauschen kann." Für 2017 sind drei Kurse geplant. "Fachkräfte können die steigende Anzahl der Erkrankten nicht auffangen – wir alle werden zu Fachkräften", sagt der Geschäftsführer. Deshalb sei es eine enorme Erleichterung, dass die AOK die Kosten des Kurses übernehme, ohne dass die Teilnehmer erst zu ihrer Krankenkasse gehen und eine Menge Formulare ausfüllen müssen. Das Thema Demenz müsse zur Selbstverständlichkeit werden, bekräftigt auch Brandl. "Wir sehen immer nur den zu Pflegenden und nicht den, der pflegt", kritisiert er. An dieser Stelle müsse man sich umstellen. Und nicht nur dort: "Wir müssen ein Umdenken mit der älteren Gesellschaft voranbringen", fordert Bannert.